In Zeiten von Corona und dem daraus resultierenden rasanten Anstieg von Home Office, Streaming und Vernetzung werden die Breitbandverbindungen äußerst stark belastet. Inzwischen arbeiten die globalen Internetprovider auf vielen verschiedenen Ebenen zusammen, um die rasant steigende Nachfrage zu befriedigen. Wie wird sich dies auf die Internetwirtschaft der Zukunft auswirken?
Seit dem Ausbruch des Coronavirus ist das Internet zum zentralen Medium geworden, über das Menschen in Verbindung bleiben können trotz Kontaktsperre und anderen sozialen Einschränkungen. In Zeiten von „#stayathome“ hilft das Internet, wichtige Anwendungen in der häuslichen Umgebung zu unterhalten: Home Office, Fernunterricht, Telemedizin, Video-Chat, Streaming und Remote-Gaming. Die beiden größten Dienste für Videostreaming YouTube und Netflix drosseln daher schon ihre Übertragungsgeschwindigkeit, um Datennetze zu entlasten. Zwar wachsen die Online-Nutzungsraten bereits seit Jahrzehnten und manchmal sogar exponentiell, doch nichts ist mit der derzeitigen Situation vergleichbar, so viel höher ist die Inanspruchnahme digitaler Technologie aufgrund der Pandemie.
So registrierte beispielsweise GTT seit dem Beginn der Coronakrise einen Anstieg des Gesamtdatenverkehrs um etwa 30 Prozent. Normalerweise verbucht das Unternehmen diese Wachstumsrate über das ganze Jahr und nicht nur über einige Wochen. Die Netzbetreiber sind zwar gut gerüstet, um den dramatischen Anstieg des Datenverkehrs zu bewältigen, aber um zu verstehen, wie dies auf weltweiter Ebene funktioniert, muss man wissen, wie das globale Internet funktioniert.
Entwickelt für hohe Nachfrage
Im Grunde kann man sich das Internet wie eine Ansammlung von Netzwerken vorstellen, die sich miteinander verbinden. Es gibt zwar Tausende von Internet Service Providern (ISPs), aber es gibt eine Kerngruppe von Anbietern, die als „Tier 1“-Anbieter bezeichnet werden und den größten Teil des Datenverkehrs auf den Weg bringen. Diese Tier-1-Provider tauschen untereinander den Datenverkehr über Ozeane und Kontinente hinweg aus, um Organisationen, Menschen und Anwendungen in jedem Winkel der Welt miteinander zu verbinden. Zu den Tier-1-Unternehmen gehören große globale Netzwerk- und Telekommunikationsanbieter. Einige von ihnen bieten in erster Linie Dienstleistungen für einen bestimmten Kreis von Unternehmen und Carriern an, während andere auch Verbraucherdienste wie Mobiltelefonie und Internetdienste für Haushalte anbieten.
Große Tier-1-Netzwerke mit hoher Kapazität sind durch sogenannte private „Peering“-Vereinbarungen miteinander verbunden und bilden die Basis des Netzwerks, das von anderen Anbietern genutzt wird, um Haushalte und Mobilgeräte mit der Vielzahl von Anwendungen und der Fülle von Inhalten im Internet zu verbinden. Content-Delivery-Netzwerke (CDNs), Cloud-Service-Provider (CSPs) und andere ISPs sind direkt auf die Tier-1-Provider angewiesen, um große Mengen an Datenverkehr rund um den Globus zu transportieren. Viele dieser Nutzer von Transitdiensten des Internet-Protokolls (IP) sind Hausmarken, die riesige Mengen an Online-Transaktionen oder -Aktivitäten wie Shopping, Games, Bankgeschäfte, Streaming oder Online-Zusammenarbeit erzeugen.
Da der Verkehr im Internet stark zunimmt, kann sich die Überlastung natürlich auf wichtigen Routen direkt auf die Nutzer auswirken: Webseiten laden nur langsam oder die Qualität von Videokonferenzanwendungen ist suboptimal. Sorgfältige Kapazitätsplanung ist einer der Schlüsselfaktoren, der diesen Staupotenzialen vorbeugt und sie mildert. Schließlich sind die großen zugrundeliegenden Netzwerke, die einen Großteil dieses Datenverkehrs transportieren, so ausgelegt, dass sie extrem belastbar sind und erhebliche Verkehrszunahmen und -spitzen aufnehmen können. Das Internet-Backbone von GTT arbeitet beispielsweise mit einer Kapazitätsauslastung von etwa 50 Prozent, um sicherzustellen, dass es skaliert werden kann. Auf diese Weise kann auch ein massiver Anstieg des Bandbreitenbedarfs der großen Internet-Content-Provider abgewickelt werden, die ihren Internetverkehr über GTT an Zielorte weltweit transportieren.
Die Welt auch nach Corona vernetzt halten
In den vergangenen Monaten haben die Tier-1-Netzwerk-Anbieter immerhin rasch gehandelt, um potenzielle Engpässe zu identifizieren und die Kapazität auf bestimmten Strecken bei Bedarf von einzelnen 10 Gbit/s auf mehrere 100 Gbit/s zu erhöhen. Dieser dynamische Prozess setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Peering-Partnern voraus – sowohl formell als auch informell. Dadurch stellen sie sicher, dass die Verbindungspunkte zwischen den Netzwerken der ISPs erweitert werden, um höhere Verkehrsvolumen zu transportieren. Dies geschieht meist in den Datenzentren, in denen große Internet-Netzwerke physisch aufeinandertreffen.
Die Provider erhöhen die Kapazität an diesen Standorten, indem sie zusätzliche Hardware installieren und diese über Glasfaser mit der entsprechenden Ausrüstung ihrer Peering-Partner verbinden. Diese Hardware ist meist ein Modul, das im Router installiert wird und erhöht seine Kapazität. Pro Router können mehrere Karten hinzugefügt werden, die jeweils mehrere Terabit pro Sekunde zusätzliche Kapazität beisteuern. Ein Teil der Kapazitätsverwaltung kann auch aus der Ferne erfolgen und wird täglich von den Netzwerkbetriebszentren der einzelnen Dienstanbieter verwaltet. Besuche von Ingenieuren vor Ort sind auch für die Installation von Glasfaserleitungen, die Bereitstellung der Ausrüstung und die Durchführung von Wartungsarbeiten weiterhin erforderlich.
Dennoch wird trotz der hohen Inanspruchnahme die deutsche Internetwirtschaft aufgrund der Coronakrise zunächst ausgebremst. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des eco-Verbandes und der Strategieberatung Arthur D. Little. Hintergrund ist vor allem der Dämpfer für e-Commerce und generell die ökonomischen Folgen der Krise. Dies mag sich widersprüchlich anhören, weil man viele Meldungen liest, dass gerade der Online-Handel stark davon profitiert, dass Filialen geschlossen worden. Doch der erste Blick trübt. Natürlich nutzen die Konsumenten relativ gesehen häufiger das Internet, aber in absoluten Zahlen gehen auch hier die Werte zurück. Dies ist durch das Einbrechen des Konsum- und Investitionsverhalten der Bürgerinnen und Bürger zu erklären. Und diese Stagnation betrifft viele Branchen, nicht nur klassisches Shopping. Beispielsweise führt auch das komplette Versiegen des Tourismus zu einem rasanten Rückgang bei Onlineportalen für Reisebuchungen.
Generell werden neben e-Commerce vor allem Tourismus & Retail wie auch Transport und Logistik durch die vielfältigen Auswirkungen von Corona der Internetwirtschaft zusetzen. Experten der Studie vom eco-Verband schätzen den Rückgang des e-Commerce für das laufende Jahr daher auf knapp 20 Prozent. Für die deutsche Internetwirtschaft wird rückführend ein Wachstumsrückgang von 1,2 Prozent im Vergleich zu 2019 prognostiziert. Branchen, die hingegen stark an der Internetwirtschaft hängen, und nicht stagnieren, sondern sogar zulegen werden, sind Online-Gaming oder privates Videostreaming. Ferner auch erhöhte Investitionen in Cyber-Security durch den starken Anstieg von Remote Working und der Migration von Unternehmensdaten auf Cloud-Plattformen. Auch das E-Publishing wird an Bedeutung gewinnen, weil das Schulsystem nun auf einen Sprung stark digitalisiert wird. Diese Punkte – wie auch die zuvor erwähnte und gut ausgebaute IT-Netzwerkinfrastruktur – sind entscheidenden Faktoren, um wieder rasch aufzuholen. Die Internetwirtschaft könnte dann bis 2025 wieder um durchschnittlich 9,5 Prozent pro Jahr anwachsen.
Die Gemeinschaft der Netzbetreiber und ISPs arbeitet deshalb auf ein einziges Ziel hin: Den reibungslosen Betrieb des Internets. Das ITW Global Leaders Forum, eine Gruppe von Netzbetreibern und Internet-Providern, haben kürzlich in einem offenen Brief die Regierungen aufgefordert, die IKT-Infrastruktur, die Bereitstellung von IKT-Diensten und die Anbieter kritischer Infrastrukturdienste während dieser Pandemie als „systemrelevanten Dienst“ einzustufen. Die Netzwerkinfrastruktur ist demnach von grundlegender Bedeutung, um sicherzustellen, dass Menschen auf der ganzen Welt in Verbindung bleiben können, während sie ihre Distanz wahren. Durch die Zusammenarbeit aller Teilnehmer der Telekommunikationsbranche werden die Internet-Backbones auch in diesen beispiellosen Zeiten voll belastbar bleiben und die Gesellschaft weiterhin unterstützen.