Interview

„Frei im Kopf“ heißt nicht „Hirn aus“

Schneller bessere Ergebnisse erzielen, passgenaue Angebote schaffen, Daten intelligent nutzen – durch die Digitalisierung versprechen sich Unternehmen nicht weniger als eine neue Art zu arbeiten. Die Idealvorstellung: Wenn Mitarbeitende weniger Zeit für Routinetätigkeiten aufwenden, haben sie den Kopf frei für Kreativität, Innovation und Projekt-Power. Was in der Realität machbar ist, wissen die Experten Mario Koch und Martin Schwaier vom Technologie- und Managed-Service-Provider Konica Minolta.

it management: Herr Koch, lhr Team unterstützt Unternehmen bei der Digitalisierung – etwa durch die Einführung von ECM-Systemen. Werden deren Mitarbeitende dann automatisch „frei im Kopf“?

Anzeige

Mario Koch: Um wirklich anders zu arbeiten, reicht es nicht, sich auf IT-Lösungen zu verlassen. Es geht auch um das Zusammenspiel von Methoden, Organisation und Prozessen. Wir geben unseren Kundinnen und Kunden Werkzeuge an die Hand, mit denen sie ihre Mitarbeitenden von stupiden oder sich wiederholenden, administrativen Arbeiten befreien können. So wird etwa die Projektarbeit einfacher: Vor einem Meeting müssen die Teilnehmenden nicht alle nötigen Informationen zusammensuchen – die relevanten Dokumente sind kontextbezogen schon da.

it management: Herr Schwaier, Sie sind seit einigen Jahren dafür verantwortlich, dass die Digitalisierung auch im Hause Konica Minolta weiter vorangeht. Wie sind Sie am Anfang vorgegangen?

Martin Schwaier: Wir haben uns zunächst einzelne Bereiche oder Vorgänge angesehen und in verbesserte Prozesse überführt. Zum Beispiel die digitale Kunden- und Auftragsakte. Früher waren Informationen über ERP-, CRM- und andere Systeme verteilt und nicht miteinander verknüpft. Es fehlte eine Schicht, die alle Infos kontextbezogen zur Verfügung stellt – in einer leicht verständlichen Form. Heute können zum Beispiel unsere Vertriebs-Teams vom ersten Telefonat übers Angebot bis zur Rechnung alle Informationen auf einen Blick einsehen. Dadurch sind sie sofort aussagekräftig und müssen nicht erst die fehlenden Fakten zusammensuchen.

Anzeige

it management: Welcher Schritt der Digitalisierung war für Ihr eigenes Team der entscheidende?

Martin Schwaier: Der vollständige Umstieg auf die Microsoft 365-Welt war ein Quantensprung. Und dass, obwohl wir als Tech-Abteilung ohnehin seit Jahren virtuell oder hybrid zusammenarbeiteten. Vorher hatte es nie reibungslos geklappt, verschiedene Anwendungen und Werkzeuge nahtlos miteinander zu verknüpfen; irgendein Baustein hat immer gefehlt. Heute sind über MS Teams meine Leute mit ihren Aufgaben und allen relevanten Infos immer und überall verbunden, können alles mobil aufrufen und nutzen. Diese Plattform für die digitale Zusammenarbeit ist jeden Cent wert, denn sie kann ein Game Changer sein.

it management: Apropos: Welche aktuellen Trends haben großes Potenzial, die Arbeit in Unternehmen zu verändern?

Mario Koch: Ein Trend geht im Moment zu 80/20-Best Practice-Ansätzen. Es ist nicht lange her, dass wir mit komplizierten Showcases in die Unternehmen gegangen sind, um möglichst EINE Lösung für ALLE Probleme zu bieten. Heute bekommen wir oft Anfragen für ganz konkrete Herausforderungen oder Prozesse, die schnell und einfach digitalisiert werden sollen. Wir bieten dann Tools an, die bereits 80 Prozent der Arbeit automatisch erledigen. Damit sich die Mit arbeitenden auf die restlichen 20 Prozent, die komplexen Fälle, voll konzentrieren können. Durch Low-Code-Lösungen können die Unternehmen dann sogar selbstständig ihre Prozesse in Vertrieb, Logistik, Recruiting, oder Personal weiterentwickeln.

Wer erfolgreich digitalisieren will, muss die Mitarbeitenden von Anfang an mitnehmen – erst mit kleinen Schritten und dann mit Raum für Kreativität.

Mario Koch

it management: Was bedeutet Low-Code?

Mario Koch: Um die heutigen Tools perfekt auf die Prozesse in Unternehmen anzupassen, braucht es häufig keine großen Programmierkenntnisse. Die Hürde, selbst Prozesse zu digitalisieren, ist sehr niedrig – deswegen Low-Code. Oft sind auch gar keine Kenntnisse mehr nötig, dann reden wir von No-Code-Lösungen.

Martin Schwaier: Wir haben damit viele positive Erfahrungen gemacht. So steht nämlich nicht mehr die Technik im Fokus, sondern die Prozesse und die Arbeitserleichterung. Mein IT-Team setzt die Rahmenbedingungen, mit denen die Business-Teams selbst in kurzer Zeit professionelle Lösungen schaffen.

it management: Ein weiterer großer Trend ist die künstliche Intelligenz (KI). Welche Potenziale stecken darin?

Martin Schwaier: Wir bei Konica Minolta nutzen KI bereits seit Längerem. Etwa bei der Digitalisierung von Eingangsrechnungen, die automatisch Daten wie Positionen und Vorgangsnummern erfasst und den richtigen Abteilungen und Akten zuordnet.

Mario Koch: Privat-Nutzer kennen das vielleicht von ihrer Banking-App, wo sie nur noch die Rechnung fotografieren. Durch maschinelles Lernen werden die Ergebnisse immer besser. In der KI steckt auch viel Potenzial zur Unterstützung bei der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden. Mit intelligenten Chatbots können Standard-Anfragen in Zukunft schnell und korrekt beantwortet werden. Aktuell heißester Trend in allen Bereichen ist ChatGPT, welcher Texte formulieren, argumentieren und sogar Programmcode schreiben kann.

it management: Kritische Stimmen befürchten, dass wir durch den Einsatz der KI langfristig das eingeständige Denken verlernen.

Mario Koch: Bedenklich wird es nur dann, wenn wir die KI einfach laufen lassen. Das ist wie beim Navigationssystem, durch das wir nicht mehr wissen, welchen Weg wir genommen haben. Dabei ist in der Vergangenheit durchaus das ein oder andere schiefgelaufen. Daher müssen wir die Antworten und Thesen kritisch bewerten und als „Vorschlag“ verwenden, das Denken aber nicht vergessen.

Martin Schwaier: Es wird auch zunehmend darum gehen, die KI richtig zu trainieren und zu überwachen. Wenn sich erstmal ein Fehler oder Bias einschleicht, und sei es nur eine falsch zugeordnete Nummer, wird die KI annehmen, richtig zu handeln – und schlimmstenfalls auf das falsche Konto überweisen. „Frei im Kopf“ heißt eben nicht „Hirn aus“! Auch wenn Standard-Tätigkeiten automatisch ausgeführt werden, müssen die Mitarbeitenden sie weiterhin durchblicken.

Es ist enorm wichtig, Mitarbeitende in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und ihnen Eigenverantwortung zu übertragen, um ihr Engagement und ihre Motivation weiterhin zu fördern.

Martin Schwaier

it management: Wie gelingt es, dass die Mitarbeitenden zugleich auch die Bereitschaft für Veränderungen behalten?

Mario Koch: Wer erfolgreich digitalisieren will, muss die Mitarbeitenden von Anfang an mitnehmen – erst mit kleinen Schritten und dann mit Raum für Kreativität. Es geht los mit kleinen Prozessen und Tools, damit die Mitarbeitenden erkennen, was alles möglich ist. Wenn dann die Fachbereiche die richtigen Werkzeuge und Rahmenbedingungen erhalten, werden sie sich schnell selbst ausprobieren. Lassen Sie die Mitarbeitenden machen, der Appetit kommt beim Essen!

Martin Schwaier: Ich kann das von Mario Gesagte nur unterstreichen, es ist enorm wichtig, Mitarbeitende in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und ihnen Eigenverantwortung zu übertragen, um ihr Engagement und ihre Motivation weiterhin zu fördern. Wenn es die Teams nicht längst mit Low-Code-Lösungen im Rahmen der Leitlinien umgesetzt haben.

it management: Von der Digitalisierung mal abgesehen: Was macht wirklich frei im Kopf?

Martin Schwaier: Simplizität, Entschleunigung – und ganz entspannt mit meinem Sohn spielen.

Mario Koch: Bei aller KI und Automatisierung: Digital Detox in der Freizeit ist auch wichtig.

it management: Herr Schwaier, Herr Koch, danke für das Gespräch.

Martin

Schwaier

Manager Digital Business Process Innovation & Transformation

Konica Minolta Business Solutions GmbH

Mario

Koch

Head of ECM

Konica Minolta Business Solutions Deutschland GmbH

Anzeige

Artikel zu diesem Thema

Weitere Artikel

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.