In einer Zeit, in der die Produkte weitestgehend austauschbar sind, wird das Kundenerlebnis für Unternehmen zunehmend zur einzigen Möglichkeit der Differenzierung von den Mitbewerbern. Die Customer Experience profitiert dabei von einer starken Employee Experience. Deshalb empfehlen Experten die beiden Disziplinen als Einheit zu betrachten – als „Total Experience“.
Bis zum Ende dieses Jahrzehnts werden Digitalkonzerne wie Amazon, Apple und Google auch auf dem Versicherungsmarkt signifikante Marktanteile gewinnen. Infolgedessen verschwinden viele etablierte Assekuranzunternehmen von der Bildfläche. Diese Erwartungen äußerte zumindest jeder zweite Teilnehmende an einer Studie des Branchenverbands Bitkom. Folglich dürfen sich nicht einmal die „Platzhirsche“ sicher fühlen.
Die klassische Versicherungsbranche hat aber tatsächlich die digitale Transformation – und damit den Kampf ums Überleben – längst in Angriff genommen: Sie spricht Interessenten und Kunden auf unterschiedlichen Kanälen an, offeriert Beratungsleistung in Form von Chatbots und erlaubt sogar den Abschluss digitaler Policen. Für 73 Prozent der Befragten der von Genesys in Auftrag gegebenen Studie „The Connected Customer Experience“ ist jedoch der Telefonanruf das Mittel der Wahl, um mit ihrer Versicherung in Kontakt zu treten. Auch hier können Technologien unterstützen, indem sie Mitarbeiter befähigen, dem Kunden ein empathisches Erlebnis zu bieten.
Die IT: Der Freund und Helfer
Die IT kann die Mitarbeiter zum einen entlasten, indem mittels Automatisierung simple Anfragen von Chatbots beantwortet und den Kunden Self-Service-Optionen zur Verfügung gestellt werden. Die Mitarbeiter können dadurch die persönliche Beratung bei komplexeren Angelegenheiten intensivieren. Auch dabei kann die IT unterstützen: Mit Hilfe einer abteilungsübergreifenden Cloud-Experience-Plattform können den Mitarbeitern automatisch und in Echtzeit (beispielsweise während des Telefonats) kunden- und sachbezogene Informationen zur Verfügung gestellt werden. KI und Analysefunktionen leiten die Mitarbeiter durch den Prozess, bieten ihnen logische nächste Schritte an und geben Antworten auf „Frequently Asked Questions“ (FAQ). Zudem können sie die Qualität des Services analysieren und bei der Verbesserung helfen.
Damit sorgt die Technologie zugleich für eine verbesserte Customer Experience und eine bessere Employee Experience. Das ist notwendig, weil die eine nicht von der anderen zu trennen ist. Gemeinsam bilden sie die „Total Experience“, die Gartner als einen der „Top Strategic Technology Trends“ für 2022 identifiziert hat. Mit Hilfe dieses strategischen Ansatzes werden spätestens 2026, so die Prognose der Marktforscher, sechs von zehn Großkonzernen weltweit ihre Geschäftsmodelle umgestalten. Kunden wie Mitarbeiter danken es ihnen mit weit überdurchschnittlichen Zufriedenheitswerten; Gartner beziffert den Unterschied zur Konkurrenz mit 25 Prozent. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass Klientel und Workforce dem Unternehmen treu bleiben, ist signifikant höher, wie McKinsey festgestellt hat.
Hier entlang zur Total Experience
Einer der Vorreiter der Total Experience ist die zweitgrößte Krankenversicherung Deutschlands, die Barmer GEK. Sie konzentrierte ihre telefonischen Beratungszentren, baute ein Digital Engagement Center mit 24/7-Verfügbarkeit inklusive interaktiver Spracherkennung und vertraute ihren Kundenservice der Cloud-basierten Experience-Orchestration-Plattform von Genesys an. Wer hier eine Anfrage stellt, erhält zu 80 Prozent schon beim Erstkontakt zufriedenstellende Antworten. Mit dem integrierten Reporting lassen sich die Kundeninteraktionen aufzeichnen, auswerten und für weitere Verbesserungen nutzen.
Das vermutlich größte Hindernis für die Total Experience sind die in der IT immer noch weit verbreiteten Abteilungs- und Funktions-Silos. Überwinden lassen sie sich durch übergreifende Verantwortung und Ziele sowie eine einheitliche Plattform für zeitgemäße IT-Tools. Auf der Grundlage einer gemeinsamen Vision sollte das Unternehmen alle Touchpoints entlang der Customer Journey optimieren und schließlich die gewünschten Services in Anbetracht der jeweiligen Kundschaft, Branche und Marke orchestrieren. Die erste Bedingung ist jedoch, dass die Entscheidungsträger das Contact Center als das betrachten, was es ist: keine Kostenstelle, sondern ein Werttreiber.