In einer Zeit, in der die digitale Transformation für Unternehmen unerlässlich geworden ist, muss auch der E-Commerce seine Einstellung ändern. Denn Widerstand hindert Unternehmen am digitalen Wachstum – und daran, sich vor betrügerischen Transaktionen zu schützen.
Für den Onlinehandel ist die aktuelle Zeit keine einfache. Während die Preise für Energie und Lebensmittel in den vergangenen Monaten extrem in die Höhe schossen, ist der Konsum der Deutschen eingebrochen. Im Rahmen einer Umfrage von YouGov und eBay Kleinanzeigen gab eine Mehrheit von 81 Prozent an, ihr Kaufverhalten in Folge der Inflation einzuschränken. Jede:r zweite Verbraucher:in verschiebt geplante Anschaffungen in die Zukunft.
Das alles wäre schon schlimm genug, würde da nicht noch eine zweite Gefahr im Hintergrund lauern, deren Schäden von Jahr zu Jahr weiter zunehmen – die Rede ist vom Onlinebetrug. Bereits 2020 wurde der hierdurch verursachte Schaden von der IFH Köln mit rund 1,4 Milliarden Euro beziffert. Und obwohl die Maschen der Betrüger:innen immer wieder neue Züge annehmen, gehen Expert:innen davon aus, dass in den kommenden fünf Jahren knapp die Hälfte aller Einbußen auf den Kauf physischer Waren entfallen werden – ein Anstieg von 110 Prozent.
Altsysteme verhindern legitime Bestellungen
An der Hoffnung, dass sich die Wirtschaft irgendwann erholen wird, können Händler:innen zwar festhalten. Doch der Onlinebetrug wird nie ganz verschwinden. Dort, wo Umsätze fließen, werden sich immer auch Betrüger:innen tummeln, um ein Stück vom Kuchen abzuzweigen. Trotzdem – oder besser gesagt, gerade deswegen – haben viele Unternehmen bereits vor langer Zeit Maßnahmen ergriffen, die ihnen dabei helfen sollen, Betrugsversuche nicht nur zu erkennen, sondern bestenfalls bereits im Vorfeld zu verhindern. Nur so haben sie die Chance, legitime Kund:innen vor negativen Erfahrungen zu schützen und dadurch ihr Vertrauen dauerhaft zu stärken. Genau das ist aber häufig ein Problem – Altsysteme bergen viele Schwächen.
In vielen Fällen mangelt es ihnen nämlich an der Genauigkeit, die im heutigen E-Commerce eigentlich angebracht wäre. Das kann unter anderem dazu führen, dass die Bestellung legitimer Kund:innen abgelehnt wird. Im Rahmen einer von Riskified durchgeführten Umfrage gaben Unternehmen an, dass aufgrund von Altsystemen 15 bis 20 Prozent der Transaktionen abgelehnt werden, obwohl sich dahinter in Wirklichkeit keine Betrugsversuche verbergen – ein Umstand, den sich Händler:innen angesichts der großen Konkurrenz kaum mehr leisten können.
Negativerfahrungen schmälern den Umsatz
Während sich die Möglichkeiten, die der E-Commerce bietet, stetig weiterentwickeln, ziehen auch Betrüger:innen mit immer wieder neuen Methoden nach. Um Lösungen finden zu können, die nicht nur zum jeweiligen Onlineshop passen, sondern auch auf die Art von Betrugsversuchen abzielt, denen er am häufigsten ausgesetzt ist, müssen Händler:innen die Probleme, aber auch die verfügbaren Technologien kennen und verstehen lernen. Weil sie nicht in der Lage sind, betrügerische Aktivitäten manuell zu überwachen, verlassen sich viele auf regelbasierte Systeme oder einige wenige maßgeschneiderte Lösungen. In der Praxis sind diese aber nicht effektiv und flexibel genug, um mit der Anpassungsfähigkeit der Betrüger:innen Schritthalten zu können.
Aufgrund der mangelnden Genauigkeit regelbasierter Betrugspräventionssysteme kann es einerseits sein, dass betrügerische Bestellungen genehmigt werden. Dadurch bleibt der Shop trotz ergriffener Maßnahmen verwundbar bleiben – ebenso wie seine Kund:innen. Andererseits können legitime Käufer:innen abgewiesen werden, was zu hohen Abbruchsraten und folglich auch in Umsatzeinbußen resultiert. Aktivitäten, die in eine Grauzone fallen und sich deshalb nicht ohne Weiteres vom System klassifizieren lassen, müssen zudem manuell freigegeben werden. Das kann die Genauigkeit zwar erhöhen, ist allerdings nicht skalierbar. In Folge dessen müssen Kund:innen mit höheren Wartezeiten rechnen, was sich ebenfalls in einer negativen Erfahrung widerspiegeln kann. Schlimmstenfalls bestellen Käufer:innen einmal und nie wieder und raten auch anderen davon ab, bei dem jeweiligen Shop einzukaufen.
Moderne Technologien helfen, wo es hakt
Die Technologie, die im Bereich der Betrugsprävention in den vergangenen Jahren am meisten diskutiert wurde und sich schließlich durchgesetzt hat, ist das Machine Learning. Sie ist dazu in der Lage, selbst größte Datenmengen nahezu in Echtzeit auszuwerten und dabei selbst kleinste Nuancen zu erkennen. Während für ein regelbasiertes System beispielsweise der Ort, von dem ein:e Nutzer:in aus bestellt, den Ausschlag geben kann, um eine Bestellung als betrügerisch zu bewerten und dementsprechend abzulehnen, sind moderne Technologien eher in der Lage, zu erkennen, dass Faktoren wie das verwendete Gerät und die Lieferadresse mit der bisherigen Kaufhistorie übereinstimmen. Der abweichende Ort liegt vielleicht darin begründet, dass die Bestellung aus dem Urlaub durchgeführt wird. Betrügerisch ist sie aber deshalb nicht.
Gerade für größere Onlineshops, die jeden Tag eine Vielzahl von Bestellungen bearbeiten müssen, können Präventionslösungen, die auf Machine Learning basieren und über eine Rückbuchungsgarantie verfügen, den entscheidenden Unterschied machen. Da sie nur genehmigte Bestellungen in Rechnung stellen, sind sie bestrebt, möglichst viele Genehmigungen zu erteilen, wodurch sich das Risiko, dass legitime Kund:innen abgewiesen werden und negative Erfahrungen machen, minimiert wird. Kommt es zu einer betrugsbedingten Rückbuchung, haften sie für diese. Auch wenn sich Betrug nie ganz vermeiden lässt, haben Händler:innen so die Chance, Versuche weitestgehend abzuwehren, ohne treue Käufer:innen zu verprellen.
Autor: T. R. Newcomb, VP of Strategy & Corporate Development, Riskified