Kommentar: Warum KI einen Mehrwert schaffen wird

Einfluss von ChatGPT & Co. auf den Journalismus

ChatGPT
Bildquelle: Martin of Sweden / Shutterstock.com

Erst im November des vergangenen Jahres sorgte der Prototyp ChatGPT weltweit für Aufsehen, da folgte am 13. März 2023 mit GPT-4 auch schon sein Nachfolger. Die technischen Entwicklungen schreiten in rasantem Tempo voran und lösen dabei neben Faszination vor allem Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz aus. Besonders Medienschaffende haben in den letzten Jahren nur wenig Zutrauen zur KI gewonnen. Dabei handelt es sich hierbei vielmehr um ein smartes Arbeitstool, das die kreative Arbeit unterstützen kann. Naomi Owusu, CEO von Tickaroo, betont die Eigenverantwortung im Umgang mit künstlicher Intelligenz und erklärt, wie sie dabei helfen kann, wieder mehr Zeit für das Wesentliche zu finden.

KI wird den Fokus neu ausrichten

In einigen Bereichen gehört der Einsatz von künstlicher Intelligenz mittlerweile zum Alltag. Die Automatisierung verschiedener Prozesse spart nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern auch Arbeitskraft. Besonders Textern und Redakteuren wurden in diesem Zusammenhang düstere Prophezeiungen vorausgesagt, wonach ihre Arbeit schon bald vom Computer erledigt werden könnte. Doch solche Sorgen sind unbegründet, denn tatsächlich können die neuen Technologien eine stark entlastende Funktion haben, von KI-gestützten Recherchetools bis hin zur Erhöhung der Reichweite. Durch automatisierte Analysen können Trends oder Themen früher erkannt und aufbereitet werden. All das ist im medialen Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit ein klarer Vorteil. Doch sind damit auch Risiken verbunden, wie zum Beispiel Fehler in der Datenerhebung oder in den erzeugten Artikeln. Journalisten müssen daher genau abwägen, ob und wie sie die neuen Tools in ihrer eigenen Arbeit einsetzen möchten – und diese natürlich weiterhin sorgfältig und verantwortungsbewusst durchführen.

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Für Medienhäuser und Agenturen kann künstliche Intelligenz eine Unterstützung sein, die dabei hilft, nicht in der Informationsflut unterzugehen. So werden schon jetzt Standardtexte unter Einsatz von ChatGPT produziert, was Journalisten und Pressemitarbeitern mehr Zeit für ihr Kerngeschäft gibt. Gerade bei kurzen, prägnanten Texten, wie sie beispielsweise in Liveblogs erforderlich sind, können mit KI bereits gute Ergebnisse erzielt werden. Auch bei der Bilderkennung sowie der Bildgenerierung können Programme wie zum Beispiel Midjourney produktiv eingesetzt werden. Das wird in Zukunft besonders den kleineren Redaktionen sowie aufstrebenden Kreativen die Möglichkeit geben, schnell und effizient zu arbeiten – und schlussendlich wettbewerbsfähig zu bleiben. Was weiterhin außerhalb einer automatischen Texterstellung liegt, sind Ironie, Mehrdeutigkeit und Zwischentöne. Wie bisher werden Medienmacher auch in Zukunft Fake News von echten Nachrichten selbst unterscheiden und kuratieren müssen. Doch gerade bei der administrativen Arbeit können sie sich jetzt von neuen Systemen assistieren lassen. Statt Zahlen in Exceltabellen einzutippen, bleibt somit mehr Zeit für die kreativen Aufgaben. Insbesondere der Journalismus befindet sich in einer guten Position, die zunehmende Prozessautomatisierung zu beleuchten und kritisch zu hinterfragen.

Die Verantwortung bleibt beim Menschen

Natürlich entstehen durch die maschinelle Unterstützung neue Herausforderungen, etwa in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und der Meinungsfreiheit. Schließlich ist die Technologie in der Lage, große Mengen an Daten zu sammeln und zu analysieren. Ob diese Mustererkennung jedoch für niedere Zwecke eingesetzt wird, hängt letztlich vom Menschen ab. So forderte der deutsche Journalistenverband bereits im April klare Regularien für den Umgang mit künstlicher Intelligenz, da diese die Wächterfunktion eines Journalisten mangels Ethik und Wertesystem nie erfüllen kann. Die Bedrohung kommt nicht von der KI selbst, und es wird genaue Kontrollen algorithmischer Definitionen brauchen, damit versteckte Diskriminierungen aufgedeckt werden können. Vorurteile bzw. rassistische und sexistische Verzerrungen sind kein zwingender Bestandteil von künstlicher Intelligenz, sondern eine Frage des menschlich gegebenen Inputs. Gleiches gilt in Fragen des Urheberrechts: Wenn im System sowohl urheberrechtlich geschützte als auch gemeinfreie Inhalte eingespeichert werden, kann es zwischen diesen beiden nicht unterscheiden. Der Output ist somit weder urheberrechtlich schützbar, noch kann ein Anspruch auf die Urheberschaft bestehen. Der maschinelle Lernprozess muss also entlang der journalistischen sowie menschlichen Regeln verlaufen, damit sichergestellt werden kann, dass die Technik funktioniert. Dabei können unzureichende Informationen oder Angst vor der dynamischen Entwicklung allerdings schnell zu einer Überregulierung führen, wie beim jüngst vorgelegten Artificial Intelligence Act. 

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Neues Vertrauen in die Medien

Ein verantwortungsvoller Umgang mit der KI ist also essenziell und Negativbeispiele wie das gefälschte Interview mit dem ehemaligen Rennfahrer Michael Schuhmacher oder der diskriminierende Twitter-Algorithmus sind für das Vertrauen in die Medien nicht gerade förderlich. Hier können besonders interaktive Formate wie das Liveblogging eine entscheidende Rolle spielen. Durch das Zusammenspiel zwischen mehreren Redakteuren und den Lesern entsteht ein Gefühl von Gemeinsamkeit. Etwas, das von einer KI nie ausgefüllt werden kann. Durch Aufklärungsarbeit in den Medien sowie am Arbeitsplatz können potenzielle Risiken gemindert und mit dem Einsatz von ChatGPT und Co. ein echter Mehrwert für die redaktionelle Arbeit geschaffen werden. Egal, ob mit oder ohne smarte Programme: Medienkompetenz zu fördern, bleibt ein zentrales Anliegen. Auch in Zukunft werden Journalisten, die automatisierte Nachrichten generieren, veröffentlichen und verbreiten, für diesen Prozess verantwortlich sein. Am Ende muss immer die Vernunft entscheiden. Diese Verantwortung kann und darf nicht an eine Maschine abgegeben werden.

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Naomi Owusu ist CEO „Scale“ und Co-Founder von Tickaroo, www.tickaroo.com

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