Wo es bei der Digitalisierung an Schulen noch hakt

Digitalisierung Schule

Bei der Ausstattung von Schülern und Lehrern mit Tablets ist das Saarland flott. Auch das digitale Bücherregal wird immer größer. Was bei Eltern und Lehrern dennoch bei der Digitalisierung auf Kritik stößt.

Immer mehr Laptops und Tablets an Schulen, E-Learning und Whiteboards: Ganz klar, das Lernen und Lehren an Schulen im Saarland wird digitaler. Viele Millionen Euro sind in den vergangenen Jahren von Bund und Land in die digitale Bildung geflossen, seit diesem Schuljahr steht ab Klasse 7 Informatik als neues Pflichtfach an Gemeinschaftsschulen und Gymnasien auf dem Stundenplan. Bei der Digitalisierung an Schulen läuft aber noch nicht alles rund. Kritik kommt von Lehrern und Eltern.

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Ausstattung mit digitalen Endgeräten

Im Saarland sind bereits rund 73 000 Tablets an weiterführenden Schulen «ausgerollt», hinzu rund 10 000 mobile Endgeräte für Lehrkräfte, wie das Ministerium für Bildung in Saarbrücken mitteilt. Die Ausstattung ab der dritten Klasse werde gerade vorbereitet: Für Grundschulen seien weitere 12 000 Geräte vorgesehen.

Die Geräte sind das eine, digitale Schulbücher und Lernmedien das andere. Diese können die Schüler über die Landesbildungscloud Online-Schule Saarland (OSS) nutzen. Das Saarland sieht sich bundesweit als Vorreiter beim «gemeinsamen Denken» von Technik und Inhalten für digitale Unterrichtsangebote.

Ja. Endgeräte für Schüler und Lehrer gebe es in großer Zahl, sagt der Saarländische Philologenverband. «Große Sorgen» mache dem Verband aber der Jugendschutz. Vor allem bei den jüngeren Altersgruppen gebe es «keine effektiven Möglichkeiten, Missbrauch und Fehlbedienungen einzudämmen», teilt der Vorsitzende Marcus Hahn mit. Probleme gebe es auch beim Umgang mit beschädigten Geräten.

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Manche Eltern berichteten, sie müssten die Geräte ihrer Kinder, die im Unterricht beschädigt wurden, auf eigene Kosten ersetzen oder reparieren, sagt Hahn. An den Schulen gebe es weiter kein Personal zur Verwaltung der Geräte. «Es gibt zu wenig IT-Administratoren an den Schulen», sagen auch die Gesamtlandeselternvertretungen. Die Eltern befürchteten zudem, dass langfristig höhere Kosten für die Schulbuchausleihe entstehen würden.

Laut Ministerium erfolgt die Verwaltung der Leihgeräte auf der Ebene der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken und wird von speziellen Kompetenzzentren wahrgenommen. Diese sind auch für Wartung und Unterstützung zuständig. Es seien 40 zusätzliche Stellen geschaffen worden, um die Schulen aktiv zu begleiten.

WLAN-Anbindung

Nach Angaben der Gesamtlandeselternvertretungen im Saarland gibt es beim WLAN große Unterschiede. Manche Schulen haben ein vollständiges und leistungsfähiges Netz. «Bei anderen sieht es schlecht aus», heißt es. Der Philologenverband als Berufsvertretung für Gymnasien teilt mit: «Die Ausleuchtung der meisten Gymnasien mit drahtloser Internet-Technik ist bei Weitem nicht ausreichend.» Eine gleichzeitige Nutzung der Technik vom größten Teil der Schüler sei «praktisch nirgendwo realisierbar».

Das Ministerium in Saarbrücken sagt: Damit Schüler und Lehrkräfte auch ohne Internetverbindung auf digitale Bildungsmedien zugreifen könnten, seien Angebote in Form von Apps geschaffen worden, die auf den Leihgeräten genutzt werden könnten.

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E-Learning

Laut Gesamtlandeselternvertretungen im Saarland fehlt «das pädagogische Gesamtkonzept, um die Geräte und die Lehrinhalte gewinnbringend im Unterricht einzusetzen». KI-gestützte Lernmethoden seien noch «in der Erprobungsphase». Der Philologenverband meint: «Ansatzweise kommen über reine Digitalisate von Schulbüchern hinaus auch Lernsoftware, Trainer und Test-Programme zum Einsatz.» Das stecke aber «noch in den Kinderschuhen, besonders deshalb, weil es keine verlässlichen Erkenntnisse über die Lernwirksamkeit und die Einsatzmöglichkeiten solcher Tools gibt».

Problematisch seien auch die Beteiligung der Lehrkräfte und der Arbeitsschutz, sagt Hahn. Aktuell herrsche bezüglich der betrieblichen Mitbestimmung, aber auch bei der Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften «mehr oder weniger „Wildwest“».

Die Tablets sind Bestandteil der Schulbuch- und Medienausleihe und werden von Schülerinnen und Schülern auch zuhause genutzt. Je nach Entscheidung der Schule über die Fachkonferenzen, sind die Schulbücher digital oder analog (gedruckt) verfügbar.

Digitalpakt

Bis zum Ende der Laufzeit des Digitalpakts Schule im Jahr 2024 werden im Saarland rund 130 Millionen Euro in digitale Bildung investiert. Darunter seien 50 Millionen Euro vom Land, teilt das Saar-Ministerium mit. Alle Kommunen hätten Anträge gestellt, derzeit seien fast 80 Prozent der Mittel gebunden oder verausgabt. Eine Anschlussfinanzierung durch den Bund ab Mai 2024 sei notwendig.

Roter Faden fehlt

Die Landeselternvertretung (LEV) sehe zunehmend, dass das Vertrauen «in eine sinnhafte Umsetzung der digitalen Medien in den Schulen bei den Eltern und den Erziehungsberechtigten schwindet». Träger und Landkreise bis hin zur Schulebene entschieden und organisierten völlig unterschiedliche Umsetzung und Nutzung. «Wo ist der rote Faden in der Digitalisierung im Saarland?», fragt die Vorsitzende des LEV Gymnasium Saarland, Katja Oltmanns.

Von Birgit Reichert, dpa

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