Der ursprüngliche Zweck von ERP-Systemen war die Verwaltung und Integration der Kernprozesse in Fertigungsunternehmen. Bei digitalen Geschäftsmodellen mit komplexen nutzungsbasierten Abrechnungsanforderungen stoßen klassische ERP-Systeme jedoch auf drei große Hürden.
ERP-Systeme (ERP: Enterprise Resource Planning) haben sich in den 1960er Jahren aus Materialbedarfsplanungssystemen entwickelt. Die Basis also waren Softwareanwendungen, die auf der Grundlage von Stücklisten und Produktionsprogrammen den Materialbedarf für die Herstellung von Endprodukten berechnen. Ursprüngliches Ziel von ERP-Systemen war es, die verschiedenen Bereiche und Daten eines produzierenden Unternehmens in einer integrierten Software zusammenzuführen, um Prozesse zu optimieren, Lagerbestände zu verwalten und Ressourcen effizient zu planen.
Die Systeme sollten Unternehmensdaten in Echtzeit verarbeiten und so eine durchgängige Sicht auf Kernprozesse wie Produktion, Logistik, Vertrieb, Buchhaltung und weitere Bereiche ermöglichen. Obwohl ERP-Systeme heute in vielen Branchen eingesetzt werden, liegt ihr Ursprung eindeutig in der Optimierung von Produktionsprozessen und der integrierten Ressourcenplanung für produzierende Unternehmen.
ERP-Systeme: Zu starr für digitale Geschäftsmodelle
Fest steht: Für diesen ursprünglichen Zweck sind ERP-Systeme bestens geeignet. Anders sieht es bei innovativen digitalen Geschäftsmodellen aus, die mit komplexen nutzungsabhängigen Abrechnungsanforderungen einhergehen. Diese Geschäftsmodelle ermöglichen es Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen flexibel und kundenzentriert zu vermarkten. Der Kunde zahlt dabei entsprechend der Nutzung eines Produktes oder einer Dienstleistung. Insbesondere in den Bereichen Software, Mobilität oder Smart Devices haben diese Modelle in den vergangenen Jahren enorm an Attraktivität gewonnen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Abrechnung ist leicht nachvollziehbar und kundenorientiert.
Schwierigkeiten treten dann auf, wenn Unternehmen und IT-Verantwortliche ihre bestehende herkömmliche ERP-Software für nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle nutzen wollen. Sie stellen schnell fest, dass es dafür wenig geeignet ist. Dies sind die drei größten Hürden:
1. Flexibilität und Skalierbarkeit
Ein Kernproblem herkömmlicher ERP-Systeme ist ihre mangelnde Flexibilität. Sie können innovative dynamische Preismodelle wie Abonnements, nutzungsabhängige Komponenten oder hybride Modelle nur schwer abbilden. Kunden müssen heute aber z.B. jederzeit die Möglichkeit haben, zusätzliche Add-ons zu buchen, die Anzahl der Nutzer ihrer Softwarepakete zu erhöhen oder zu reduzieren, Up- oder Downgrades zu managen, oder von einem monatlichen zu einem jährlichen Abrechnungsplan zu wechseln.
Self-Service und die damit verbundene Freiheit für den Kunden sind etwas, wofür ERP-Systeme nicht ausgelegt sind. Nur sind sie dafür auch nicht konzipiert. Stattdessen sind sie vielmehr auf traditionelle Abrechnungsmodelle ausgelegt und wurden ursprünglich für stabile, vorhersehbare Geschäftsmodelle entwickelt.
Die Integration neuer Abrechnungsmodelle erfordert oft umfangreiche Anpassungen und kann erhebliche Kosten verursachen. Darüber hinaus sind herkömmliche ERP-Lösungen häufig nicht in der Lage, mit der Skalierung des Geschäftsmodells Schritt zu halten. Für Unternehmen, die schnell wachsen oder deren Kundenstamm sich rasch verändert, kann dies zu einem erheblichen Problem werden. Die Lösung liegt in der Erweiterung des ERP-Systems mit spezialisierter Monetarisierungs- und Abrechnungssoftware, die genau für diese Zwecke entwickelt wurde und nahtlos mit dem ERP-System zusammenarbeitet.
2. Datenintegrität und -sicherheit
Die zweite große Hürde betrifft die Datenintegrität und -sicherheit. Nutzungsbasierte Geschäftsmodelle generieren und verarbeiten große Mengen an Kundendaten – oft in Echtzeit. Sie erfordern den ständigen Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen, wie z.B. die Nutzung von Funktionen, die Vertragshistorie oder die Preisbereitschaft der Kunden.
Kurz: Nutzungsbasierte Geschäftsmodelle stützen sich auf umfangreiche Nutzungsdaten, die von einfachen Metriken wie der Häufigkeit von Software-Logins bis zu komplexeren Statistiken reichen können. Beispielsweise könnte dies den Tintenverbrauch eines gemieteten Druckers umfassen. Noch detailliertere Daten fallen in Industrien an, die IoT-Technologien einsetzen. Hierzu zählen Fertigungsbetriebe, die täglich Millionen von Datenpunkten von Tausenden von Geräten sammeln. Diese Daten werden an IoT-Plattformen gesendet. Die Plattform leitet die Daten an spezialisierte Monetarisierungssoftware weiter, woraufhin die Software den empfangenen Input in abrechnungsfähige Einheiten umwandelt und daraus individuelle Rechnungen erstellt.
Herkömmliche ERP-Systeme sind jedoch nicht immer darauf ausgelegt, derart große und sensible Datenmengen aus IoT-Geräten und anderen Quellen sicher zu verarbeiten und in abrechenbare Einheiten umzuwandeln. Dies stellt ein Risiko für die Datensicherheit dar und kann zu Compliance-Problemen führen, insbesondere in Branchen mit strengen Datenschutzbestimmungen.
3. Komplexität der Rechnungsstellung
Die dritte Herausforderung ist die Komplexität der Abrechnung. Nutzungsbasierte Modelle erfordern eine detaillierte Überwachung und Abrechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung. Außerdem können die Rechnungen für die Kunden sehr unterschiedlich ausfallen. Selbst dann, wenn es sich um ein und denselben Kunden handelt. Ein Beispiel ist ein Anbieter von Ladeservices für elektrische Fahrzeuge: In einer Woche legt ein Kunde vielleicht nur kurze Strecken zurück und braucht sein Fahrzeug nicht aufzuladen. In der darauffolgenden Woche, wenn der Kunde eine längere Reise unternimmt, könnte er jedoch die Dienste des Anbieters mehrmals in Anspruch nehmen, um sein Fahrzeug aufzuladen. Dies führt zu sehr unterschiedlichen Abrechnungen je nach individueller Nutzung.
Herkömmliche ERP-Systeme bieten oft nicht die notwendige Granularität oder Flexibilität, um verschiedene große und kleine Tarife, Rabatte oder Sonderaktionen – oft in verschiedenen Währungen – effektiv zu verwalten. Dies kann zu Fehlern bei der Rechnungsstellung führen und die Kundenzufriedenheit beeinträchtigen.
Fazit: Spezialisierte Abrechnungslösungen können helfen
ERP-Systeme leisten in ihren ursprünglichen Aufgabenbereichen gute Arbeit. Für die spezifischen Anforderungen der nutzungsbasierten Abrechnung sind sie jedoch oft nicht ausreichend gerüstet.
Unternehmen, die in der digitalen Wirtschaft erfolgreich sein wollen, sollten daher in spezialisierte Abrechnungslösungen investieren, die speziell für die Flexibilität, Datensicherheit und Komplexität moderner Geschäftsmodelle entwickelt wurden. Solche Systeme können nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Sicherheit erhöhen und letztlich zu einer höheren Kundenzufriedenheit führen.