Die Pandemie machte Fertigungsunternehmen schwer zu schaffen. Im Interview spricht Rolf Werner, Head of DACH bei Cognizant, über die Herausorderungen und warum Künstliche Intelligenz eine große Unterstützung für die Branche darstellt.
Vor welchen Herausforderungen stehen Fertigungsunternehmen im Angesicht der aktuellen COVID-19-Pandemie?
Rolf Werner: Aufgrund der COVID-19-Krise mussten viele Fertigungsunternehmen ihre Produktion pausieren oder sogar dauerhaft einstellen. Mittlerweile haben viele Unternehmen Wege gefunden, ihre Produktion wiederaufzunehmen, aber die Auswirkungen der Pandemie werden sich noch lange hinziehen. Eine langfristige Hürde stellt vor allem die Umsetzung der Maßnahmen dar, die weitere Auswirkungen der Pandemie vorbeugen und zukünftigen Krisen entgegenwirken sollen. Darunter fallen z.B. Vorkehrungen, die es Mitarbeiter:innen ermöglichen Produktionsmaschinen aus der Ferne zu bedienen, wenn die Arbeit vor Ort nicht möglich ist.
Welche Rolle spielt das Internet of Things (IoT) bei der Bewältigung der genannten Herausforderungen?
Rolf Werner: Das IoT transformiert Fertigungsanlagen und deren Komponenten in Datengeneratoren. Dadurch wird ein ganzheitlicher Blick über die Fabrikhallen geschaffen, was die Transparenz von Managementprozessen oder Visualisierungssystemen erhöht und eine Fernsteuerung der Maschinen ermöglicht. Der Vorteil höherer Transparenz bei allen Produktionsprozessen besteht darin, dass Daten von Sensoren in Geschäfts- und Engineering-Systeme integriert und analysiert werden können. Managementsysteme können mit Hilfe von IoT beispielsweise Produktionsausfälle vorhersagen, noch bevor diese eintreten.
Wo besteht weiterer Aufholbedarf bei Fertigungsunternehmen in Sachen Automatisierung?
Rolf Werner: Wir sehen großes Potenzial im Ausbau der Lieferketten durch den Einsatz von Blockchain. Eine tiefergehende Integration der Systeme, wie der Blockchain-Technologie, erleichtert den Einsatz innovativer Technologien. Sie hilft dabei, das Netzwerk von Lieferanten effizienter und sicherer zu verwalten und erleichtert zudem die Erweiterung von Lieferketten. Das ermöglicht eine größere Auswahl und Vielfalt bei der Materialbeschaffung.
Können in Fertigungsunternehmen virtuelle Arbeitsplätze angeboten werden?
Rolf Werner: Ja, auch Fertigungsunternehmen können die Vorteile virtueller Arbeitsplätze nutzen. Viele Prozesse in der Fertigung laufen bereits auf digitaler Ebene ab. In den Fabrikhallen arbeiten umfangreiche Systeme wie Fabrik- und Prozesssteuerung, IT und Unternehmensressourcenplanung. Damit sind die Voraussetzungen für die Gestaltung virtueller Arbeitsplätze bereits gegeben. Durch den Einsatz einer Integrationsplattform, die Daten aus diversen Systemen zusammenführt, können Mitarbeiter von jedem Standort aus eine detaillierte Sicht auf ihre Prozesse erhalten. Die Daten werden über die gesamte Lieferkette hinweg zusammengeführt, so dass auch Trends erkennbar werden. Dadurch werden nicht nur ortsunabhängige Arbeitsplätze in der Fertigung ermöglicht, sondern es lassen sich auch schnellere und bessere Entscheidungen in Bezug auf den Einsatz von Roh- und Hilfsstoffen und dem eingesetzten Personal treffen.
Sind die nötigen Netzwerklegungen, um Maschinen und Co. ohne Verzögerungen aus der Ferne zu bedienen, denn vorhanden?
Rolf Werner: Der neue 5G-Standard ist mit seiner hohen Kapazität, den geringen Verzögerungen und dem Drahtlosnetzwerk in der Lage, Remote-Videoüberwachung auf hohem Niveau zu ermöglichen. Für die Analyse von Prozessen erleichtert 5G die Übertragung von Videos an einen lokalen Cloud-Endpunkt. Spezialisten werden zu Hause benachrichtigt, wenn ein Prozess unterbrochen wird. Mit Hilfe von Remote-Videoüberwachung können sie dann bei Problemdiagnosen helfen, Reparaturen anleiten oder Ferninspektionen durchführen, ohne vor Ort präsent zu sein.
Die Fertigungsbranche setzt immer mehr auf Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) Lösungen. Für wie sinnvoll halten Sie den Einsatz dieser Technologien?
Rolf Werner: Fertigungsunternehmen sollten die Einführung von VR/AR-Technologien unterstützen. Um die Kapazitäten im Unternehmen voll ausnutzen zu können, sind diese neuen Lösungen gefragt. Durch den Einsatz dieser Technologien muss in Zukunft nur ein Drittel der Belegschaft Zugang zu Produktionsstätten haben, während der Rest aus der Ferne zugreifen kann. Selbst Bohr- oder Fräsmaschinen können von einem Experten remote gewartet werden, während er ein AR-Headset benutzt.
Welchen Rat geben Sie Fertigungsunternehmen, die noch zögern hohe Summen in automatisierte Lösungen zu investieren?
Rolf Werner: Die erwähnten Maßnahmen können die Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit von Industrieunternehmen in Krisenzeiten deutlich erhöhen. Unternehmen müssen allerdings bereit sein, diesen Schritt in eine digitale Zukunft zu gehen und die Lösungen in die Praxis umzusetzen. Es muss möglich sein, dass Mitarbeiter und Partner in zukünftigen Ausnahmesituationen maximal handlungsfähig bleiben, um Produktionsausfälle wie in der COVID-19 Pandemie zu verhindern und gleichzeitig die Sicherheit der Mitarbeiter zu garantieren. Daher sehe ich den Schritt hin zu automatisierten Lösungen für unumgänglich und sehe ihn als wertvolle Investition in die Zukunft eines Unternehmens.
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