Die Nachfrage der Unternehmen nach Cloud-basierten Software-Lösungen war bis vor Kurzem noch relativ zögerlich – das hat sich inzwischen auch aufgrund der Corona-Krise grundlegend geändert. Neben der reinen Notwendigkeit, einen ortsunabhängigen Zugriff auf Unternehmensanwendungen verfügbar zu machen, steht aktuell vor allem der Wunsch nach effizienten, digitalisierten Prozessen im Vordergrund.
Zusätzlich hat sich auch die Erwartungshaltung der Anwender an Funktionalität und «User Experience» von Softwareanwendungen geändert: die Nachfrage nach komfortablen, sofort einsetzbaren Lösungen ohne große Lernkurve wächst stetig. Manfred Terzer, Gründer und CEO des ECM/DMS-Spezialisten Kendox, analysiert die wichtigsten Trends im Softwaremarkt sowie deren Auswirkungen auf den Markt für Dokumentenmanagement-Software und beantwortet Fragen, die sich Unternehmen bei der Lösungswahl häufig stellen.
Im Softwaremarkt zeichnen sich aktuell drei wesentliche Trends ab
1.) Digitale Plattformen werden immer dominanter und damit zusammenhängend wird die Fähigkeit, diese Plattformen miteinander integrieren zu können, zum entscheidenden Erfolgsfaktor
2.) die Automatisierung und Standardisierung von Anwendungen und Geschäftsprozessen spielt im Rahmen der Digitalisierung eine immer zentralere Rolle
3.) der Cloud-Betrieb wird der neue Standard in der IT. Das spiegelt sich auch in den Erwartungen der Anwender wider – moderne Software muss heute entsprechend «fit» in Bezug auf Integration, Automatisierung und Cloud-Betrieb sein. Hinzu kommt, dass Anwender Software heutzutage nicht nur basierend auf ihrer eigentlichen «Kernfunktionalität» auswählen. Kriterien wie das User-Interface sowie der «App-Charakter» der Lösungen rücken bei der Anschaffung immer stärker in den Vordergrund. Anwender erwarten, dass sie sich intuitiv und ohne allzu große Schulung in einer neuen Lösung zurechtfinden. Auch der «Self-Service-Gedanke» spielt für Kunden eine wesentlich stärkere Rolle.
Als zusätzlicher Trend im Bereich ECM/DMS lässt sich außerdem die Verschmelzung mit Anwendungen für den digitalen Arbeitsplatz sowie mit Lösungen für die Zusammenarbeit (den sogenannten Collaboration-Tools) beobachten. Anwender erwarten ganz selbstverständlich, dass sie Dokumente gleichzeitig mit anderen Anwendern bearbeiten und direkt aus der Collaboration-Anwendung heraus darauf zugreifen können.
Was sollte moderne Software heute «können»?
Im Zusammenspiel wird klar, dass viele Softwareanwendungen mit diesen Anforderungen nicht mehr schritthalten können. Wie man während der Corona-Krise aktuell sehr gut beobachten konnte, nimmt die Nachfrage nach Cloud-fähigen Softwarelösungen sehr stark zu. Zudem schaffen international führende Plattformanbieter wie Microsoft, Google oder SAP heute neue digitale Ökosysteme, in die sich Software integrieren «können» muss. Gleiches gilt aber auch für bestehende Unternehmenslösungen, die Anwender heute schon nutzen: auch hier ist es essenziell, dass sich moderne Softwareanwendungen schnell und unkompliziert mit dem Unternehmens-ERP, einem Cloud-CRM oder einer Legacy-Lösung integrieren lassen.
Was macht ein DMS zum Katalysator für Digitalisierungsprojekte?
Im modernen Arbeitsalltag basiert bereits ein Großteil der geschäftlichen Kommunikation auf elektronischen Dokumenten. Bestellungen und Rechnungen werden per E-Mail ausgetauscht, Verträge im PDF-Format digital unterschrieben und Bewerbungen über Online-Portale als elektronisches Dossier eingereicht. Im Rahmen von Digitalisierungsprojekten bilden DMS-Systeme eine unverzichtbare Grundlage für die Verwaltung solcher Dokumente.
Aufbauend auf dem DMS-System als «digitales Fundament», lassen sich beliebige dokumentenbasierte Prozesse realisieren – beispielsweise eine automatisierte Rechnungseingangsverarbeitung, ein unternehmensweit verfügbares Vertragsmanagement, dezentral verfügbare Personalakten oder ein durchgängiger «Purchase-to-Pay» Prozess, bei dem von der Bedarfsanforderung bis hin zur Bezahlung der Kreditorenrechnung der gesamte Ablauf digital abgebildet ist. Dabei stellt das DMS sicher, dass alle geschäftsrelevanten Dokumente für die einzelnen Bearbeitungsschritte zur Verfügung stehen und rechtskonform aufbewahrt werden.
Welche Vorteile liefert ein DMS aus der Cloud?
Unternehmen sind generell gut beraten, ihre Anwendungslandschaft «Cloud-fit» zu machen. Gerade in der aktuellen, von der Corona-Krise geprägten Zeit, wird deutlich, welche immensen Vorteile es hat, ohne aufwändige Erweiterungen der eigenen Infrastruktur «von überall» – also auch aus dem Homeoffice – auf die relevanten Informationen im Unternehmen zugreifen zu können. Neben dem standardisierten Betrieb der Lösung, bei dem z.B. Software-Updates zentral und automatisch bereitgestellt werden, liegen die wesentlichen Vorteile in der einfachen Skalierbarkeit sowie in den Möglichkeiten für einen sicheren, ortsunabhängigen Zugriff und das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten. Flexibilität, Verfügbarkeit und Skalierbarkeit, insbesondere in Bezug auf Zugriffsintensität und Datenvolumen, sind dabei von unschätzbarem Wert für viele Anwender. Sogenannte Cloud-native Lösungen bieten hier deutliche Vorteile gegenüber Lösungen, die erst nachträglich für die Cloud angepasst wurden. Das zeigt sich vor allem dann, wenn Cloud-Lösungen in bestehende Anwendungen und Geschäftsprozesse integriert werden sollen. Dank entsprechender Web-API lassen sich «Cloud-native» Lösungen deutlich einfacher und schneller integrieren – und zwar unabhängig davon, ob die bestehende Anwendung in einer «Public Cloud», in einer «Private Cloud» oder sogar noch als «on-premise»-Anwendung vor Ort betrieben wird.
Welche Sicherheitsaspekte gilt es bei einem DMS aus der Cloud zu beachten?
Auch wenn die Vorteile eines DMS aus der Cloud auf der Hand liegen, haben viele Anwenderunternehmen noch Bedenken in Bezug auf Sicherheitsaspekte beim Cloud-Betrieb. Die richtige Konfiguration für einen sicheren, ortsunabhängigen Zugriff – wie zum Beispiel aus dem Homeoffice – auf die im DMS gespeicherten Dokumente ist entscheidend. Damit eine Nachvollziehbarkeit im Sinne von Compliance-Richtlinien gewährleistet ist, muss das DMS-System über entsprechende Auditierungs-Funktionen verfügen. Bei der Wahl eines Dokumentenmanagement-Systems sollten Unternehmen darauf achten, dass die Lösung über die erforderlichen Möglichkeiten verfügt, um relevante Systemaktivitäten zu protokollieren und auszuwerten: Alle Benutzeranmeldungen, administrative Eingriffe, Konfigurationsänderungen und Dokumententranskationen (vor allem Änderungen und Löschungen) müssen auditiert und anschließend bei Bedarf ausgewertet werden können.
Für maximale Sicherheit ist es wesentlich, dass die Anwendung, mit der die Benutzer auf das Cloud-DMS zugreifen, basierend auf aktuellen technischen Standards entwickelt wurde und sichere Anmeldeverfahren, wie z.B. eine Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) bietet. Damit kann zur Authentifizierung des Benutzers, ähnlich wie beim E-Banking, beispielsweise per SMS oder «Google Authenticator»-App ein Authentifizierungs-Code auf das Mobiltelefon des Anwenders geschickt werden, den dieser bei der Anmeldung im Cloud-DMS eingeben muss.
Stellt die DMS-Lösung das Einhalten von Compliance-Vorgaben wie DSGVO sicher?
Wie bei jeder anderen Anwendung und unabhängig ob in der Cloud oder «on-premise», muss beim DMS-Betrieb gewährleistet sein, dass die Anforderungen der EU-DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) mit dem DMS tatsächlich umsetzbar sind. Dies bedeutet unter anderem, dass die sogenannten «Betroffenenrechte» gewährleistet werden müssen. Diese umfassen beispielsweise das Auskunftsrecht, das Recht auf Berichtigung, das Recht auf Löschung, eine Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit Berichtigung oder Löschung, das Recht auf Übertragbarkeit oder das Recht auf Widerspruch.
Neben der EU-DSGVO sind in der Regel noch weitere «Compliance-Anforderungen» bzw. gesetzliche Auflagen für das Unternehmen relevant. Eine Orientierungshilfe bieten hier Zertifizierungen die den Nachweis für die Konformität der Archivierungsmaßnahmen mit gesetzlichen Vorschriften wie der GoBD oder der Schweizer GeBüV erbringen.
Was ist bei der Einführung eines DMS zu beachten?
Kleine und mittelständische Unternehmen tun sich häufig schwer, wenn sie sich im Rahmen ihrer Digitalisierungsprojekte zu viel auf einmal vornehmen. Meine Empfehlung lautet daher: «First Things First». Bei der Digitalisierung von Prozessen sollten Mittelständler keine Anforderungsmonster generieren, für deren Einführung sie weder die Zeit noch die Kapazität haben. Dies gilt auch für die Einführung eines DMS-Systems. Hier profitieren diejenigen am meisten, die schrittweise die wichtigsten Dinge zuerst umsetzen und damit ein Basis-System einführen, welches sie später ausbauen. Es ist wichtig, erst einmal die Grundlagen zu beherrschen und die Elemente, die man eingeführt hat, auch wirklich anwenden zu können, so dass ein sofortiger Nutzen entsteht.