Experience Mapping kann ein aufwendiger, jedoch lohnender Prozess sein
Experience Mapping ist dabei nichts, was übers Knie gebrochen werden sollte. Es handelt sich um einen längerfristigen Prozess, der im Vorlauf einige Research-Arbeit erfordert. Das Experience Mapping dient als Werkzeug, um Erkenntnisse und Daten über die Kunden und Nutzer zu sammeln und gleichzeitig darzustellen, was zu den neuen Erkenntnissen führt. Dieser Prozess kann sowohl analog als auch vollständig remote durchgeführt werden. Meist sind dafür mehrere Workshops unter Einbeziehung zahlreicher Mitarbeiter und Fachabteilungen eines Unternehmens erforderlich.
Doch der Aufwand lohnt sich. Am Ende gewinnt das Unternehmen ein deutlicheres Bild davon, wie beispielsweise eine Customer Journey ihrer Kunden aussieht. Welche Touchpoints gibt es überhaupt? Wo sind Services, die verbesserungswürdig sind, wo sollten komplett neue Services geschaffen werden? Und wo stellt die Unternehmensstruktur möglicherweise ein Hindernis für eine optimale Experience der Kunden und Nutzer dar?
Es kann für ein Unternehmen dabei sehr hilfreich und in der Regel aufgrund des Zeit- und Arbeitsaufwands auch nötig sein, diese Arbeit von externen UX-Experten erledigen zu lassen. Denn es geht genau darum, die Unternehmensperspektive zu verlassen. Für die Erforschung der Kundenbedürfnisse kann der externe Blick daher sehr nützlich und gewinnbringend sein.
Outside-In- statt Inside-Out-Perspektive entwickeln
Grundsätzlich sollte die digitale Transformation den Wandel von der Inside-Out- zur Outside-In-Perspektive bedeuten. Bei der Inside-Out-Perspektive richten sich die Kundenbeziehungen stärker an den Bedürfnissen des Unternehmens selbst aus – an vorhandenen Strukturen, Ressourcen, Informationen und Kompetenzen. In zahlreichen Unternehmen ist diese Perspektive weiterhin die vorherrschende. Das Problem ist nur: Mit Blick auf die digitale Transformation eines Unternehmens ist diese Perspektive kaum noch konkurrenzfähig.
Zu stark haben sich das Kundenverhalten und die Kunden- und Nutzererwartungen durch die Digitalisierung gewandelt. Kunden erwarten digitale Produkte und Services. So weit so klar. An einer Digitalstrategie führt daher für Unternehmen heutzutage kein Weg mehr vorbei. Aber die Kunden erwarten, je größer das Angebot wird, nicht einfach mehr nur irgendwelche digitalen Produkte und Services, sondern solche, die ihnen ein positives Nutzungserlebnis bieten. Die Kundenbindung, zum Beispiel über die Marke, nimmt ab, der Umstieg auf ein alternatives Produkt ist für Kunden einfacher denn je.
Daher ist im Zuge der digitalen Transformation eines Unternehmens der Perspektivwechsel von der Inside-Out- zur Outside-In-Perspektive zwingend notwendig. Bei der Outside-In-Perspektive richten sich die Produkte, Strukturen und Prozesse eines Unternehmens an den Kundenbedürfnissen aus und selbst strategische Unternehmensentscheidungen werden vor allem aus der Kundensicht getroffen. Die gesamte Kommunikation wird gezielt auf den Kunden abgestimmt. Die Zufriedenheit der Nutzer mit dem Nutzungserlebnis sollte das maßgebliche Ziel sein, an dem sich das Unternehmen orientiert.
Offenheit gegenüber strukturellen Veränderungen
Um es klar zu sagen: die notwendigen strukturellen Veränderungen im Zuge der digitalen Transformation eines Unternehmens können unbequem sein. Für viele Unternehmen bedeutet dies, die eigene Unternehmensstruktur komplett umzukrempeln – mit allen damit verbundenen Herausforderungen. Solche grundlegenden Veränderungen können ressourcen- und kostenintensiv sein und Unsicherheit bei den Mitarbeitern hervorrufen.
Teilweise sind die Veränderungsprozesse so umfassend, dass es einiger Zeit und Nachbesserungen bedarf, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Nicht zuletzt stehen Unternehmen schon bei kleineren Veränderungsprozessen und Digitalisierungsbemühungen vor den typischen Hürden, die mit dem immer noch weitverbreiteten Silodenken ihrer Abteilungen verbunden sind. Digitale Transformation bedeutet daher nicht nur Struktur-, sondern auch Kulturwandel in einem Unternehmen. Nur wenn beides erfolgreich organisiert wird, kann auch die digitale Transformation des Unternehmens erfolgreich sein.
An erster Stelle für einen Erfolg steht daher eine generelle Offenheit gegenüber solch grundlegenden strukturellen Veränderungen. Möglich ist, dass ganze Unternehmensbereiche neu gedacht werden müssen. Wo heute in großen Unternehmen weiterhin die Aufteilung zwischen beispielsweise Produktion, Kundenservice, Buchhaltung und zahlreichen weiteren klassischen Abteilungen vorherrscht, könnte sich ein Unternehmen zukünftig ganz anderes organisieren.
Denkbar wäre etwa eine Ausrichtung an den verschiedenen Phasen einer Customer Journey. Dann gäbe es in einem Unternehmen solche Bereiche wie Anbahnung, Nutzung und Nachnutzung, in denen sich viele der bisherigen Aufgabenbereiche vermengen. Dies könnte die Zahl der Touchpoints und damit den Aufwand für Kunden deutlich verringern, da für den technischen Support und Fragen zur Rechnung beispielsweise der gleiche Ansprechpartner zur Verfügung stände. Die Customer Journey ist jedoch nur eine denkbare Möglichkeit, Unternehmensstrukturen im Zuge der digitalen Transformation zu verändern.
Wichtig ist, die digitale Transformation nicht halbherzig und im Blindflug anzugehen. Es braucht starkes Commitment und eine klare Strategie. Um eine solche zu entwickeln, ist Experience Mapping ein vielversprechendes Hilfsmittel. Wer sich weitergehend mit dem Thema befassen möchte, dem sei auch das Fachbuch „Mapping Experiences“ von James Kalbach empfohlen.