Recruiting ist in Zeiten der Digitalisierung schwieriger geworden – und gleichzeitig vielfältiger. Unternehmen konkurrieren heute mehr denn je um die cleversten Köpfe. Doch dabei tun sich auch neue Wege auf, um geeignete Bewerber zu gewinnen.
Vieles davon wird erst durch moderne Softwarelösungen realisierbar. Steffen Michel, Geschäftsführer der MHM HR aus Stuttgart, gibt Tipps, wie HR-Manager sich mit digitalen Möglichkeiten echte Wettbewerbsvorteile sichern können.
1. Den Talentpool nutzen
Vorbei sind die Zeiten, in denen HR-Mitarbeiter gemütlich Kaffee trinken konnten, während die Bewerbungen nur so ins Haus flatterten. Heute ist Active Sourcing gefragt: Recruiter müssen selbst auf mögliche Kandidaten zugehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Talentpool. Darin speichern HR-Mitarbeiter Profile von interessanten Kandidaten, die vielleicht schon einmal zu einem anderen Zeitpunkt Kontakt mit dem Unternehmen aufgenommen haben. Voraussetzung dafür ist, dass der Bewerber der Datenspeicherung zustimmt. Hat ein Unternehmen eine Stelle zu besetzen, können Recruiter zunächst in der eigenen Datenbank nach geeigneten Kandidaten suchen und schnell Kontakt aufnehmen. So sparen sie Zeit und Kosten für Stellenausschreibung und Auswahlverfahren.
2. Social Recruiting – aber richtig
Social Media ist heute für viele Menschen ein Teil des Alltags. Rund 28 Millionen Deutsche sind auf Facebook aktiv, die Business-Portale Xing und LinkedIn freuen sich immerhin über 9,5 bzw. 7,5 Millionen deutschsprachige Nutzer. Hier können Recruiter also sehr viele potenzielle Kandidaten erreichen. Zwei Aspekte sind für den Erfolg essenziell: Zum einen sollten HR-Mitarbeiter die Kanäle auswählen, auf denen man die angepeilte Zielgruppe erreicht. Xing eignet sich zum Beispiel für die Suche nach Professionals in Deutschland, LinkedIn ist international aufgestellt. Facebook empfiehlt sich eher als Plattform für junge Nachwuchskräfte oder fürs Employer Branding. Zum anderen muss man Social Media kontinuierlich und professionell betreiben – niemals aber nur als Eintagsfliege. HR-Abteilungen brauchen Mitarbeiter, die sich mit Social Media auskennen, die Spielarten der jeweiligen Kanäle beherrschen und schnell auf Anfragen oder Kommentare reagieren. Hier bietet HR-Software zum Beispiel Unterstützung durch Multiposting, also die Möglichkeit, Content automatisiert in verschiedene Kanäle gleichzeitig einzuspielen.
3. Mobile Recruiting und One-Klick-Bewerbungen
Interessenten nutzen zunehmend auch mobile Endgeräte, um nach Stellenangeboten zu suchen oder sich über ein Unternehmen zu informieren. Für einen positiven ersten Eindruck sollten Webseiten daher im responsive Design gestaltet sein und sich automatisch an verschiedene Displaygrößen anpassen. Viele Karriereinteressierte würden sich auch gerne direkt von ihrem Smartphone oder Tablet aus bewerben. Das ist derzeit mithilfe einer One-Klick-Bewerbung möglich. Moderne HR-Software-Lösungen bieten Schnittstellen zu Plattformen wie Xing oder LinkedIn. Mit nur einem Fingertipp kann ein Interessent sein dort hinterlegtes Profil dann ins HR-System des Unternehmens übertragen. Laut einer Studie des Jobportals Monster zur Bewerbung der Zukunft sehen derzeit bereits 58,8 Prozent der Stellensuchenden die One-Klick-Bewerbung als wichtig an. Unter den befragten Unternehmen sind es bisher nur 17,3 Prozent. Mehr als die Hälfte der Arbeitgeber gehen aber davon aus, dass diese Form der Bewerbung in Zukunft an Bedeutung gewinnt.
4. Automatisieren mit Verstand
HR-Software nimmt Recruitern durch automatisierte Prozesse viel Arbeit ab. Doch in der Automatisierung lauern auch Gefahren. Kandidaten erwarten auf ihre Bewerbung zwar eine schnelle Eingangsbestätigung, möchten aber nicht das Gefühl haben, dass sie von einer Maschine abgefertigt werden. Auch bei automatischen E-Mails sollten Recruiter daher auf eine persönliche Anrede achten und auf die Zeit, zu der das System die Nachricht verschickt. Verlässt sie das Haus zu Bürozeiten, wirkt das authentischer als um drei Uhr nachts.
5. Datenschutz im HR-Bereich
Auch der Datenschutz darf gerade bei digitalen Systemen auf keinen Fall zu kurz kommen. Denn wenn personenbezogenen Daten plötzlich frei im Internet auftauchen, schadet das nicht nur der Reputation des Unternehmens, sondern kann auch teure Strafen nach sich ziehen. Bei der Einführung einer HR-Software sollten die Verantwortlichen daher stets den Datenschutzbeauftragten mit einbeziehen.
„Die Digitalisierung bringt immer weitere Neuerungen im Personalwesen“, so Steffen Michel, Geschäftsführer von MHM HR in Stuttgart. „Sind Wearables wie Fitnesstracker und Smartwatches im Alltag bereits auf dem Vormarsch, könnten ähnliche Geräte bald auch bei der Bewerberauswahl Einzug halten. Mithilfe von Sensoren können Armbänder zum Beispiel im mehrtägigen Assessment-Center messen, wie sich ein Bewerber entwickelt. Immer mehr Prozesse werden künftig digital und automatisiert ablaufen. Dadurch ändern sich auch die Anforderungen an HR-Mitarbeiter. Systeme müssen laufend an die sich ändernden Anforderungen der HR-Abteilungen angepasst und kontinuierlich um neue Funktionen ergänzt werden.“