Diverse Studien zeigen, dass Mitarbeitende Probleme beim Onboarding neuer digitaler Tools haben und KI kritisch gegenüberstehen. Wie Sie Mitarbeitenden die Angst vor der Digitalisierung nehmen und Tools richtig implementieren, zeigt dieser Artikel anhand eines Beispiels aus dem Workforce Management.
53 Prozent der Mitarbeitenden im Dienstleistungsbereich benötigen lange Einarbeitungszeiten für digitale Tools im Arbeitsalltag. Das hat eine Trendstudie unter 2.000 Mitarbeitenden aus Handel, Logistik und Gastgewerbe im März 2023 ergeben. Zeitgleich stehen Angestellte neuer Technik und dem Einsatz von KI kritisch gegenüber, so eine Studie von EY, ebenfalls aus dem Jahr 2023. Demnach fürchtet fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland wegen Künstlicher Intelligenz um den eigenen Job. Dabei kann die Digitalisierung gerade in Schichtbetrieben einen großen Mehrwert in Sachen Effizienz und New Work bieten. Ein digitales und automatisiertes Workforce Management (WFM) beispielsweise kann nicht nur Zeit bei der Dienstplanung einsparen, sondern auch zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen.
Schlüssel dafür sind eine gute Datengrundlage und Data Governance. In Zeiten des Arbeitskräftemangels ist es für Unternehmen jedoch ratsam, nicht nur auf Effizienzsteigerungen zu achten, sondern auch die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Blick zu behalten, um deren Loyalität zum Unternehmen zu stärken. Anstatt die eigenen Angestellten mit überladenen Tools oder zu vielen Apps zu überfordern, gilt es also, eine gute Struktur und Hilfsangebote für den Umgang mit digitalen Tools bereitzustellen.
Automatisierung und KI im Workforce Management
Ein Beispiel dafür, wie so etwas aussehen kann, ist der Telekommunikationsdienstleister freenet. Bevor das Unternehmen auf digitales WFM setzte, kam ein System auf Excel-Basis zum Einsatz, das unübersichtlich war und von der Belegschaft nicht gut angenommen wurde. Wünsche für den Dienstplan wurden auf Zetteln festgehalten und gingen oftmals unter. Der geringe Automatisierungsgrad sorgte zudem dafür, dass pro Shop teilweise bis zu 16 Stunden im Monat allein in die Dienstplanerstellung investiert werden mussten.
Seit dem Umstieg auf ein digitales WFM können die Mitarbeitenden über eine App ihre Schicht-Wünsche selbst einreichen – die Software erstellt anhand dieser sowie der gesetzlichen Vorschriften und vertraglichen Regelungen automatisch den idealen Dienstplan. Über- und Unterbesetzungen werden vermieden, was nicht nur dem Stresslevel der Angestellten zugute kommt, sondern zusätzlich positive finanzielle Auswirkungen für das Unternehmen hat. Auch in Sachen Effizienz zeigen sich deutliche Vorteile durch die Digitalisierung: So konnte die freenet AG die für die Erstellung des Dienstplans benötigte Zeit von ursprünglich 16 Stunden auf maximal eine Stunde pro Monat reduzieren.
Unternehmen in der Dienstleistungsbranche haben zusätzlich einen Vorteil durch den Faktor KI, denn in vielen der heutigen Tools lässt sich über Schnittstellen Open Data einspeisen: Welche Veranstaltungen stehen in diesem Monat an? Welche Bundesländer haben Ferien? All diese Informationen können vom System automatisch genutzt werden, um zum Beispiel im Handel Prognosen zum Kundenaufkommen aufzustellen und die Personalplanung dementsprechend optimal anzupassen. Auch interne Daten (z. B. Budgets, historische Daten zum Kundenaufkommen rund um Feiertage) können für solche Prognosen verwendet werden.
Digitales Workforce Management: Datengrundlage vorausgesetzt
Wie eingangs erwähnt, ist die Voraussetzung für ein solches System eine gute Datengrundlage. Im Idealfall unterstützt der jeweilige WFM-Dienstleister das Unternehmen während der Implementierungsphase dabei, alle relevanten Daten im Rahmen eines Datenerhebungs-Workshops zusammenzutragen. In diesem wird den Datensätzen eine Struktur verliehen. So wird gleichzeitig Datenmüll vermieden, da nur die notwendigen Informationen verwendet werden. Werte, die für die Konfiguration eines WFM-Systems infrage kommen, sind beispielsweise:
- die grundlegenden Daten zur Unternehmensstruktur,
- Angaben zu Mitarbeitenden (diese werden meist aus einem bestehendem HR-System übernommen) sowie
- Informationen zu den jeweiligen Vertragsgrundlagen.
Um KI-Prognosen nutzen zu können, ist es darüber hinaus wichtig, über historische Daten (beispielsweise die Anzahl der Reservierungen in Hotels und Restaurants rund um Feiertage) zu verfügen, damit der Algorithmus bestmöglich trainiert werden kann. Die KI bezieht für eine optimierte Dienstplanerstellung nicht nur historische Daten mit ein, sondern passt die Prognosemodelle eigenständig an neue Gegebenheiten an.
Einführung digitaler Tools auf Augenhöhe baut Berührungsängste ab
In der Theorie klingt das alles gut – dennoch bleibt die Hürde zwischen Tool und Mensch. Denn es gilt, die Mitarbeitenden nicht nur über das Tool einzubeziehen, sondern auch mögliche Berührungsängste abzubauen und sie im Umgang mit den digitalen Werkzeugen zu unterstützen – ganz egal, welches Alter oder welche Nationalität sie haben.
Das Zauberwort dabei lautet: Augenhöhe. Die Projektverantwortlichen sollten nach der Implementierung aktiv nachfragen: Wo gibt es noch Probleme? Was ist unverständlich? Moderne WFM-Apps verfügen sowohl über Kommunikations- als auch Umfragemöglichkeiten, sodass sich eventuelle Schwierigkeiten schnell identifizieren lassen.
Zusätzlich ist eine team- bzw. unternehmensinterne Unterstützung Gold wert. Freenet beispielsweise stellte bereits einige Monate vor der Einführung der neuen Software sogenannte Testing-Teams zusammen, die aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zehn verschiedener Shops bestanden. Sie fungierten während der Implementierungsphase neben der Projektleitung als persönliche Ansprechpersonen für interne Fragen. So wurde auch eine flüssige Einarbeitung sichergestellt: Sich auf kurzem Wege an die Kollegin oder den Kollegen zu wenden und direkt Hilfe zu bekommen, fiel manchen leichter, als eine E-Mail an Vorgesetzte zu schreiben. Kleinere oder größere Anlaufschwierigkeiten konnten auf diese Weise direkt beseitigt werden. Zusätzlich unterstützte ein intern erstellter, speziell an die betriebsspezifischen Regelungen angepasster Leitfaden die Angestellten beim Onboarding des Tools.
Fazit
Die Digitalisierung und der vermehrte Einsatz von Künstlicher Intelligenz verunsichern viele Menschen – gerade wenn sie mit der Sorge verbunden sind, bald nicht mehr relevant für den eigenen Job zu sein. Hier gilt es, von Unternehmensseite aus auf eine gute Aufklärung auf Augenhöhe zu setzen. Denn digitale Tools sind keineswegs Schreckgespenster und bringen in den meisten Fällen enorme Vorteile für das eigene (Arbeits-)Leben mit sich. Unternehmen müssen jedoch darauf achten, die richtigen Strukturen zu etablieren: Data Governance statt Datenmüll und lieber eine All-in-One-App als viele verschiedene, die für die Belegschaft zu einem digitalen Irrgarten werden. Dann gelingt auch im Dienstleistungsbereich ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung.