Aktueöl wird in der Öffentlichkeit ein Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung disktutiert. EIn Kommentar von Bitkom-Präsident Achim Berg.
Wir begrüßen, dass mit mehrmonatiger Verspätung nun der Entwurf einer Digitalstrategie in die Ressortabstimmung geht. Handlungsleitend war das Prinzip ‚Gründlichkeit vor Schnelligkeit‘. Daran gemessen ist das Ergebnis in vielen Handlungsfeldern noch zu dünn. Einige entscheidende Bereiche wie zum Beispiel die Datenökonomie führen vornehmlich Bestandsprojekte auf, denen obendrein – wie zum Beispiel bei Gaia-X – an anderer Stelle gerade die Mittel gekürzt wurden. Die in der Forschungsförderung notwendige Umkehr des Gießkannenprinzips zu einer starken Konzentration der Mittel auf digitale Schlüsseltechnologien wird nicht entschieden angegangen. Auch ein klares Bekenntnis zur weitestgehenden Abschaffung der unzähligen Schriftformerfordernisse fehlt. Gut ist, dass nun ein erster Strategieentwurf vorliegt, der Stoff für Diskussionen und Raum für Weiterentwicklungen bietet. Diese Entwicklungsräume müssen in den weiteren Abstimmungen mutig und konsequent gefüllt werden. Die Bundesregierung hat sich für diese Legislatur einen umfassenden digitalen Aufbruch vorgenommen. Übersetzt in das Jahr 2022 heißt das: Wir brauchen eine echte Zeitenwende in Deutschlands Digitalpolitik.
Die allgemeine Zielstellung des Strategieentwurfs ist klar: Wir müssen liegengebliebene Hausaufgaben endlich erledigen, um digital vom Fleck zu kommen. Die Strategie macht klar, dass es kein Erkenntnisproblem gibt, sondern bei der Umsetzung hapert. Dieser Umsetzungsstau soll jetzt angegangen und aufgelöst werden. Es ist positiv, dass die Digitalstrategie eine Weiterentwicklung der bisherigen Regierungspraxis anstrebt, wonach eine Unzahl an Digitalkommissionen bereits Bekanntes erneut durchdiskutiert haben. Jetzt soll es vornehmlich an die Umsetzung gehen und dazu gibt es zum Beispiel ein einheitliches Zielbild, hinter dem sich alle Ressorts versammeln sollen. Ein entsprechender Kabinettsbeschluss muss künftig in allen Ministerien als Verpflichtung verstanden werden, diese Ziele aktiv zu verfolgen und zu erreichen.
Es ist richtig, drei Themen mit besonderer Hebelwirkung besonders breiten Raum einzuräumen: Gigabitnetze und Datenverfügbarkeit, Standards für Interoperabilität und Skalierbarkeit und die Einführung sicherer digitaler Identitäten. In der Konkretisierung muss aber mehr als nur nachgeschärft werden. So bleibt unklar, was aus dieser Priorisierung folgt und bis wann substanzielle Fortschritte erzielt worden sein sollen. Vor allem muss es darum gehen, den Fortschritt messbar zu machen – hier lässt die Strategie noch vieles offen. Gerade beim E-Government laufen wir den Versäumnissen aus zwei Jahrzehnten hinterher. Bis 2025, also noch in dieser Legislatur, sollen alle Behördengänge online erledigt werden können, digitales Lernen und digitale Schulen selbstverständlich werden, Künstliche Intelligenz in der Industrie und im Kampf gegen Desinformation zur Anwendung kommen, bei digitalen Schlüsseltechnologien wie KI, Robotik, Blockchain und Mikroelektronik zur Weltspitze aufgeschlossen werden und digitale Technologien zum Klimaschutz eingesetzt werden. Es ist richtig, drei Projekte mit Hebelwirkung zu definieren, die uns helfen, alle diese Ziele schneller zu erreichen.
Im nächsten Schritt ist es wichtig, offene Fragen zu klären. Wie soll der Gigabitausbau im Rahmen der Strategie vorangetrieben werden? Was muss genau getan werden, um die Datenverfügbarkeit zu steigern? Bis wann kommt die eID – zum Jahresende, was aus unserer Sicht unbedingt geboten ist? Wir brauchen eine Priorisierung, welche Ziele zuerst erreicht werden sollen, welche Maßnahmen dafür notwendig sind und vor allem, bis wann.
Die Digitalstrategie ist ein Grundstein, auf dem wir aufbauen können. Jetzt geht es darum, konkreter zu werden: Wir brauchen einen Plan, wir müssen dabei ehrgeizig und schnell sein und es ist sicherzustellen, dass die Maßnahmen auch finanziert werden.“