Ohne Hindernisse durchs Netz

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: was KMU jetzt beachten müssen

Barrierefrei

Bereit für einen Perspektivwechsel? Viele KMUs müssen sich aktuell mit der Frage auseinandersetzen, ob ihre Webseite eine gleichberechtigte Nutzung für alle Personen ermöglicht.

Denn zum 28. Juni 2025 tritt das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft, das einen ungehinderten Zugang zu einigen Dienstleistungen und Produkten sicherstellen soll. Unternehmen, die ihren Internetauftritt nicht rechtzeitig anpassen, müssen dann mit Bußgeldern rechnen. Doch unabhängig von möglichen Geldbußen sollte die Umsetzung einer barrierefreien Webseite für jedes Unternehmen von zentraler Bedeutung sein. Sie trägt schließlich maßgeblich zur Inklusion von Millionen Menschen mit Behinderungen bei, indem sie ihnen einen einfachen und komfortablen Zugang zu digitalen Inhalten ermöglicht. Für KMU bedeutet das: Eine Bestandsaufnahme ist bereits heute besser als morgen. Frank Schieback, Head of Brand Communication und Chief Marketing Officer bei SELLWERK weiß, welche (technischen) Fallstricke es bei der Umsetzung zu beachten gilt.

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Die Prinzipien der Barrierefreiheit

Im öffentlichen Raum wird bereits an vielen Einrichtungen und Anlagen auf unterschiedliche Bedürfnisse eingegangen, zum Beispiel indem ungehinderter Zugang zu Gebäuden gewährleistet wird oder zusätzliche akustische Signale an Ampeln ertönen. Doch wie lässt sich Barrierefreiheit in der digitalen Welt umsetzen? Beispielsweise dadurch, dass Suchanfragen nicht nur eingetippt werden können, sondern auch per Sprach- oder Zeichenerkennung funktionieren. Die Bedienbarkeit ist aber nur eine von vier Prinzipien der Barrierefreiheit.

Zur Wahrnehmbarkeit gehört, dass Funktionen und Informationen so präsentiert werden, dass sie von den Nutzenden auch bemerkt werden. Hier findet vor allem das Zwei-Kanal-Prinzip statt: Informationen sollen über zwei unterschiedliche Sinneskanäle wahrgenommen werden können. Sprich, Auskünfte, die sehend erfasst werden können, sollen auch hörbar gemacht werden und andersherum – Videos mit Untertiteln oder Screenreader-Kompatibilität zum Beispiel. Zu dieser Säule gehört auch die Anpassbarkeit der Wiedergabegeschwindigkeit oder der Textgröße.

Das Prinzip der Verständlichkeit ist auch außerhalb des Kontextes der IT-Barrierefreiheit nicht zu unterschätzen. Beim nächsten Schreiben vom Amt oder der Steuererklärung wünschen sich sicher die meisten die Option „einfache Sprache“. Ein Glossar kann fachfremden Personen, Menschen mit einer anderen Muttersprache oder kognitiv beeinträchtigten Menschen helfen, die Inhalte besser zu verstehen.

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Das letzte Prinzip, die Robustheit, ist eher technologischer Natur und bedeutet unterm Strich, dass die Anwendungen konsistent und zuverlässig funktionieren. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Dienstleistungen und Produkte nach dem Gesetz dann barrierefrei sind, wenn sie

  • für Menschen mit Behinderung
  • in der allgemein üblichen Weise,
  • ohne besondere Erschwernis und
  • grundsätzlich ohne fremde Hilfe
  • auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

Fallstricke: Diese Punkte sind für Unternehmen kritisch

Die Umsetzung einer barrierefreien Webseite ist eine komplexe Aufgabe, die neben sorgfältiger Planung auch entsprechende Ressourcen bedarf – insbesondere für KMU also eine immense Herausforderung. Neben den oben genannten Punkten gibt es viele weitere Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. 

Wer sich erst einmal ein Bild davon machen will, wie gut die eigene Webseite in Sachen Barrierefreiheit schon aufgestellt ist, kann für den Anfang Dienste im Netz, wie zum Beispiel den kostenlosen Colour Contrast Analyzer von TPCi, nutzen. Er zeigt auf, wie sich Inhalte für Menschen mit Farbenblindheit oder Sehbehinderung optimieren lassen – das gilt sowohl für Text- als auch für Bildmaterial. Für den ersten Überblick, was alles auf Unternehmen zukommt, hat die IHK München alle Antworten auf die W-Fragen präzise zusammengefasst.

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Barrierefreiheit zahlt sich aus: Mehr Umsatz und eine zufriedenere Kundschaft

Barrierefreiheit ist sehr wichtig für die Teilhabe aller am digitalen Leben und Konsum. Sie ist nicht nur relevant für Menschen mit Behinderung, sondern für uns alle. Sie inkludiert auch jene mit temporären Einschränkungen, technisch weniger versierte Personen und Ältere, für die das schnelle digitale Zeitalter eine Herausforderung sein kann. Sie legt sozusagen heute schon den Grundstein für unser Ich von morgen. 

Vorteile bringt die Neuerung jedoch nicht nur für Privatpersonen. Auch wirtschaftlich ist eine schnelle Umsetzung für Unternehmen sinnvoll. Wenn eine Website barrierefrei ist, schneidet sie bei der Sichtbarkeit für Suchmaschinen deutlich besser ab. Durch die bessere Nutzererfahrung und die längere Verweildauer setzen sich Besucher:innen intensiver mit den Inhalten auseinander – was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie eine Kaufentscheidung treffen. So können Unternehmen eine breitere Zielgruppe erreichen und gleichzeitig die positive Wahrnehmung der eigenen Marke stärken. Besonders KMU haben der Barrierefreiheit ihrer Webseiten bislang zu wenig Beachtung geschenkt. Sie sollten also die Chance frühzeitig ergreifen und sich bereit machen für die neue Gesetzeslage.

Frank Schieback ist Head of Brand Communication sowie Chief Marketing Officer bei der SELLWERK GmbH & Co. KG

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