Lieferketten: Balance zwischen Bilanz und Nachhaltigkeit

Viele Unternehmen haben das Thema Nachhaltigkeit in ihr Leitbild aufgenommen und entsprechende Programme initiiert. Allerdings verfügen nur wenige Organisationen über tiefergehende Einsicht in die gesamte Lieferkette oder kennen die detaillierten Prozesse, um diese Ziele zu erreichen.

Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse einer aktuellen Studie von Oxford Economics, „The Sustainable Supply Chain Paradox: Balancing the bottom line with the green line“.

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Nachhaltigkeit wird nach der Pandemie in den Mittelpunkt rücken

Bereits vor der Pandemie war Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema. Die Oxford Economics Studie unterstreicht, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. Auch die Vereinten Nationen haben dies erkannt und ernannten die 2020er Jahre zum Aktionsjahrzehnt. Bis 2030 sollen nun „nachhaltige Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen der Welt entwickelt und deren Umsetzung beschleunigt werden. Dazu gehören Armut und Diversität ebenso wie der Klimawandel, Ungleichheit und das Schließen der Finanzlücke.“

Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit rückten in den vergangenen Jahren in den Vordergrund. Die weltweiten Lieferketten sind Teil dieser Herausforderungen: Sie sind Verursacher von Problemen, können aber auch zu ihrer Lösung beitragen.

Nachhaltigkeit ist notwendig, aber der Weg dorthin ist oftmals nicht klar umrissen

Auch den meisten Unternehmenswebseiten steht Nachhaltigkeit oft sehr weit oben auf der Liste, wenn es um Werte oder Vorsätze geht. Die Oxford Economics Studie bestätigt dies: 65 Prozent der Unternehmen haben eine klare Absichtserklärung zum Thema Nachhaltigkeit, weitere 23 Prozent gaben an, dass sie diese momentan entwickeln. Insgesamt 88 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich also mit dem Thema.

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Allerdings ist es noch ein weiter Weg, um diesem „Auftrag“ gerecht zu werden. So hat zum Beispiel nur die Hälfte der Unternehmen die Anzahl der Transportkilometer reduziert. Ähnlich verhält es sich bei der Auswahl der Lieferanten: Zwei Drittel der Befragten würden die Geschäftsbeziehungen zu einem nicht nachhaltig arbeitenden Lieferanten reduzieren. Allerdings verfügt nur ein kleiner Prozentsatz der Befragten über die nötigen Einblicke in die Prozesse aller ihrer Lieferanten, um eine solche Entscheidung überhaupt treffen zu können. 

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Was treibt Nachhaltigkeit an?

Die Mehrheit der Studienteilnehmer ist sich einig, dass ein Werte und Ziele für den langfristigen Erfolg ihres Unternehmens notwendig sind. Darüber hinaus ist eine nachhaltige Lieferkette aus ihrer Sicht ein Wettbewerbsvorteil. Gute Nachhaltigkeitspraktiken reduzieren überdies Risiken. Die Umfrage ergab außerdem, dass es drei wichtige Marktfaktoren gibt, die Nachhaltigkeitsinitiativen beeinflussen: Produkt- und Serviceinnovationen, Nachfrage auf Seiten der Kunden sowie industrielle und staatliche Vorschriften.

Nachhaltigkeit – vom Design bis zur Stilllegung

Ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen lassen sich durch Nachhaltigkeit in der Lieferkette managen und verbessern. Die Grundlage hierzu sind Good-Governance-Praktiken während des gesamten Lebenszyklus von Waren und Dienstleistungen. Eine transparente Lieferkette ist daher enorm wichtig – und zwar unabhängig davon, ob ein Unternehmen sie selbst aufbaut und betreibt oder ob dies von Partnern übernommen wird. Nachhaltigkeitsinitiativen müssen sich vom Design eines Produkts bis zur seiner Ausmusterung erstrecken: Dazu gehört die Rohstoffbeschaffung ebenso wie die gesamte Logistik auf der letzten Meile bis hin zu Produktnutzung, Rückgabe und entsprechender Recyclingprozesse.

Nachhaltiges Design für einen nachhaltigen Produktlebenszyklus

Unternehmen sollten von Anfang an nachhaltig denken. Dies beginnt bereits bei der Produktentwicklung: Biologisch abbaubare oder recyclingfähige Produkte und Verpackungen sind umweltverträglich und helfen dabei, Abfall zu reduzieren. Während des Designprozesses müssen Unternehmen in der Lage sein, 

  1. die Umweltkosten für Produkte während des gesamten Lebenszyklus zu berechnen
  2. die Auswirkungen der Herstellungsprozesse auf die Umwelt zu simulieren
  3. Voice of Customer Feedback mit nachhaltigen Anforderungen zu verknüpfen

Nachhaltige Pläne für ein nachhaltiges Ergebnis

Ein Sprichwort sagt: „Wer nicht plant, plant zu scheitern“. Das trifft auch auf Nachhaltigkeitsinitiativen zu. Unternehmen müssen:

  1. Planungsprozesse vorantreiben, die darauf abzielen, Emissionen zu reduzieren und die Nachfrage mit nachhaltigen, ethisch vertretbaren Angeboten erfüllen
  2. Prognosen und Planungsgenauigkeit erhöhen, um veraltete Bestände zu reduzieren
  3. End-of-Life-Szenarien vorhersagen sowie Kreislaufprozesse unterstützen
  4. den CO2-Fußabdruck ihres Plans durch Beschaffung, Produktion und Transport sowie Produktion simulieren
  5. die tatsächlichen Ergebnisse mit dem Plan vergleichen. So lassen sich Erfolge und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren

Nachhaltige Produktion reduziert Abfall und Auswirkungen auf die Umwelt

Fertigungsanlagen bieten eine gute Möglichkeit, Nachhaltigkeitsinitiativen voranzutreiben. Dazu gehört die Reduzierung des Energieverbrauchs ebenso wie des Kohlenstoff-Ausstoßes. Zu weiteren Möglichkeiten, die Produktion nachhaltiger zu gestalten, gehören:

  1. Kontrolle des Energieverbrauchs, auch im Hinblick auf das Produktionsvolumen
  2. Messung der CO2-Emissionen anhand von Compliance-Verpflichtungen
  3. Erfassung und Nutzen von Ko- und Nebenprodukten, um die Abfallmenge zu reduzieren
  4. Ein nachhaltiges Sicherheitsmanagement für eine nachhaltige Belegschaft entwickeln und realisieren

Nachhaltige Logistik reduziert Laufzeit, Emissionen und CO2-Fußabdruck

Auch Logistikprozesse, auf deren Basis Waren rund um den Globus transportiert werden, lassen sich in punkto Nachhaltigkeit optimieren. Dazu gehört beispielsweise:

  1. Messen und optimieren des CO2- und Energieverbrauchs in der Lagerhaltung und hinsichtlich der Transportfunktionen
  2. Berücksichtigen der Lieferressourcen, die energieeffizient oder CO2-neutral sind (insbesondere für innerstädtische oder Last-Mile-Lieferaufgaben)
  3. Optimierte Routenplanung, um die kürzeste und am wenigsten überlastete Route zu fahren. So wird Energie gespart, die Kilometerzahl und den CO2-Fußabdruck reduziert
  4. Optimierte 3D-Beladungsplanung einsetzen, um Leerfahrten zu vermeiden

Energieeffizienter Betrieb von Produktionsstätten und Geräten

Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus von Geräten und Produktionsstätten hinweg ist entscheidend. Haben Organisationen Einblicke in die Leistung beim Kunden oder on-Premise, lässt sich Folgendes erreichen:

  1. Verlängerte Lebensdauer von Produktionsstätten und ein reduzierter Energieverbrauch
  2. Kalkulieren und Tracking der Umweltauswirkungen des Anlagenbetriebs
  3. Die Sicherheit von Betreibern oder Nutzern wird ebenso gewährleistet wie das Einhalten von Umwelt- und Sicherheitsvorschriften

Wichtiger Bestandteil jeder Nachhaltigkeitsinitiative: Einbindung des Partnernetzwerks 

Letztendlich arbeitet kein Unternehmen autark, sondern kooperiert mit einem Netzwerk. Dazu gehören Auftragsfertiger, Lieferanten, Logistik-Partner (3PLs) und eine Reihe weitere Handelspartner.

  1. Transparenz über alle Ebenen des Netzwerks hinweg zu gewährleisten, ist entscheidend. Wenn ein Zulieferer am Ende der Lieferkette unethische Praktiken anwendet, könnte die Marke darunter leiden
  2. Kontrolle und Tracking aller Compliance-Vereinbarungen, um Risiken zu reduzieren

 

Die Studie stellt fest: „Führungskräfte müssen erkennen, dass Nachhaltigkeit nicht länger als nachträglicher Gedanke behandelt werden kann. Sie ist integraler Bestandteil der täglichen Aktivitäten, die eine Lieferkette am Laufen halten – und zwar vom Design bis zur Stilllegung.“ Die Umfrage bietet außerdem zahlreiche fundierter Ratschläge und Empfehlungen für alle Bereiche der Lieferkette sowie des Produktlebenszyklus. 

 

Nils Herzberg, Global Head, Strategic Partnerships & Industrie 4.0, Digital Supply Chain, SAP

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