Composable Commerce – Mit Baukastensystem zur Holistic Shopping Experience

Bausteine, Composable Commerce

Der E-Commerce-Sektor hat in den letzten drei Jahren ein rasantes Auf und Ab erlebt: Nach dem Boom während der Pandemie schrumpfte 2022 zum ersten Mal der Umsatz im Onlinehandel – bedingt durch globale Krisen, die Inflation und die Wiedereröffnung stationärer Geschäfte. Für 2023 prognostiziert der bevh wieder ein Umsatzwachstum. Zugleich sind die Ansprüche der Kunden extrem hoch.

Deshalb ist es besonders wichtig, der Kundschaft das bestmögliche Einkaufserlebnis zu bieten: Eine Holistic Shopping Experience, bei der Kund:innen kanalübergreifend ein ganzheitliches Einkaufserlebnis haben. Entscheidend ist dabei vor allem ein intuitives Shop-Design mit kürzesten Reaktions- und Lieferzeiten. Dafür muss der Tech-Stack von Online-Shops hochgradig flexibel aufgebaut sein und schnelle Reaktionen auf Marktveränderungen ermöglichen, denn die Anforderungen ändern sich stetig.

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Shopping im Wandel

Ob Rewe, Lidl oder Deichmann: Sämtliche große Plattformhändler setzen heute auf hybride Shopping-Modelle. Damit erweitert sich der Umfang der verschiedenen Kanäle, über die Kund:innen Produkte kaufen können oder generell mit dem Shop interagieren. Neben Webseiten, Web-Apps und nativen Apps spielen nun auch digitale Touchpoints in den Filialen wie Bestelldisplays eine Rolle. User:innen erwarten dabei kanalübergreifend ein einheitliches, intuitives und reibungsloses Einkaufserlebnis. Eben eine Holistic Shopping Experience. Diese muss unabhängig vom Endgerät kontextbezogene, personalisierte Inhalte bieten, die sinnvoll und leicht verständlich sind und Kund:innen von Channel zu Channel folgen. Für den Tech-Stack des Online-Shops ist das eine Herausforderung.

Agiler Wolpertinger statt schwerfälliger Riese

Vor diesem Hintergrund gewinnt Composable Commerce an Bedeutung. Die meisten Händler setzen auf etablierte, monolithische Shopsysteme wie Shopify, Salesforce, SAP und Co. Die verschiedenen Shopanbieter, die hier in Konkurrenz stehen, bieten ihren Kunden letztendlich aber nur One-Size-Fits-All-Lösungen. Wie sich Händler auch entscheiden – ein monolithisches System bedeutet eigentlich immer, Kompromisse einzugehen. Die flexible Anpassung auf das eigene Geschäftsmodel ist nur bedingt und oft unter hohem Aufwand möglich. Die monolithischen Lösungen bestehen zwar aus verschiedenen Teilen, sind aber im Prinzip ein riesiges Stück Software. Daneben begibt man sich auch unweigerlich in eine starke Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter und dessen Produkt-Roadmap.

Im Gegensatz dazu steht der Composable-Commerce-Ansatz. Unter Composable Commerce versteht man ein modulares System aus sogenannten Packaged Business Capabilities (PBC) – einzelnen Softwarepaketen, die unterschiedliche Kernfunktionen haben, zum Beispiel für den Warenkorb, die Kasse oder die Suchfunktion. Diese lassen sich unabhängig voneinander entwickeln, anpassen und warten. Das ermöglicht eine schnelle Reaktion auf neue Marktanforderungen, da E-Commerce-Plattformen bestehende Funktionen in Echtzeit ergänzen oder ändern können. So eine modulare Lösung ist aber nicht nur agiler als ein monolithisches System, sondern auch skalierbarer und resilienter. Während bei einem monolithischen System ein Engpass oder Problem sich auf die ganze Lösung auswirken kann, ist bei Composable Commerce immer nur ein Teil betroffen, während die anderen PBCs unabhängig weiterlaufen. Betroffene PBCs können bei Bedarf schnell und jederzeit einzeln angepasst, zurückgesetzt, skaliert, neu gestartet oder ausgetauscht werden. Das System ist insgesamt also robuster.

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Kombinierte Nischen-Expertise für Best-of-Breed-Lösungen

Die Grundlagen eines Composable-Commerce-Ansatzes basieren auf der MACH-Architektur, die den Einsatz von Microservices, APIs, Cloud-Anwendungen und den Headless-Ansatz für den Aufbau modernster Online-(Handels-)Lösungen umfasst. Die Architektur ermöglicht also die Verbindung verschiedener Cloud-basierter Microservices teils unterschiedlicher Anbieter über kompatible APIs. Bei Headless-Anwendungen ist das Frontend von der Backend-Logik und dem Kanal, der Programmiersprache und dem Framework entkoppelt, was zu hochflexiblen und maßgeschneiderten Darstellungen in verschiedenen Kontexten führt.

Viele Anbieter spezialisieren sich zunehmend auf unterschiedliche Geschäftsmodelle oder Nischen. Sie bieten zwar ähnliche Services an, im Detail sind diese aber auf bestimmte Branchen und Anforderungen zugeschnitten. Diese Anbieter konzentrieren sich auf ihre Expertise und profitieren von der Kompatibilität zu Lösungen anderer Unternehmen. In der MACH-Allianz haben sich verschiedene Software-Provider zusammengeschlossen und sich darauf geeinigt, ihre Softwarekomponenten zueinander kompatibel zu gestalten und so die Entwicklung zum “Baukastensystem” weiter voranzutreiben.

Ganzheitlicher Ansatz für ganzheitliche Experience

Die Holistic Shopping Experience ist jedoch nicht von Composable Commerce oder dem MACH-Ansatz allein geprägt. Sie ist vielmehr eines von vier Elementen, die diese charakterisieren. Darüber hinaus gilt der Grundsatz „Mobile First”. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, die Website responsiv zu gestalten oder den Produktkatalog in eine App zu übertragen. Denn Mobile ist nicht gleich Mobile. Marken müssen ganz genau sehen, wie ihre Zielgruppe funktioniert und ihre Kanäle entsprechend anpassen. Einen weiteren Aspekt der Holistic Shopping Experience machen Optimierung und Insights aus. Dabei geht es darum, Weiterentwicklungen kontinuierlich zu testen und zu sehen, was funktioniert und was nicht. Zu guter Letzt zeichnet sich ein wirklich ganzheitliches Einkaufserlebnis jedoch auch durch ein „Experience Thinking” im ganzen Unternehmen aus. Alle Mitarbeitenden sollten sich verantwortlich für die Customer Experience fühlen. Von den Enwickler:innen über die Hotline-Mitarbeitenden bis zum Personal in der Filiale – alle tragen zur Gesamterfahrung bei.

Fazit

Ein holistisches Einkaufserlebnis, bei der Kund:innen sich über alle Kanäle hinweg intuitiv in E-Commerce-Anwendungen zurechtfinden, erfordert eine hohe Flexibilität des Tech Stacks. Um die Erweiterung der Shopping Experience um neue Endgeräte durch hybrides Shopping sowie sich stetig ändernde Kundenanforderungen zu meistern, müssen verschiedene Komponenten der Plattformen schnell angepasst oder ausgetauscht werden können. Composable Commerce als modularer Ansatz bietet Händlern die nötige Agilität. Er ermöglicht außerdem die Auswahl individuell passender Elemente. Statt einer One-Size-Fits-All-Lösung, die immer mit Kompromissen verbunden ist, erhalten Händler so eine Anwendung, die perfekt auf die eigene Zielgruppe zugeschnitten ist. Die höhere Resilienz von Composable Commerce stellt einen weiteren Vorteil dar. Eine holistische Shopping Experience erfordert jedoch auch einen holistischen Ansatz. Über den technologischen Aspekt und den Online-Shop hinaus müssen Händler ein „Experience Thinking” verinnerlichen, das die Customer Experience auf allen Ebenen miteinbezieht.

Johannes Dornisch intive

Johannes

Dornisch

Head of Design and Innovation Hub Retail

intive

Johannes Dornisch ist mit über 15 Jahren Erfahrung im UX- und Service-Design ein ausgewiesener Experte für nutzerzentrische digitale Produkte und Services. Sein Schwerpunkt bei intive liegt in den Sektoren Handel und der Konsumgüterbranche mit Kunden wie z. B. Adidas, Deichmann oder Vorwerk.
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