Die personalisierte Customer Journey ist ein wichtiger Bestandteil für erfolgreiche Online-Shops. Artur Wagner von der Digital-Agentur Y1 verrät in seinem Fachbeitrag, wie sich ein Shop erfolgreich personalisieren lässt und an welchen Stellen sich die Datenpflege besonders lohnt.
Es ist kein Geheimnis: Passende Produkte sind die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Online-Shop. Das Thema Personalisierung betrifft nicht nur die Produkte selbst. Shop-Owner sind gut beraten, die gesamte Customer Journey bestmöglich zu personalisieren. Das beginnt mit der Startseite und beinhaltet Such- und Navigationsergebnisse bis hin zur PDP (Produktdetailseite). Weiterhin gehören auch passende Empfehlungen in einem Add2Cart oder Warenkorblayer zu personalisierbaren Entitäten, die das Einkaufserlebnis für den Kunden auf dessen persönlichen Anforderungen und Präferenzen abstimmen. Doch auch über den Kauf, dem obersten Ziel eines Online-Shops, hinaus lassen sich Inhalte passgenau auf die Kunden zuschneiden. Zum Beispiel kann gutes E-Mail-Marketing auch im After-Sales Bereich relevanten Content für den Kunden bereithalten und durch einen größeren Mehrwert für den einzelnen Nutzer überzeugen. Doch stellt sich die Frage: Kann man zu viel personalisieren? An welchen Stellen lohnt sich der Aufwand und wo nicht?
Zu viel Persönlichkeit?
Die Möglichkeiten einen Online-Shop zu personalisieren sind nahezu unbegrenzt. Aber ein Mehr an Personalisierung bedeutet mehr Aufwand bei der Datenpflege. Eine gute Beratung und langjährige Erfahrung helfen dabei, die nötigen Stellschrauben aufzuzeigen, an denen sich der Mehraufwand monetarisieren lässt und an denen Fallstricke lauern, die zu trägen Datensilos mutieren. Es ist zum Beispiel möglich, die rein optische Gestaltung in puncto Farbgebung und Bildauswahl auf den einzelnen User zuzuschneiden. Meistens steht dieser Aufwand aber in keinem Verhältnis zum daraus gezogenen Nutzen, wenn es sich nicht gerade um einen „Boutique-Shop“ handelt, der relativ wenige Produkte vertreibt, die unter Umständen noch individualisiert werden können.
Kunde und Produkt
In der Mehrzahl der Fälle lässt sich Personalisierung unterteilen in kunden- und produktbezogene Maßnahmen. Bei Bestandskunden gestaltet sich die persönliche Ansprache einfacher, weil Händler bereits über notwendige Daten verfügen, die Irritationen beim Einkaufserlebnis abbauen können. Auch bei Neukunden führt jeder Klick während der ersten Session dazu, dass das Einkaufserlebnis persönlicher auf den Kunden zugeschnitten wird und diesen bindet. Selbst das Verhalten von nicht eingeloggten Kunden kann datenschutzkonform anonymisiert für die Personalisierung des Angebots genutzt werden. Bessere Ergebnisse erzielt man, wenn sich der Kunde einloggt und die Kaufhistorie in den Individualisierungsprozess mit einfließt. Der Markt hält eine Vielzahl hierbei unterstützender Tools bereit. Der langfristige Trend entwickelt sich weg von der Segmentierung und ermöglicht eine datenschutzkonforme 1:1 Personalisierung, die schon heute beachtliche Erfolge vorweisen kann. Personalisierung ist dabei in der gesamten Customer Journey möglich, beginnend mit der Startseite, vorgeschlagenen Produkten bei der Suche bis hin zu Empfehlungen, nachdem der Kunde ein Produkt in den Warenkorn gelegt hat. Da funktionieren Ansätze wie „Shop the Look“ zum zuletzt angesehenen Produkt gut.
Besonders spannend sind meiner Meinung nach inaktive Kunden. Anhand der Einkaufshistorie lässt sich diese Zielgruppe kategorisieren. Die gewonnen Erkenntnisse helfen dabei, den Kunden mit maßgeschneiderten Angeboten zu einem erneuten Kauf zu bewegen. Da erzielen vor allem personalisierte E-Mails sehr gute Ergebnisse.
Aber wie läuft die Personalisierung ab, wenn man das Produkt in den Blick nimmt? Die produktseitige Personalisierung erfolgt anhand der Eigenschaften des Produkts. Sie bildet das zweite Puzzleteil bei erfolgreichen Online-Shops. Die beste Kundenpersonalisierung läuft ins Leere, wenn nicht auch die angebotenen Produkte individuell erfasst werden. Produkteigenschaften lassen sich meist einfacher kategorisieren als komplexe Individuen. Dennoch sollten Onlinehändler diesen Teil der Personalisierung nicht vernachlässigen. Ein anschauliches Beispiel lässt sich anhand der Modebranche bilden. Größen, Farben und Preissegmente sind naheliegende Kategorien, die dabei helfen, dem Kunden relevante Produktgruppen anzubieten. Es gibt viel mehr Schubladen, in die sich die Ware vor dem Kauf einsortieren lässt. Zum Beispiel Preissegmente, Styles, Muster und Farben. Die sinnvolle Unterscheidung ist ein Aufwand, der sich lohnt. Das Zauberwort lautet hier: PIM (Produktinformationsmanagement-Tool). Wird das Tool sauber gepflegt, zahlt sich dies für den Kunden und den Shop aus.
Ein weiteres plastisches Beispiel ist die Auswahl der Farben. Einfach ist es, grüne Produkte mit dem Tag „grün“ zu versehen. Hierbei bleiben aber Farbattribute gänzlich unberücksichtigt. Hellgrün, Dunkelgrün, Moosgrün, Mint oder Salbei sind Unterscheidungen, die für die Kaufentscheidung relevant sind. Kategorisiert man ein grünes Produkt anhand der Parameter Farbe und Farbfamilie, zeigt der Shop dem Kunden bei der Suche nicht nur einen Bruchteil der tatsächlich angebotenen Ware an und die Chance auf einen erfolgreichen Kauf steigt.
Welche Hürden gibt es zu überwinden?
Hinsichtlich der Hürden und Fallstricke gilt es vor allem zwei Dinge zu beachten. Zum einen die Technik. Der Zweck der Personalisierung gibt vor, welches System benötigt wird, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Sinnvoll ist auf eine Personalisierungsplattform zu setzen, die die Daten anderer Systeme (Shop, CMS, E-Mail) zur Verfügung stellt. Häufig erfordern moderne Systeme einen Feed von Daten, der sich aus verschiedenen Quellen zusammenstellt (PIM, ERP/Shop, etc.) Zunehmend wichtiger wird auch hier der Einfluss von KI und Machine Learning, die aus den großen Datenmengen Zusammenhänge erkennt und damit zu einer automatisierten Personalisierung beitragen kann. Die zweite Hürde ist und bleibt die Datenpflege. Eine Personalisierung kann nur so konkret sein wie die Daten, die ihr zugrunde liegen. Oftmals sind es nicht mal komplexe Daten. Vielmehr fügt sich aus vielen einfachen Datensätzen ein Cluster zusammen, das dem Kunden einen echten Mehrwehrt bietet und sich auch für das Unternehmen bezahlt macht.
Best Cases der Personalisierung
Ein Praxisbeispiel, das mich beeindruckt, weil es On- und Offline verbindet, ist McDonald‘s (insbesondere in den Vereinigten Staaten). Mc Donald‘s optimiert hier sogar in Drive-Throughs die Produktempfehlungen anhand des Restaurantaufkommens, der Tageszeit bis hin zu persönlichen Vorlieben der Kunden, wenn sie die App nutzen und darüber bestellen.
In Bezug auf einen großartigen Kundenbereich ist Outletcity Metzingen spannend. Hier habe ich einen großen Bereich, in dem ich als eingeloggter Kunde Styles, Lieblingsmarken, passende Sale-Angebote und personalisierten Content erhalte. Das führt zu einem deutlichen Upsell, einfach weil die Ansprache und die angebotenen Produkte persönlicher waren und das Kundenbedürfnis besser befriedigt haben.
Fazit
Wenn Unternehmen das Thema Personalisierung ernst nehmen, können Kunden gewonnen, gehalten oder zurückgewonnen werden, indem für potenzielle Käufer ein echter Mehrwert generiert wird. Die Personalisierung auf den einzelnen Ebenen der Wertschöpfungskette zahlt sich aus, wenn vorher genau definiert wird, an welchen Stellen sich der Aufwand lohnt und die Daten konsequent gepflegt werden. Zu beachten ist, dass sowohl die Personalisierung auf Kundenseite als auch die Kategorisierung der Produkte wie zwei Puzzlestücke ineinandergreifen. Technisch sollten Shopbetreiber auf Personalisierungsplattformen setzen, die die Daten der verschiedenen Systeme zusammenführen. In der Zukunft wird KI noch punktgenauere Personalisierung ermöglichen.