Um als mittelständisches Unternehmen erste erfolgreiche Schritte in Richtung Industrie 4.0 zu gehen, muss man nicht seine komplette Produktionsstraße umkrempeln. Für einen langfristigen Erfolg sollte man sich die Neugier seiner Mitarbeiter zu Nutze machen und die Datenkultur in alle Abteilungen tragen.
Mittelständische produzierende Unternehmen setzen sich zur Zeit intensiv mit dem Thema Big Data und Industrie 4.0 auseinander. Der Druck wächst, nicht den Anschluss zu verpassen. Oft führt das dazu, beim Einstieg in die Materie zu viele Schritte auf einmal zu nehmen.
Ziele und Absichten klar definieren
Wie bei allen Maßnahmen, die von Zeit zu Zeit die internen Prozesse eines Unternehmens beleuchten und verbessern sollen, muss man sich auch bei der Einführung einer Business Intelligence-Strategie als Erstes fragen, welches Ziel und welchen Nutzen man damit verfolgt. Geht es darum, die Umsätze zu erhöhen oder möchte man seine Käufer besser verstehen? Zu Beginn der Zusammenarbeit mit unseren Kunden führen wir einen initialen Workshop durch, der Ziele und Absichten klar definiert. Dabei ist es wichtig, sich nicht nur auf das Optimieren von bestehenden Prozessen zu konzentrieren, sondern auch in neue Richtungen zu denken. Das elektrische Licht ist nicht durch die Optimierung des Kerzenlichts entstanden.
Die tiefhängenden Früchte zuerst ernten
Um Business Intelligence im Rahmen von Industrie 4.0 erfolgreich einzusetzen, konzentriert man sich anfangs auf die bereits tiefhängenden Früchte, die man schnell ernten kann. Das eigene CRM-System verdient dabei besondere Aufmerksamkeit. Wie kann ich es mit weiteren Kunden- oder Produktions-Daten verknüpfen? Welche generellen Trends und bestehenden Verbindungen helfen mir dabei. Bricht zum Beispiel ein Kunde im Online-Shop einen Kauf ab, weil eine bestimmte Zahlungsart nicht angeboten wird? Aus welchen anderen Gründen sind bestimmte Abschlüsse nicht zustande gekommen? Sehe ich eine Korrelation zu anderen Effekten? Es gibt viele Möglichkeiten, beim Kunden nachzufassen – auch oder gerade dort, wo man im ersten Schritt keinen Erfolg hatte. Besonders durch die Integration von analoger Hardware in digitale Systeme – Stichwort IoT – fällt eine Verknüpfung mit den Bestandsdaten leichter als neue Daten zu sammeln. Hier heißt es, genau hinschauen und gezielt neue Angebote entwickeln, die sich von den bisherigen unterscheiden.
Kunden mithilfe von Chatbots Lösungen anbieten
Um den Customer Service zu entlasten und interessierte Kunden schneller zum Ziel zu führen, kann ein Chatbot, z.B. auf der Website, das Aufkommen von redundanten Service-Anfragen enorm reduzieren. Sobald die Anfrage über die Logik des Systems hinausgeht, wird sie an einen Servicemitarbeiter übergeben. Ist der Chatbot mit den Daten im DWH (Data Warehouse) verbunden, kann dieser auch komplexere Fragen beantworten, wie Informationen über den Status einer Bestellung oder über Details des Angebots. Das bringt einen klaren Mehrwert für Kunden. Das NLU (Natural Language Understanding) auf einer Plattform wie Microsoft Azure ist mittlerweile so gut, dass Kunden ihre Anfragen nicht mehr in einer strengen Syntax oder Chatsprache stellen müssen. Ein mit der Cloud verbundener Chatbot erkennt den richtigen Kontext und kann eine passende Lösung anbieten. Diese Chatbot-Funktion ist mit wenig Aufwand in die eigenen Systeme zu integrieren und steht als externer Service bereit, den man nicht von der Pike auf selbst entwickeln muss. Eine Maßnahme, die schnell gute Erfolge erzielt. Zusätzlich sammelt man das Feedback seiner Kunden und wertet es aus, um die eigenen Prozesse stetig zu verbessern und anzupassen.
Blick in die Produktionsstraße
Im Rahmen einer Business Intelligence-Beratung bekommen unsere Kunden eine neue Sicht auf ihre Daten. So entstehen häufig Ideen für Services, die vorher so nicht möglich waren. Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit kann ein Einblick von außen in die Produktionsstraße dem Kunden Transparenz vermitteln und beispielsweise Informationen darüber liefern, wann ein Produkt geliefert wird. Die Liefer- und Produktionskette selbst ist in den meisten mittelständischen Unternehmen bereits gut optimiert. Deutsche Firmen haben seit Jahrzehnten viel Mühe dort hinein gesteckt. Nicht umsonst sind viele deutsche Mittelständler in ihrem Bereich Weltmarktführer. Deshalb lohnt es sich im ersten Schritt meistens mehr, die vor und nachgelagerten Prozesse zu betrachten.
Neugierige Mitarbeiter treiben Prozesse voran
In unseren Workshops können wir mithilfe der unterschiedlichen Daten initiale Analysen fahren, um daraus erste Erkenntnisse zu gewinnen. Mitarbeiter aus den Fachabteilungen erkennen während der Workshops schnell Möglichkeiten, was man mit welchen Abfragen und Analysen erreichen kann und entwickeln so gesunde Neugier. Wir sorgen von Anfang für die richtige Motivation, damit die Mitarbeiter die Maßnahmen selbst weiter mittragen. Erkennen sie das Verbesserungspotential, kommt man gemeinsam schnell zu guten Ergebnissen.
Fachbereiche erkennen schnell die zusätzlichen Möglichkeiten
Es zahlt sich aus, von Anfang an Projektverantwortliche zu benennen, die Entscheidungsbefugnis haben und den Prozess mit einem entsprechenden Budget weitertreiben können. Es ist wichtig, Neugierde und Motivation umgehend zu nutzen, um weitere Ergebnisse zu erzielen und die Zufriedenheit aller Beteiligungen aufrechtzuerhalten. In unseren agilen BI-Projekten geben wir den Fachbereichen früh unterschiedliche Werkzeuge an die Hand, damit sie selbst herausfinden, wie sie die Daten auswerten und daraus neue Erkenntnisse gewinnen können. Im besten Fall wird der Erfolg des Projektes in andere Fachbereiche getragen, die sich dann ebenfalls mit Ideen einbringen – wie beispielsweise einer Auswertung einer bestimmten KPI. Die Fachbereiche erkennen schnell die zusätzlichen Möglichkeiten und helfen damit, übergreifende Unternehmensziele konsequenter weiterzuverfolgen.
Der Blick aufs Große und Ganze
Unsere Workshops sind dazu da, neben der Bestandsaufnahme ein gesamtheitliches Denken zu initiieren. Geht man sein Projekt von Anfang an ganzheitlich an, kann man Fehler vermeiden, die sonst erst später sichtbar werden. Es passiert immer wieder, dass die Datenstrategie zu eng gewählt wird. Das kann dazu führen, dass das Datenmodell später wieder angepasst werden muss. Besser ist es, von Anfang an aufs Große und Ganze zu schauen als nur auf den einzelnen Fachbereich. Nur so erkennt man die wichtigen Verbindungen zwischen den Abteilungen.
Bessere Kundenbeziehungen
Der richtige Einsatz von grundlegenden Business Analytics- und Industrie 4.0-Maßnahmen im Unternehmen führt zu einem immer besseren Kundenverständnis. Welches Produkt ist das Richtige und wie kann ich dafür sorgen, dass der Kunde auch nach der Lieferung zufrieden bleibt? Wie kann man dem Kunden immer neue und bessere Dienste anbieten? Werte ich dazu mein Kundenfeedback systematisch aus, verbessert dies die Kundenbeziehungen, verschafft dem Unternehmen klare Wettbewerbsvorteile und bringt es langfristig voran.
Mit Raum für Ideen Innovationskraft wecken
Bereits mit grundlegenden Maßnahmen, der Etablierung eines DWH und dem Anbieten von Services für die eigenen Kunden, fallen in den Fachbereichen viele manuellen Schritte weg, was Zeit freigibt, um neue Ideen voranzubringen und weiterzuentwickeln. Wenn Mitarbeiter im Tagesgeschäft nicht mehr zu 100%, sondern durch weniger manuellen Aufwand nur zu 80% ausgelastet sind, kann das die Innovationskraft im Unternehmen wecken. Manuelle Auswertungen und historisch gewachsene Systeme haben eine hohe Fehlerquote. Vereinfacht man die Prozesse für die Beteiligten, so wird diesen eine große Last abgenommen. Das schafft mehr Raum für neue Ideen.
Sven Wildermann, Consultant bei b.telligent