Hyperautomation ist eines der großen Digitalisierungs-Schlagworte, das nicht zuletzt durch die Positionierung von Gartner als einer der Top-Tech-Trends 2022 in den Fokus gerückt ist. Doch was genau meint Hyperautomation? Und wie können Unternehmen diese „Hyper-Automatisierung“ erfolgreich umsetzen? Heinz Wietfeld, Director bei Hyland, klärt auf und gibt praktische Tipps.
Hyperautomation: Brücken bauen zwischen Effizienz-Inseln
Gartner definiert Hyperautomation als „orchestrierte Nutzung mehrerer Technologien, Tools oder Plattformen“, um so viele Geschäfts- und IT-Prozesse wie möglich zu automatisieren und durchgängige End-to-End-Workflows zu schaffen. Damit holen die Analysten viele Unternehmen an ihrem aktuellen Status Quo ab.
Denn mit den Möglichkeiten der Automatisierung haben sich viele Unternehmen und Organisationen mittlerweile „Inseln der Effizienz“ geschaffen. Einzelne Geschäftsabläufe und Prozesse laufen automatisiert und ohne menschliches Zutun. Die Grenzen dieses Setups liegen jedoch häufig bei der Interaktion unterschiedlicher Systeme und Anwendungen – eine wichtige Voraussetzung für eine durchgängige End-to-End-Digitalisierung. Bei Hyperautomation geht es nun also darum, Brücken zwischen diesen Insellösungen zu bauen und so Effizienzpotenziale zu heben.
1. Bestandsaufnahme und detailliertes Mapping
In einem ersten Schritt braucht es eine Bestandaufnahme. Dies erfordert ein detailliertes Mapping bzw. eine Analyse der Organisation und der Backoffice-Prozesse, um die derzeitigen Arbeitsabläufe vollständig zu verstehen und festzustellen, wo Lücken, Latenzen und Bottlenecks bestehen. Auf dieser Grundlage kann dann eine Strategie entwickelt werden, um Brücken zwischen den Lösungen zu schlagen und Effizienzlücken zu schließen.
2. Eine Datengrundlage schaffen
Insellösungen führen zu Datensilos – der Endgegner jeder umfassenden Automatisierung. Klassische ECM-Lösungen haben alle Daten auf eine Plattform übertragen. In Zeiten von Cloud-Boom und Best-of-Breed-Ansätzen ist das nicht mehr zeitgemäß. Entsprechend bieten Content-Services-Plattformen leicht zu konfigurierende Schnittstellen zu einer Vielzahl unterschiedlicher Business- und Abteilungsanwendungen. So bilden sie einen zentralen Knotenpunkt für alle im Unternehmen vorhanden Daten und Inhalte sowie die Grundlage für eine reibungslose Automatisierung.
3. Welche Automatisierungstechnologie ist die richtige?
Die Auswahl an unterschiedlichen Automation-Lösungen ist umfangreich, und angesichts der Komplexität vieler Geschäftsprozesse, braucht es häufig eine wohlorchestrierte Kombination unterschiedlicher Technologien. Diese reichen von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning über Workflow-Tools, Business Process Management (BPM) und Robotic Process Automation (RPA) bis hin zu Low- und No-Code-Tools. Die Technologien eignen sich dabei für unterschiedliche Anwendungsszenarien und Problemstellungen. So ermöglicht beispielsweise RPA, das auf der Ebene des User-Interface operiert, auch die Integration von Legacy-Lösungen, für die es keine modernen Schnittstellen mehr gibt, in umfassendere Workflows.
Eine Verkettung unterschiedlicher Technologien ermöglicht die Abbildung komplexer, abteilungs- und funktionsübergreifender Workflows. Diese könnte wie folgt aussehen: Process-Mining-Tools zum besseren Verständnis der Unternehmensabläufe kombiniert mit einem Prozessmodell zur Visualisierung von Arbeitsabläufen, einer Komponente für maschinelles Lernen zur Überprüfung der Einhaltung der Compliance und einer Decision-Software zur Automatisierung von Kontrollen, die zuvor von Sachbearbeitenden durchgeführt wurden.
4. Anbieter Auswählen, Flexibilität und Konfigurierbarkeit priorisieren
So vielfältig wie die Technologien sind auch die Anbieter unterschiedlicher Lösungen. Wichtig bei der Auswahl der Technologien ist, dass die Lösungen leicht zu integrieren und für den individuellen Use-Case konfigurierbar sind. Hier können insbesondere Cloud-Plattformen große Flexibilität bieten.
Die Zahl der Anwendungen im Unternehmen steigt, und statt alle Lösungen von einem einzigen Anbieter zu beziehen, setzen Entscheider immer häufiger auf Best-of-Breed, also die jeweils beste Lösung für einen jeweiligen Anwendungsfall. Damit dieser Ansatz wirklich zu besseren Ergebnissen führt, ist die Integration entscheidend. Vorgefertigte oder flexibel konfigurierbare Schnittstellen erleichtern den Prozess. Alternativ kann auch ein Anbieter gewählt werden, der bereits abgestimmte Lösungen für konkrete Anwendungsfälle wie Accounts Payable bietet.
Jedes Unternehmen ist anders, und es gibt keine One-Size-Fits-All-Geschäftsabläufe. Damit Prozesse individuell abgebildet werden können, braucht es vielfältige Möglichkeiten zum Customizing. Einige Lösungen bieten dazu Low- und No-Code-Optionen und andere Open-Source-Varianten, flexible Möglichkeiten zum maßgeschneiderten Coding. Welche Option die bessere Wahl für das Unternehmen ist, kann durch eine Bestandsaufnahme der eigenen personellen und zeitlichen Ressourcen ermittelt werden.
5. Communication matters: Mitarbeitende abholen
Bei dem Wort Automatisierung schrillen nicht selten die Alarmglocken der Belegschaft. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen ihre Automatisierungsinitiative von Anfang an transparent kommunizieren und Mitarbeitende im Prozess der Planung und Implementierung beteiligen. Diese sollten wissen, wie Hyperautomation ihren Arbeitsalltag beeinflussen wird, dass ihnen redundante und ungeliebte Aufgaben abgenommen werden und sie sich auf spannendere Aufgaben konzentrieren können, durch die sie mit ihren Fähigkeiten einen echten Unterschied machen können. Automatisierung bietet die Möglichkeit zu beruflichem Wachstum und kann zum Katalysator für leistungsstarke und effiziente Teams werden.
„Spielen“ Unternehmen ihre unterschiedlichen Automatisierungstechnologien und -Tools so geschickt, wie Orchester ihre Musik durch einen fähigen Dirigenten, entsteht ein Mehrwert für Organisationen jeder Branche und deren Belegschaften, Partner und Kunden. Es lassen sich schnellere ROIs und nachhaltige Wettbewerbsvorteile realisieren.