Sustainable IT

4 Aspekte einer nachhaltigen IT-Strategie

Sustainable IT

Digitale Prozesse können helfen, Ressourceneinsatz und Emissionen zu reduzieren. Allerdings muss für eine konsequent nachhaltige Transformation auch die digitale Infrastruktur ins Visier genommen werden. Welche Handlungsfelder dabei wichtig sind, erklärt Dr. Christopher Jahns.

Die Entscheidung für eine nachhaltigere Geschäftsausrichtung ist längst keine Moralfrage mehr: Ressourcen sind endlich und müssen daher mit deutlich mehr Bedacht eingesetzt werden, als wir es bisher tun – das gilt in der IT-Welt genauso wie in der restlichen Wirtschaft. Eine Nachhaltigkeitsagenda gehört daher auf den Plan jedes zukunftsorientierten Unternehmens. Um hier Fortschritte zu machen, setzen viele Organisationen auf Digitalisierungsprozesse, doch hier droht die Schieflage: Denn auch digitale Lösungen müssen im Sinne einer konsequenten Transformation gezielt ins Visier genommen werden – sonst drohen sich die Bemühungen gegenseitig zu torpedieren.

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Ein Beispiel: Obwohl Server immer leistungsfähiger werden und die Auslastung von IT-Systemen insbesondere in Cloud-Rechenzentren steigt, führt der stark erhöhte Leistungsbedarf aller Branchen nach wie vor zu einem steigenden Energiebedarf in deutschen Rechenzentren: Laut Borderstep Institut lag dieser im Jahr 2021 bei ungefähr 17 Terawattstunden – und damit höher als der Stromverbrauch ganz Berlins. Würden sich die aktuellen Trends weiter fortsetzen, so stiege auch der Energiebedarf der Rechenzentren in Deutschland trotz deutlicher Effizienzgewinne bei IT und zugehörigen Infrastrukturkomponenten künftig weiter an – bis 2030 wäre dann mit einem Bedarf von rund 28 Terrawattstunden zu rechnen. Diese Kalkulationen verdeutlichen nur zu gut, dass Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Digitalisierung kein Selbstverständnis ist, sondern gezielt mitgedacht werden muss. Doch wie sieht das genau aus?

Vier Handlungsfelder für die IT-Ausrichtung

Um die IT-Ausrichtung in Unternehmen nachhaltiger aufzustellen, können die folgenden vier Aspekte hilfreich sein:

1. Nachhaltigkeit schon bei der Software-Auswahl bedenken

Als Startpunkt kann eine gezielte Software-Analyse dienen. Dabei sollten IT-Entscheidungsberechtigte genau hinterfragen, welche Umweltauswirkungen die bisher genutzte Software-Architektur hat: Wie effizient ist der genutzte Code, wie hoch ist die Kompatibilität für unterschiedliche Hardware-Voraussetzungen und wie steht es um die Emissionsbilanz der gesamten Architektur? Wer sich solchen Fragen stellt, kann Optimierungspotenziale identifizieren und entsprechend nachschärfen. Darauf aufbauend können zudem klare Grundsätze für die künftige Re-Evaluation des Softwareportfolios festgehalten werden. Denn die initiale Bewertung ist erst der Anfang: IT-Abteilungen sollten anhand stetiger Fortschritte in puncto Effizienz und Klimafreundlichkeit regelmäßig überprüfen, ob die genutzte Architektur nach wie vor die beste Lösung ist. Dabei gilt es allerdings ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen, Agilität, der Einhaltung von Vorschriften und Nachhaltigkeitsansprüchen im Unternehmen zu schaffen.

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2. Klimafreundliche, faire Hosting- und Cloud-Dienste nutzen

Um IT-Prozesse ganzheitlich nachhaltiger zu gestalten, lohnt in einem zweiten Schritt der Blick auf weitere digitale Betriebsprozesse, wie Hosting-Modelle für Webanwendungen und Cloud-Services: Welche Energien werden für deren Betrieb genutzt und wie hoch effizient sind sie? Wo stehen die Server? Wie viel Wert wird vom Anbieter auf Aspekte wie Fairness und Datentransparenz gelegt? Zwar erscheinen die durch solche Dienste anfallenden Emissionen auf den ersten Blick abstrakt, doch sie haben als sogenannte Scope-3-Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette anfallen, direkten Einfluss auf die Nachhaltigkeitsbilanz der Organisation. Betriebsmodelle sollten deshalb gezielt auf Nachhaltigkeitsaspekte untersucht und wenn nötig durch neue Anbieter ersetzt werden. Diese sind vor allem im deutschsprachigen Raum immer leichter zu finden und geben transparente Auskunft über ihre Nachhaltigkeitsstrategie.

3. E-Waste mit IT-Kreislaufmodellen reduzieren

Auch das Thema Hardware spielt bei nachhaltiger IT-Ausrichtung natürlich eine entscheidende Rolle – und mit ihm der sogenannte E-Waste bzw. Elektroschrott. Durch die immer kürzeren Produktlebenszyklen moderner Technik droht diese immer weiter zu steigen. Dem Sustainable IT Report von Capgemini zufolge lag seine Menge im Jahr 2019 Jahr bereits bei 53,6 Millionen Tonnen und war innerhalb von nur drei Jahren um über 20 Prozent gestiegen. Leider stiegen die Recyclingbemühungen für IT-Hardware auf Unternehmensseite bislang nicht in gleichem Maße an: Denn laut Report gaben rund 9 von 10 der befragten Organisationen weniger als 10 Prozent ihrer Hardware zurück in den Ressourcenkreislauf. Hier geht also enorm viel Potenzial verloren – wahrscheinlich vor allem durch Unwissen.

Angebote gäbe es schließlich zu Genüge: Einerseits haben die gängigen Tech-Ausstatter selbst meist Trade-in-Programme für Hardware-Komponenten aus dem IT-Bereich. Zudem gibt es Anbieter, die auf die Weitervermittlung noch hochwertiger Hardware aus Unternehmensbeständen spezialisiert ist – diese fallen nicht selten nach zwei oder drei Jahren einem Upgrade-Rundumschlag zum Opfer, obwohl sie noch einwandfrei laufen. So können nicht nur Ressourcen und Neuanschaffungskosten, sondern auch Emissionen reduziert werden: Dem Anbieter Circulee zufolge verursacht ein einziger Monitor in der Herstellung immerhin rund 420 Kilogramm CO2 – so viel wie drei Inlandsflüge. Eine nachhaltige IT-Strategie sollte daher unbedingt eine möglichst langfristige Nutzung von Hardware, die Nutzung von Second-Life-Geräten und die passende Rückführung nicht mehr nutzbarer Technik in den Ressourcenkreislauf einbeziehen.

4. Synergieeffekte von Nachhaltigkeit und Digitalisierung nutzen

Neben der Reduktion möglicher negativer Auswirkungen nutzt eine nachhaltige IT-Infrastruktur aber auch Potenziale geeignet aus. Denn eine auf die Anforderungen von Nachhaltigkeitsinitiativen vorbereitete IT-Ausrichtung kann auch andere Unternehmensbereiche ganz gezielt bei der Transformation unterstützen: Beispielsweise bei der Datenerfassung und -auswertung von Treibhausgasemissionen. Damit wird oft erst eine Bewertungsgrundlage für Reduktionsstrategien des gesamten Unternehmens geschaffen. IT-Verantwortliche können sich fragen, welche Tools und Lösungen auch in anderen Geschäftsbereichen zur Reduzierung von Emissionen und Elektroschrott beitragen bzw. die Nachhaltigkeitsperformance der Organisation vorantreiben können. Sollten Unternehmen eigene Rechenzentren betreiben, könnte künftig zudem eine Betrachtung der Abwärme, die beim Betrieb anfällt, sinnvoll sein – ggf. kann diese als Heizenergie genutzt werden. In jedem Fall wird eine langfristige, strategische Verzahnung von Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsstrategien unverzichtbar, um das Innovations- und Nachhaltigkeitspotenzial eines Unternehmens voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Fallstricke der Digitalisierung geeignet einzudämmen.

Eines lässt sich nicht von der Hand weisen: Das Themengebiet Nachhaltigkeit erfordert auch im IT-Kontext viel neues Wissen, um bestehende Strukturen hinterfragen, auf Sustainability zugeschnittene neue Antworten liefern sowie deren Potenziale geeignet miteinander verquicken zu können. Damit ist die IT-Branche nicht allein, denn wir alle müssen beim Thema dazulernen und uns neue Kenntnisse aneignen. Dass kann sich nach einer gewissen Vorleistung anfühlen, die IT-Verantwortliche zu geben bereit sein müssen. Doch das Ganze zahlt sich am Ende aus – für Wirtschaft, Planeten und Menschen gleichermaßen.

Dr. Christopher Jahns XU

Christopher

Jahn

Gründer und CEO

XU

Dr. Christopher Jahns ist Gründer und CEO des EdTech-Unternehmens XU, das gemeinsam mit ClimatePartner ein passendes Weiterbildungsangebot entwickelt hat, mit dem der erste Schritt zum nachhaltigen Unternehmenswandel gelingen kann: die XU School of Sustainability.
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