Wie Hyperpersonalisierung die Customer Experience verbessert

Customer Support

Alltäglich: Ein Kunde ruft bei einer Bank an. Nicht so alltäglich: Der Service-Mitarbeiter im Callcenter erhält anhand der Telefonnummer eine übersichtliche Kundeninformation und ahnt schon, worum es geht, bevor der Kunde überhaupt nach einer Beratung zu einem Bausparkredit fragt.

Im System ist bereits vorbereitet, was in dem Fall zu passieren hat: Welche Berater in der Region können die Beratung übernehmen? Wann haben sie Zeit? In wenigen Minuten ist der Beratungstermin vereinbart und der Kunde bestens versorgt. Der Service-Mitarbeiter hat das Ticket-System aktualisiert und hilft im nächsten Gespräch schon dem nächsten Anrufer weiter.

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Eine derart stark personalisierte Customer Experience, bei welcher der Kunde in Vertrieb, Marketing und Service bei seinen individuellen Bedürfnissen abgeholt wird, basiert auf Hyperpersonalisierung. Dieses Konzept ist quasi das Spiegelbild des Omni-Channel-Marketings. Es geht bei Hyperpersonalisierung darum, Informationen und Daten aus allen Kanälen und Quellen datenschutzkonform zusammenzufassen, automatisiert die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und dies für eine hochgradig individuelle Ansprache zu verwenden. Gerade in Branchen, in denen sich die Produkte nur schwer differenzieren lassen, wie im Dienstleistungsbereich, ist die optimale Ansprache entscheidend für die Kundengewinnung, Kundenbindung und den Erfolg eines Unternehmens.

Wie könnte es im genannten Beispiel gelaufen sein, dass der Wunsch nach einem Bausparkredit so offenkundig ist? Zunächst hat die Bank bei Bestandskunden selbst zahlreiche Daten, die darauf hinweisen können, dass jemand in einer Lebensphase ist, in der mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Bausparer ansteht: Dazu gehören Alter, Einkommen, Kontostand, Familienverhältnisse, Ausbildung und Beruf. Hinzu kommen Aktivitäten auf der Homepage oder im Kundenportal der Bank, gelesene Artikel im Kundennewsletter. Aber dazu gehören auch – und das wird noch eher selten genutzt –Klicks auf Werbung, welche die Bank anderswo geschaltet hat. Dies können Anzeigen bei Google oder Facebook sein.

Facebook-Nutzer XY entspricht der Cookie-ID XY

Aktivitäten auf Facebook lassen sich zum Beispiel datenschutzkonform mit eigenen Daten in Verbindung bringen, wenn ein User mit einem personalisierten Link von einer Facebook-Werbung (zum Beispiel: „10 Finanztipps für die ersten Berufsjahre“) auf eine Landingpage des Unternehmens kommt und dort die vorgeschlagenen Cookies akzeptiert. Dann weiß das Unternehmen, dass Facebook-Nutzer 123 der Cookie-ID XY entspricht. Auch die Handy-Nummer oder die E-Mail-Adresse können Hinweise liefern. Das Unternehmen kann daraufhin den gesamten Click-Stream dieser Person analysieren. Welche Inhalte schaut sich der Kunde an? Wer die Aktivitäten sieht, sieht auch die Wünsche und Absichten. Somit lassen sich gezielt Banner und Werbung auf diese Person zugeschnitten ausspielen, zum Beispiel zu Bausparkredit, Baufinanzierung oder Geldanlage. Alle Daten werden in einer „Golden Record“ erfasst und die Touchpoints lassen sich mittels Machine Learning oder Künstlicher Intelligenz analysieren.

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Die Accounts sind zunächst einzeln erfasst. Erst wenn das System merkt, dass zwei Accounts der identischen Person gehören, werden die Daten miteinander verbunden, um ein immer exakteres Profil des Kunden zu erhalten. Diese Hyperpersonalisierung kann das Unternehmen dann wiederum im Omni-Channel-Marketing nutzen. Als Newsletter erhält diese Person dann keine Standard-E-Mail mehr, sondern Content, der genau auf ihre Bedürfnisse, finanziellen Möglichkeiten und Situation zugeschnitten ist. Denkbar ist auch das Einspielen eines Fotos und der Unterschrift des persönlichen Kundenberaters. Banken haben den besonderen Vorteil, dass sie auch beim Online-Banking, bei Kontoauszügen und anderen Postsendungen gezielt Werbung ausspielen können. Vergleichbares gilt für Online-Anzeigenwerbung auf anderen Seiten und in Social Media.

Bereits Realität: Individuelle E-Mails mittels ChatGPT

Personalisierung gibt es schon lange, aber neu ist die Breite der Daten, die Unternehmen zur Verfügung haben, und die Tiefe, mit der Unternehmen diese Daten analysieren. Führende Unternehmen nutzen prädiktive Scores und Affinitätsscores, um mit Wahrscheinlichkeitsmodellen herauszufinden, ob ein Kunde ein Interesse an einem bestimmten Produkt hat. Spricht man Personen mit einem hohen Affinitätsscore an, ist die Abschlussrate höher. Das heißt, man kann mit den gleichen Marketingkosten mehr Konvertierungen erreichen.

Einen weiteren Fortschritt für eine zugleich hochgradig automatisierte und zugleich hyperpersonalisierte Kundenansprache bedeuten Large Language Modelle (LLM), wie das vieldiskutierte ChatGPT sowie seine Nachfolger und Wettbewerber. In Chats können gut trainierte LLMs noch individueller auf den Kunden eingehen, Bedürfnisse verstehen, Aktionen veranlassen und Erkenntnisse in die Golden Record zurückspielen. War früher ein Kundenberater bei einer Bank für einige hundert Kunden zuständig, so könnten LLMs dafür sorgen, dass zukünftig ein Kundenberater für 10.000 Kunden sehr persönlich und individuell beraten kann, weil er immer seltener selbst eingreifen muss und Standardprozesse automatisiert ablaufen. Schon bald werden SAP CDP und SAP Emarsys im Zusammenspiel mit ChatGPT bedürfnissorientierte, individuelle E-Mails entlang der Customer Journey erstellen und versenden werden.

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Vertrauen, Transparenz und Datenschutz

Grundvoraussetzung ist es, bei jedem Schritt der Umsetzung den Datenschutz im Auge zu behalten. Es braucht neben der formellen Zustimmung auch Vertrauen und Transparenz. Unternehmen sollten dem Kunden zeigen, welche Daten sie besitzen, wie sie diese nutzen. Sie sollten es Kunden einfach machen, Daten zu löschen lassen oder Präferenzen der Nutzung anzugeben. Ideal ist es, wenn im Kundenportal einsehbar ist, welche Daten vorhanden sind und welche Inhalte darauf basierend ausgespielt werden.

Der Kunde kann somit selbst feinjustieren und entscheiden, was er verändern will. So ist es vielleicht für manche Bankkunden wünschenswert, zu Events und zeitlich begrenzten Promotions auf der Firmen-E-Mail-Adresse angesprochen zu werden. Sie wollen auf diesem Weg jedoch keine Kontoauszüge erhalten. Kunden können selbst steuern, dass sie nur auf den von ihnen bevorzugten Kanälen angesprochen werden.

Die Grundregel lautet: Je mehr Nutzen ein Kunde davon hat, Daten zu teilen, desto eher ist er dazu bereit. Es gilt für Unternehmen datenbasierte, individuelle Zusatzservices zu entwickeln. Beim Banking können das Dienste sein, die das Leben des Kunden verbessern, zum Beispiel eine SMS-Benachrichtigung bei Geldeingängen über einem bestimmten Schwellenwert oder der Zugang zu zeitlich begrenzten Sonderaktionen und saisonalen Angeboten, wie einem Verbraucherkredit in der Weihnachtszeit für Geschenke oder für eine Urlaubsreise. Der Kunde profitiert zudem davon, dass alle Kommunikation auf ihn zugeschnitten wird. Sobald der Kunde jedoch das Gefühl erhält, dass Daten genutzt werden, die er nicht teilen wollte, oder dass er zu viel Werbung erhält, besteht die Gefahr, dass er seine Zustimmung zurückzieht. Datenanalysten können über den Bestand hinweg den optimalen Level der Interaktionen bestimmen.

Das DSGVO-konforme Handling einer großen Zahl von Kundendaten bleibt immer eine Herausforderung und erfordert eine saubere Datenarchitektur und Systemintegration. Bewährt haben sich in der Praxis SAP-Tools. Die SAP Customer Data Platform ermöglicht die Erfassung und Analyse von Daten aus verschiedenen Touchpoints, um personalisierte Kundenprofile zu erstellen. Das Ergebnis ist die eingangs erwähnte 360-Grad-Sicht auf den Kunden, in der alle Daten zusammenfließen. SAP Emarsys unterstützt das Marketing in der täglichen Arbeit und dabei, Kampagnen über die unterschiedlichsten Kanäle auszuspielen und ständig zu optimieren. Das kundenfreundliche SAP Sales und Service Cloud-Modul hilft bei Kundenberatung und -service. Es lässt sich integrieren mit Microsoft Teams, Outlook und mobilen Apps und sorgt so für eine gute Kundenkommunikation.

System aus einem Guss

Allein diese Beispiele zeigen die Komplexität des Unterfangens auf: Damit die Customer Experience am Ende wirklich stimmt, muss das ganze System aus einem Guss sein. Das wird mit sogenannten Customer Journey Szenarien realisiert, die abteilungsübergreifend definiert sind und dadurch hochautomatisierte End-to-End Prozesse für den Kunden ermöglicht werden. Die digitale Transformation der Kundenansprache erfordert immer auch Change Management, vor allem die Schulung der Vertriebs- und Marketingmitarbeiter. Man muss die Transformation mit neuen Arbeitsprozessen umsetzen, so dass sie für das Unternehmen und dessen Marketing- und Vertriebsstrategie passen. Somit benötigen Unternehmen nicht nur Technologie-Expertise für SAP und vergleichbare Lösungen, sondern auch Branchenexpertise und Fachexpertise, unter anderem zu Marketing, Vertrieb und Kundenservice.

Ob dies alles vorhanden ist, und welches Potenzial für eine Firma darin steckt, die Customer Experience mittels Hyperpersonalisierung zu verbessern, finden Unternehmen in Workshops mit erfahrenen Dienstleistern heraus. In der Regel entdecken Unternehmen dabei weit mehr Punkte, an der sie die Customer Experience verbessern können, als sie gedacht hätten – von der Homepage, über Newsletter und Online-Werbung bis hin zum Kundenservice.

Autor: Tobias Jelen, Associate Partner bei Convista, www.convista.com

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