Statement

Woran es bei der Digitalisierung von Behörden krankt

Eine nachhaltige Veränderung und Digitalisierung von Ämtern und Behörden ist eine wichtige Voraussetzung, um deutsche Verwaltungen zukunftsfähig zu machen und dadurch auch mit möglichen kommenden Krisen, beispielsweise Pandemien, besser umgehen zu können.

Deutschland allerdings hinkt bei der Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung im europäischen Vergleich hinterher; gerade die letzten 1,5 Jahre haben hier viele Versäumnisse offengelegt. Das gilt für Gesundheitsämter ebenso wie für viele andere Behörden und sogar den Bundestag. Warum dies so ist, erklärt Hermann-Josef Haag, Fachvorstand Personalwesen & Public Sector der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG), anlässlich des morgigen Digitaltags 2021.

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Verwaltungen stehen grundsätzlich vor größeren Hürden als die Privatwirtschaft, wenn sie etwas umstellen wollen. Dies hat zum einen gesetzliche Gründe. Viele Gesetze sind schlicht schwer digitalisierbar, was sich gut am Onlinezugangsgesetz (OZG) beobachten lässt. Es musste dort erst einmal eine verfahrenstechnische Grundlage geschaffen werden, um Vorgänge elektronisch durchzuführen. Ein weiterer Punkt sind die komplexen Strukturen im öffentlichen Dienst, die spontane Änderungen nicht begünstigen. Es fehlen zudem Fachkräfte und die Zeit, um elektronische Verfahren einzuführen, gerade in der Hochphase der Pandemie, wo es am dringendsten notwendig gewesen wäre. Neue Technologien müssen auch ausgeschrieben werden, was schnelle Entscheidungen ebenfalls verlangsamt.

Das Image der „verstaubten“ Verwaltung kennt man natürlich auch in anderen Ländern. In Deutschland kommt nun noch der Tatbestand eines föderalen Systems hinzu. Ein Bürgeramt in Walldorf hat eigene Kompetenzen und ist nicht an Beschlüsse eines Amtes in Westfalen-Lippe gebunden. Die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Corona-Öffnungsklauseln sind ein gutes Beispiel dafür. Oder das OZG, wo man die Lebenslagen (d.h. Verwaltungsleistungen) auf alle Länder aufgeteilt hat. So gibt es aus jedem Bundesland ein Muster für eine Verwaltungsleistung, gleichzeitig arbeiten trotzdem viele Kommunen an ihrer eigenen Lösung.

Die Kleinteiligkeit der Zuständigkeiten macht es schwierig, in Fragen der Digitalisierung einen übergeordneten Konsens zu finden. Selbst auf Bundesebene, in der höchsten Instanz also, gibt es das Ressortprinzip, was einheitliche Entscheidungen extrem verlangsamt, wenn nicht sogar verhindert. Wie sollen angesichts dieses Vorbilds dann die 14.000 Gemeinden in Deutschland eine durchgängige Bürgerleistung über OZG anbieten?

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Zentrale Strategie statt hunderter kleiner Projekte

Digitalisierung ist nur dann effizient, wenn sie flächendeckend und standardisiert eingeführt wird. Man bräuchte also eine zentrale Strategie statt hunderter kleiner Projekte, von denen viele scheitern, weil sie sich aus Kosten- oder Kapazitätsgründen nicht umsetzen lassen. Dennoch ist viel geschehen: Corona war ein immenser Treiber zumindest für die grundlegende Digitalisierung in der Verwaltung. Die Pandemie hat den Finger in die Wunde gelegt und gezeigt, welcher Handlungsbedarf besteht. Die Verbreitung der E-Akte ist gestiegen, viele Verwaltungsangestellte sind inzwischen in der Lage, vom Home-Office aus zu arbeiten. Es gab auch Erleichterungen im Bereich der Vergabe. Natürlich lässt sich in einem Jahr nicht alles aufholen, was in den letzten 15 Jahren versäumt wurde. Aber die Krise hat der Digitalisierung zumindest einen gehörigen Schwung versetzt.

Was die Anwendung digitaler Technologien allerdings noch immer ausbremst, ist das Anwesenheits-Dogma, das in vielen Köpfen gerade lokaler Vorgesetzter steckt. Man könnte fast von einem Kontrollwahn sprechen. Die Denkweise des Führens ist unter Corona natürlich eine komplett andere. Man braucht viel mehr Vertrauen in die Belegschaft und sollte eher Zeit in die Optimierung von Arbeitsergebnissen stecken als Anwesenheiten zu kontrollieren. Vertrauen bedeutet auch, von gewohnten Arbeitsabläufen Abschied nehmen zu können und eben nicht immer alles auf Papier vor sich liegen haben zu müssen. Das Vertrauen in das eigenständige Arbeiten von Verwaltungskräften auf der einen sowie in elektronische Prozesse und die Technik auf der anderen Seite muss daher dringend gesteigert werden. Dazu braucht es Mut zur Veränderung. Aus diesem Grunde lautet so auch das Motto unserer diesjährigen Jahreskonferenz, der DSAGLIVE.

Innerhalb der DSAG gibt es eine Reihe von Arbeitsgruppen zum Thema „Öffentliche Verwaltung“. Ihr Ziel ist es, dass SAP seine Software im Sinne der digitalen Transformation von Behörden weiterentwickelt. Hier, und insbesondere zum Thema „Cloud in der Verwaltung“ arbeiten wir auf Augenhöhe mit SAP und öffentlichen Einrichtungen gemeinsam an Lösungen. Ganz konkret geben wir Verwaltungen zum Beispiel strategische Empfehlungen bezüglich des Cloud-Einsatzes für HCM-Lösungen und arbeiten an einem konkreten Modell, um den Cloud-Einsatz in Verwaltungen rechtssicher abzubilden.

Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector, www.dsag.de

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