Mit Künstlicher Intelligenz Wetterextreme besser vorhersagen

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten daran, mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) systematische Fehler in Wettermodellen zu korrigieren, um die Vorhersagen zu verbessern und gefährliche Wetterphänomene verlässlicher vorhersagen zu können.

Denn starke Windböen mit Geschwindigkeiten von mehr als 65 Kilometern pro Stunde verursachen zum Teil erhebliche Schäden und erweisen sich als eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Menschen, Tiere und Infrastruktur.

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Vor wenigen Wochen erst hat Deutschland eine Reihe von schweren Stürmen überstanden. Dabei kostete allein das Orkantief „Zeynep“ mehrere Menschen das Leben. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte zuvor vor extremen Orkanböen an der Nordsee gewarnt. Auch für Nordrhein-Westfalen gab es entsprechende Unwetterwarnungen. Infolge des vorangegangenen Orkantiefs „Ylenia“ waren in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt schon mindestens drei Autofahrer bei wetterbedingten Unfällen ums Leben gekommen. Und die Hansestadt Hamburg wurde erstmals seit 2013 erneut von einer sehr schweren Sturmflut heimgesucht.

Nach den drei Winterstürmen „Ylenia“, „Zeynep“ und „Antonia“ geht die Versicherungsbranche in einer ersten Bilanz von versicherten Schäden in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro aus, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mitteilte. Die drei Stürme reihen sich demnach auf Platz drei der schwersten Winterstürme in Deutschland seit 2002 ein. Diese Liste führt laut GDV „Kyrill“ (2007) mit 3,6 Milliarden Euro versicherten Schäden an, gefolgt von „Jeanette“ (2002) mit 1,44 Milliarden Euro.

Früher und zuverlässiger warnen

Um Menschen und Umwelt besser schützen zu können, sei eine genauere Vorhersage von extremen Wetterphänomenen, wie Winterstürmen, essenziell, begründet das KIT seinen Forschungsansatz. Für wirksame Warnungen sind jedoch nicht nur frühzeitige, sondern vor allem auch verlässliche Vorhersagen entscheidend. Das Problem hierbei erläutert Benedikt Schulz, Doktorand am Institut für Stochastik des KIT, so: „Windböen lassen sich nur schwer modellieren, da sie durch kleinskalige Prozesse angetrieben werden und sehr lokal auftreten. Deshalb ist ihre Vorhersagbarkeit für numerische Wettervorhersagemodelle, die bei Wetterdiensten eingesetzt werden, begrenzt und mit Unsicherheiten behaftet.“

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Mit dem Ziel, Vorhersagen von extremen Wetterphänomenen, wie etwa Winterstürmen, akkurater und verlässlicher zu machen, haben Wissenschaftler des KIT nun Methoden der Statistik und des Maschinellen Lernens verglichen. Ihr Fazit: Das Einbeziehen geografischer Informationen und weiterer meteorologischer Variablen, wie der Temperatur, führt zu signifikanten Verbesserungen der Vorhersagequalität, insbesondere, wenn dabei moderne KI-Methoden, basierend auf neuronalen Netzen, zum Einsatz kommen.

Um die Unsicherheiten solcher Prognosen besser einschätzen zu können, erstellen Meteorologen sogenannte Ensemble-Vorhersagen. Dazu führen sie, ausgehend vom aktuellen Zustand der Atmosphäre, parallel mehrere Modellrechnungen durch, die sich jeweils auf leicht unterschiedliche Rahmenbedingungen beziehen, wie das KIT erläutert. So lassen sich verschiedene Szenarien über die zukünftige Entwicklung des Wetters erfassen. Doch diese Ensemble-Wettervorhersagen weisen trotz kontinuierlicher Verbesserungen immer noch systematische Fehler auf, wie die Forscher feststellen. Als Grund hierfür geben sie an, dass lokale, teils zeitlich variable Gegebenheiten, den Modellen nicht mitgegeben werden können. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz jedoch sollen sich diese systematischen Fehler korrigieren lassen, um die Vorhersagen zu verbessern und gefährliche Wetterphänomene präziser vorherzusagen.

KI-Methoden klassischen Ansätzen deutlich überlegen

Mit diesem Ziel wurden am Institut für Volkswirtschaftslehre des KIT von der Nachwuchsgruppe „KI-Methoden für probabilistische Wettervorhersagen“ erstmals eine Vielzahl verschiedener Verfahren aus Statistik und KI zum Nachbearbeiten von Ensemble-Vorhersagen für Windböen verglichen. Dabei bezogen die Wissenschaftler sowohl bestehende als auch neue Methoden zur statistischen Nachbearbeitung numerischer Wettervorhersagen ein, wie das KIT berichtet. Ein systematischer Vergleich der Vorhersagequalität ergab dann, dass zwar grundsätzlich alle Nachbearbeitungsverfahren verlässliche Vorhersagen für die Geschwindigkeit der Windböen erbringen. Allerdings zeigten sich die KI-Methoden klassischen statistischen Ansätzen insofern deutlich überlegen, da sie wesentlich bessere Ergebnisse liefern, die es erlauben, neue Informationsquellen, wie geografische Gegebenheiten oder weitere meteorologische Variablen wie die Temperatur und die Sonnenstrahlung, besser mit einzubeziehen.

Wie das Institut zusammenfasst, sollen die Vorhersagen der KI-Methoden die Vorhersagefehler der Wettermodelle durchschnittlich um rund 36 Prozent verringern: Basierend auf Vorhersagen des Wettermodells des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an 175 Beobachtungsstationen in Deutschland lieferten die KI-Methoden an mehr als 92 Prozent der Stationen bessere Vorhersagen als alle Referenzmodelle zur statistischen Nachbearbeitung, wie das Forschungsinstitut beschreibt.

Eine zentrale Rolle spielt in dem Zusammenhang demnach die Fähigkeit der neuronalen Netze als Lernform der KI, sich aus den verfügbaren großen Datenmengen komplexe und nicht-lineare Zusammenhänge anzueignen, um so die systematischen Fehler in den Ensemble-Vorhersagen zu korrigieren. Durch die Analyse, welche dieser Informationen für die Methoden besonders relevant seien, ließen sich außerdem Rückschlüsse auf meteorologische Prozesse ziehen, schildert KIT-Experte Benedikt Schulz.

Mit den untersuchten Methoden könnten beispielsweise die Vorhersagen der Wetterdienste verbessert werden, betont das KIT. Dazu befinden sich die Forscher bereits im aktiven Austausch mit dem Deutschen Wetterdienst und anderen internationalen Wetterdiensten.

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