Kommentar: Was die Besten von der Konkurrenz unterscheidet

Von KI-Follower zu KI-Leader

Leader

Mit den Entwicklungssprüngen in der generativen KI hat die Digitalisierungsdebatte in Deutschland erneut an Relevanz gewonnen. In deutschen Unternehmen wächst im Zuge dessen die Sorge, den Anschluss an ihre digitalen Wettbewerber zu verlieren. Jüngste Umfrageergebnisse im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sprechen dabei eine deutliche Sprache: Zwei Drittel der Unternehmen betrachten sich selbst als Nachzügler im digitalen Rennen, während nur ein Drittel sich als Vorreiter einstuft.

Unternehmen haben dabei die Bedeutung Künstlicher Intelligenz (KI) erkannt, stolpern aber oft in der Umsetzung: Obwohl 72 Prozent der Befragten glauben, dass KI für die Zukunft der deutschen Wirtschaft von großer Bedeutung ist, setzen lediglich 15 Prozent sie in ihren eigenen Unternehmen ein. 

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Diese Erkenntnisse sind mehr als nur eine Bestandsaufnahme – sie sind ein dringender Weckruf an deutsche Unternehmen. Die 15 Prozent, die bereits auf den KI-Zug aufgesprungen sind, sind ihren Mitbewerbern einen entscheidenden Schritt voraus. Sie sind dazu berufen, Branchen zu dominieren und Berufsfelder zu gestalten. Doch der Weg zur KI-Exzellenz ist mit Fragen gepflastert, und die Kernfrage lautet: Was macht Unternehmen aus, die eine Vorreiterposition im KI-Bereich einnehmen? 

1. Innovation durch Neudefinition: KI-Prozesse und -Erfahrungen neu denken

Die Einführung von KI in einem Unternehmen muss dabei sorgfältig durchdacht werden: Sind die KI-Initiativen zu klein und sporadisch, verfehlen sie womöglich ihren transformativen Charakter. Versucht ein Unternehmen, seine ganze Infrastruktur auf einmal zu überarbeiten, läuft es Gefahr, von den vielen beweglichen Teilen, Interessengruppen und der schieren Anzahl von KI-Initiativen überfordert zu werden. 

KI-Vorsprungsunternehmen verstehen es, die Prozesse, Produkte und Funktionen zu priorisieren, die für eine Umgestaltung durch KI am besten geeignet sind und dann erst die passenden KI-Tools zu identifizieren, um den gewünschten Wandel zu realisieren. Sie sehen KI-Anwendungen dabei nicht nur als isolierte Helfertechnologien an, sondern als grundlegenden Antrieb, der Geschäftsprozesse transformiert und optimiert. Ein gutes Beispiel ist die generative KI, die eine entscheidende Rolle bei der Umgestaltung von Kundenerlebnissen spielt. Kund:innen erwarten heute eine für ihre Bedürfnisse maßgeschneiderte Customer Journey. Unternehmen, die KI-Spitzenreiter werden wollen, dürfen nicht nur an der Oberfläche kratzen, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden: KI-Chatbots sind hierfür zweifellos in aller Munde, aber sie entfalten ihr wahres Potenzial erst dann, wenn ihre Erkenntnisse nahtlos in die DNA eines Unternehmens integriert werden.

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2. Von Dateninseln zu Datennetzen: Nahtlose KI-Integration als Schlüssel zum Erfolg

KI öffnet Türen zu einer Fülle von Möglichkeiten – sei es in der KI-gestützten Datenanalyse, Predictive Maintenance in der Fertigungsindustrie, Natural Language Processing, Chatbot-Analyse oder der Erstellung von Texten, Bildern und Videos durch generative KI. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von Plattformen, auf deren Anfragen und Ergebnisse Unternehmen nahezu in Echtzeit reagieren müssen. Im Zeitalter der KI-Revolution ist der ganzheitliche Implementierungsansatz daher nicht mehr nur ein Wunsch, sondern eine Notwendigkeit. Wer diesen meistert, ist seiner Konkurrenz einen Schritt voraus. Dabei geht es nicht nur um eine effiziente Datenverwaltung, sondern auch um die Fähigkeit, nahtlos zwischen verschiedenen KI- und Technologieplattformen innerhalb eines Unternehmens zu agieren. 

KI-Vorsprungsunternehmen legen ihr Augenmerk dabei nicht nur auf Maschine-Maschine-Schnittstellen, sondern auch auf die Mensch-Maschine-Schnittstellen. Oft wird die Bedeutung der Benutzerfreundlichkeit von KI-Anwendungen unterschätzt, obwohl sie maßgeblich dafür ist, dass Mensch und KI-Systeme komplementär und kooperativ interagieren können. Der Mensch wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei KI-Anwendungen spielen – sei es als Entscheider:in, Kontrolleur:in, KI-Trainer:in und Optimierer:in. Damit wird die Mensch-KI-Schnittstelle zum zentralen Kontaktpunkt, an dem relevante Informationen aus der Datenflut extrahiert, Entscheidungen getroffen und Justierungen am KI-Algorithmus vorgenommen werden. Je nahtloser, benutzerfreundlicher und kollaborativer diese Schnittstellen aufgesetzt werden, desto mehr Nutzen ziehen KI-Spitzenunternehmen aus ihren KI-Projekten.

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3. Technologische Freiheit ist nicht gleich technologische Freiheit: KI-Governance aufmerksam verfolgen

Obwohl die Nutzung von KI zunimmt, versuchen Unternehmensführungen noch immer, mit der Entwicklung von entsprechenden KI-Governance-Richtlinien Schritt zu halten – bisher mit mäßigem Erfolg. Laut einer im Jahr 2022 veröffentlichten Studie halten nur neun Prozent der IT-Führungskräfte weltweit (zehn Prozent in Europa) ihre KI-Governance und -Richtlinien für „vollständig ausgereift”. Das ist ein ernüchterndes Ergebnis. Dennoch ist sich die überwiegende Mehrheit der Befragten (95 Prozent) einig, dass KI-Governance immer wichtiger wird, um künftigen Gesetzen einen Schritt voraus zu sein.

Während dieses Governance-Framework also extern – insbesondere in der politischen Arena – entwickelt wird, haben diejenigen Unternehmen das Potenzial, KI-Vorreiter zu werden, die sich durch die schnelllebigen Veränderungen in der KI-Landschaft nicht lähmen lassen und trotzdem KI-Implementation wagen. Ihre Bereitschaft, Frühanwender neuer Technologien zu sein, verschafft ihnen auch die Position, die gesellschaftliche, rechtliche und ethische Debatte rund um KI mitzugestalten. Orientieren sich diese Unternehmen in jedem Schritt des KI-Engineering- und Anwendungslebenszyklus an den aktuell diskutierten ethischen Maßstäben, sind sie auch für kommende Veränderungen gewappnet. 

4. Innovation auf Kurs halten: Talentweiterbildung und -akquise frühzeitig angehen

Die dringlichste Herausforderung, mit der sich Führungskräfte konfrontiert sehen, ist, das richtige Talent für ihre KI-Initiativen zu finden. Prompt Engineering – ein Begriff, der vor einiger Zeit noch kaum jemandem bekannt war – ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Während in vorherigen Digitalisierungswellen Datenwissenschaftler:innen mit Hauptfach Mathematik und Ökonometrie und später Dateningenieur:innen gefragt waren, brauchen Unternehmen heutzutage Programmierer:innen und „KI-Flüsterer:innen“. Sie müssen in der Lage sein, Eingabeaufforderungen zu erstellen, um vertrauenswürdige Antworten von Basismodellen zu erhalten und um mit externen Systemen von Drittanbietern interagieren zu können. Indem sie eine Bibliothek mit qualitativ hochwertigen Prompts oder Prompt-Ketten aufbauen und Tutorials und interaktive Tools entwickeln, tragen sie unternehmensintern außerdem dazu bei, die KI-Nutzung einfacher zu machen.

Die Unternehmen, die die Zeichen der Zeit frühzeitig erkennen, sichern sich den Vorsprung bei der Weiterbildung ihrer bestehenden und bei der Akquise neuer Mitarbeiter:innen. Unternehmen sollten dabei Menschen mit Innovationsgeist suchen, die gerne Rätsel lösen, über ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten verfügen, um sowohl Menschen als auch Maschinen technische Konzepte zu vermitteln, und die mit der Architektur und dem Betrieb großer Sprachmodelle vertraut sind.

Fazit: Auf dem Weg zum KI-Vorsprung: Warum ein umfassendes Commitment entscheidend ist

Aktuell sieht es so aus, dass Unternehmen trotz Sparzwängen entschlossen bei ihren KI-Investitionen bleiben. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Bekenntnis zu KI in der Geschäftswelt anhält. Doch um in diesem Rennen erfolgreich zu sein, ist mehr erforderlich als nur ein finanzielles Commitment. Der wahre Schlüssel zum Erfolg liegt in einem vollumfänglichen Engagement für KI und dessen Potenzial. Dass dieser Implementierungsprozess ein langwieriger und komplexer sein kann, steht außer Frage. Unternehmen müssen ihn jedoch nicht allein bewältigen. Externe Beratungsunternehmen, die auch als Systemintegratoren auftreten, können dabei unterstützen, passende KI-Initiativen zu identifizieren, die Schnittstellen zwischen KI- und sonstigen Technologieanwendungen nahtlos aufzubauen und Mitarbeiter:innen auf diesen Wandel vorzubereiten, auch in Compliance-Hinsicht.

Unternehmen, die dieser Herausforderung entschlossen und visionär begegnen, haben das Potenzial, als Gewinner aus dieser Umbruchphase hervorzutreten. Ihr Engagement wird nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken, sondern auch Innovation und Fortschritt in der gesamten Branche fördern. Somit ist das Versprechen der KI nicht nur eine Investition in die Zukunft eines einzelnen Unternehmens, sondern in die Zukunft der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen.

Martin Weis

Martin

Weis

Managing Partner und Country Head Switzerland

Infosys Consulting

Managing Partner /Country Head Switzerland. Das Unternehmen Infosys Consulting Holding AG mit Sitz in Kloten, im Kanton Zürich, wurde im Jahr 2005 von Andrea Hodel (Mitglied des Verwaltungsrates), Ralph Bäumle (Direktor), Nora Ebel (Direktorin), Peter Fischer (Direktor), Rolf Gmünder (Direktor), Andreas Hefti (Direktor) und Michael Murphy (Direktor) gegründet.
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