Vom Zaunkönig zum Big Player

Power Automate Desktop ist der jüngste Coup, mit dem Microsoft seine Power Plattform erweitert. Viele kennen Power Automate Desktop noch als WinAutomation, bis Microsoft in einem klugen Schachzug Softomotive, den Eigentümer von WinAutomation, übernommen hat. 

WinAutomation ist eine etablierte Robotic Process Automation (RPA)-Lösung mit interessanten Funktionen, mit der Microsoft seinem eigenen RPA-Angebot quasi noch einmal einen Nachbrenner spendiert. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, stellt Microsoft seinen Windows 10-Benutztern auf Unternehmensebene Power Automate Desktop zum Erstellen automatisierter Desktop-zentrierter Workflows auch noch kostenlos zur Verfügung.

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RPA für Jedermann

Power Automate Desktop wurde ursprünglich im vergangenen September gestartet und basiert auf der Übernahme von Softomotive durch Microsoft Anfang 2020. Seitdem hat Microsoft die Technologie von Softomotive immer tiefer in seinen eigenen Software-Stack integriert. So können Windows 10-Benutzer mit Hilfe der Low Code- RPA-Technologie in Power Automate Desktop die Produktivität optimieren und ihre eigene Arbeit ohne zusätzliche Kosten auf einfache Weise automatisieren.  Power Automate Desktop ist das, was man als “attended Robotic Process Automation” -Lösung bezeichnet. Mit Power Automate verfolgt Microsoft das Ziel, ein Produkt herzustellen, das für jedermann zugänglich ist und mit dem jeder Anwendungen automatisieren kann. Dazu enthält Power Automate Desktop 370 vorgefertigte Drag-and-Drop-Aktionen, um schnell und einfach mit Point and Click schrittweise manuelle Prozesse in automatisierte Workflows umzuwandeln. Wahlweise können aber auch eigene UI-Flows aufgezeichnet werden, um sie später auszuführen. Die eigentliche Stärke besteht darin, dass die Nutzer ihre eigenen Skripte erstellen können, um sich wiederholende und zeitaufwendige Aufgaben zu automatisieren.

Power Automate adressiert dringende Probleme der Unternehmen

Weitgehend unbeobachtet hat Microsoft noch ein weiteres Tool in die Power Automate Plattform integriert, den Process Advisor. Dabei handelt es sich um ein Process-Mining-Tool. Mit Process Advisor können Nutzer nun Aufzeichnungen darüber anfertigen, wie sie zum Beispiel eine Rückerstattung bearbeiten, und diese dann den Entwicklern zur Automatisierung des Prozesses zur Verfügung stellen. Insgesamt zielt Microsoft mit seiner Power Automate Plattform, zu der auch Power Automate Desktop gehört, auf häufige und dringende Probleme von Unternehmen ab – wie die Beschleunigung der Nachfrage nach Digitalisierung, der anhaltende Mangel an Entwicklern und bestehende Legacy-Systeme als Hindernis für die Innovationsreise. Power Automate erschließt Daten mit KI, automatisiert UIs mit RPA und automatisiert Cloud-Anwendungen und Datenbanken mit integrierten Konnektoren.  Mitarbeiter mit Programmierkenntnissen können die Funktionen mithilfe von Azure Functions nahtlos erweitern oder benutzerdefinierte Konnektoren verwenden, um eine Verbindung zu benutzerdefinierten oder älteren Systemen herzustellen.

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Vom Automatisierungszaun in die RPA-Arena

In den letzten Jahren hat Microsoft geduldig auf dem Automatisierungszaun gesessen und das Treiben beobachtet. Nach vielen Spekulationen hat der Tech-Riese jetzt die RPA-Arena betreten. Angesichts des aggressiven Fokus des Techriesen auf Automatisierung dürften die Karten im RPA-Markt neu gemischt werden. Schon in der Vergangenheit hat Microsoft mit verschiedenen Partnerschaften – darunter FortressIQ (mit einer Process Intelligence-Plattform), Blueprint Software Systems (Entwickler von intelligenten Automatisierungssystemen) und PAFNow (führend im Process Mining) – klar gemacht, dass sie verstanden haben, dass Technologien wie KI (Künstliche Intelligenz) und Process Mining zu Haupttreibern der Automatisierung werden.

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Die Installationsbasis als Pfund, mit dem man wuchern kann

Zudem darf man nicht vergessen, dass Microsoft-Produkte weltweit in fast jedem Unternehmen verwendet werden. Die schiere Größe und Akzeptanz von Microsoft durch die Unternehmens-IT wird dazu führen, dass Microsoft im RPA-Markt schnell Fuß fassen und das RPA-Geschäft skalieren wird. Indem Microsoft eine RPA-Low Code-/No Code-Technologie als weiteres Tool der Liste seiner Power-Produkte hinzufügt, wird es die Demokratisierung von RPA und das Konzept der Citizen Developer beschleunigen. Da Microsoft Power Automate Desktop – offensichtlich um die Einführung zu beschleunigen – auch ohne zusätzliche Kosten zusammen mit anderen Microsoft-Produkten anbietet, wird RPA erschwinglicher und für Unternehmen jeder Größe lukrativer. Damit wird Microsoft den Wettbewerb anheizen und die etablierten Anbieter werden unter Druck geraten, ihre Preise zu senken.

RPA verpackt im Microsoft Produktportfolio

Der preisaggressive Markteintritt von Microsoft wird der Einführung von RPA bei kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen die Einführung bislang nur relativ langsam vonstattengeht, neuen Schwung verleihen.  Der diekte Zugriff auf RPA als Plug-In von Microsoft-Produkten wie Excel, Outlook, Teams, Dynamics und SharePoint erleichtert es den Anwendern, sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren und erleichtert auch die Entscheidung zugunsten Microsofts. Einmal mehr setzt Microsoft auf die klassische “Wrap and Roll”-Strategie, bei der sie ein gutes Produkt in ihrem eigenen Angebot verpacken und in den Markt drücken.

Microsoft will mit in die erste Reihe

Die Akquisition von Softomotive unterstreicht die Ambitionen von Microsoft, eine führende Rolle bei der Automatisierung aller Aspekte von Prozessen einzunehmen. Power Automate Desktop erweitert das Anwendungspotenzial und die Wettbewerbsfähigkeit von Microsoft im Bereich der Prozessautomatisierung, indem sie jetzt alle Facetten der Automatisierung adressieren und damit auch einen Schritt in Richtung flexible und funktionale Automatisierung für ein breites Spektrum von Organisationen mit unterschiedlichen technischen Fähigkeiten machen.

Microsoft macht es vor, wie es geht

In der Vergangenheit waren Investitionen von Microsoft in Technologien immer ein starker Indikator dafür, dass diese Technologie ernst genommen wird und ein sehr großes Potenzial hat. Der Techriese hat es anderen Technologie-Giganten wie Google, IBM und SAP, die selbst auf dem Zaun der Automatisierung sitzen, vorgemacht, wie es gehen kann. Angesichts der Tatsache, dass es derzeit mehr als 250 kleine RPA-Anbieter in der Branche gibt, werden möglicherweise mehr Akquisitionen von Technologiegiganten stattfinden, um die Markteinführungszeit erheblich zu verkürzen.

Auch Google ist auf den RPA-Zug aufgesprungen

Als erster hat jetzt Google reagiert und eine Partnerschaft mit Automation Anywhere angekündigt. Die mehrjährige Partnerschaft beinhaltet die gemeinsame Arbeit an Markteinführungsmaßnahmen und die Entwicklung automatisierungsbasierter Produkte und Dienstleistungen, um die Einführung von RPA im Unternehmen zu beschleunigen. Nach eigenen Angaben wird Google Cloud die RPA-Funktionen von Automation Anywhere in einige seiner Dienste integrieren, darunter Appsheet, Apigee  und AI Platform. Google folgt dabei der Erkenntnis, dass letztendlich der Erfolg eines RPA-Projekts von Partnern und Kunden abhängt. Und selbst wenn Google Microsoft Azure- oder AWS-Kunden nicht dazu bringen kann, Google-Kunde zu werden, dann können sie aber zumindest Google-Kunden davon abhalten, zu anderen Automatisierungs-Anbietern abzuwandern.

Die Marktkonsolidierung geht noch weiter

Beispiel UiPath: Durch die Akquisition von Cloudelements, eine Plattform, die den manuellen Aufwand für die Erstellung von API-Integrationen reduziert, ist UiPath jetzt in der Lage, seinen Kunden mehr API-basierte Automatisierungsfunktionen bereitzustellen und erleichtert ihnen das Erstellen von Automatisierungs-Bots, die nicht nur die Benutzeroberfläche einer Anwendung, sondern auch deren API verwenden. UiPath avanciert durch die Akquisition zum ersten Automatisierungsanbieter, der UI- und API-basierte Automatisierungsfunktionen für Unternehmen anbietet, die nahtlos zusammen verwendet werden können auf einer einzigen Plattform. 

Nico

Bitzer

CEO

Bots and People

Nico Bitzer ist seit Januar 2020 CEO von Bots and People. In seiner Karriere beschäftigt er sich mit Weiterbildungskonzepten in Unternehmen, Change Management und Digitale Transformation. Aktuell liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf dem strategischen Aufbau von Bots and People als Automatisierungsacademy.
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