Eigentlich galt Deutschland schon immer als Vorreiter für Innovation und als eine der wirtschaftsstärksten Nationen weltweit. Allerdings zählt der viel zitierte Exportweltmeister in Sachen Digitalisierung weiterhin zu den Entwicklungsländern, was der Digital Riser Report offenlegt.
Im Ranking der G7-Staaten belegt Deutschland den vorletzten Platz, was den Digitalisierungsfortschritt der Unternehmen angeht. Daraus ergeben sich in vielen Bereichen der Wirtschaft Problemstellungen im Hinblick auf den nachhaltigen Unternehmenserfolg. „Damit die internationale Konkurrenz auf lange Sicht nicht davonzieht, müssen vor allem deutsche Mittelständler umgehend das Heft in die Hand nehmen und sofort damit anfangen, eine Digitalstrategie auf Strukturebene zu etablieren“, fordert Ronald May, Partner und Practice Leader „Global Automotive“ der FMT Cornerstone. „Ein nicht zu vernachlässigender Anteil kommt dabei der stärkeren Automatisierung der Personalprozesse zu, da in den unternehmensinternen HR-Abteilungen jegliche Bereiche zusammenlaufen.“
Viel Luft nach oben
Grundlegende Vorgänge des täglichen Lebens spielen sich bereits im digitalen Raum ab. Gleiches gilt für den Versand von Bewerbungen, die zum Großteil nur noch per E-Mail bei den Unternehmen eingehen. Auch Stellenausschreibungen finden so gut wie nur noch online statt. Allerdings nutzen zurzeit nur wenige Betriebe die volle Bandbreite an zur Verfügung stehenden Tools, die dafür sorgen könnten, dass der gesamte Recruiting-Prozess von Anfang bis Ende auf dem digitalen Weg abläuft. „Vorteile liegen in der Zeitersparnis, die für Personalverantwortliche entsteht, wenn sich einfache Abläufe wie das Sichten der eingegangenen Bewerbungen und die formale Eignungsprüfung der jeweiligen Kandidaten durch intelligente Software ablösen lassen“, schildert der Experte. Bewerbungsgespräche per Video, die sich zu Pandemiezeiten als alternativlos erwiesen, könnten zukünftig ebenfalls Standard bleiben. „So schafft moderne Technik Kapazitäten für weitaus wichtigere Themengebiete: Auswahlprozesse gehen weiter in die Tiefe und die interne Kompetenz- sowie Talentförderung rückt wieder mehr in den Fokus.“ Dadurch schaffen Unternehmen Anreize für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber und steigern das Allgemeinwohl der Belegschaft – „die die in sie gesetzte Energie der Erfahrung nach durch engagierte Arbeit zurückzahlt“, ergänzt May.
Führung im digitalen Einklang
Um diese Zielvorstellung am realen Objekt erleben zu können, bedarf es einer langfristig angelegten sowie strategischen Herangehensweise. „Digitalstrategien lassen sich nicht einfach im Vorbeigehen realisieren. Zunächst einmal gilt es Ziele zu formulieren, die dem Projekt Konturen verleihen. Oftmals merken die Verantwortlichen erst dann, an welchen Stellen der Optimierungsbedarf besonders groß ist“, erklärt May. Um die Digitalität voranzutreiben, sollten allerdings alle im Unternehmen Tätigen hinter einem strukturellen Wandel stehen. „Voraussetzung dafür: agiles Handeln der Führungsebene, ohne deren ‚Go‘ keine Veränderungen möglich sind“, so der Experte weiter. Digitale Lösungen schließen offene Schnittstellen und sorgen für kurze Kommunikationswege zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen. Da dezentrales Agieren innerhalb der Teams bereits heute ein angewandtes Modell agiler Arbeitsmethoden abbildet, sollten sich Führungskräfte diesen Entwicklungen laut May bewusst stellen: „Nur eine hohe Medienkompetenz und die aktive Weiterentwicklung der Mitarbeitenden sorgt dafür, dass ein Unternehmen für die Arbeitswelt der Zukunft – für die es schon jetzt Vorkehrungen zu treffen gilt – erfolgreich am internationalen Markt mitwirken kann.“