Aktuell haben viele Menschen noch Vorbehalte gegenüber künstlicher Intelligenz, im Angesicht dessen haben sich einige Unternehmen auf die gezielte Unterstützung und Verbesserung grundlegender menschlicher Bedürfnisse durch KI spezialisiert, z.B. durch das Retten von Leben.
Einer der wichtigsten menschlichen Instinkte ist das Streben nach Sicherheit und Unversehrtheit. Daher war es nur logisch, dass auch der Einsatz von KI sich bald in diese Richtung entwickeln würde.
Vor einiger Zeit wurden im Automobilbereich bereits intelligente Technologien zur Vermeidung von Verkehrsunfällen entwickelt (Annäherungssensoren, automatisches Bremsen bei Kollisionsgefahr oder Alarme zur Vermeidung des Sekundenschlafs).
Inzwischen werden die sogenannten “Algorithmen der zweiten Generation” entworfen. Diese können nicht nur ein oder zwei Variablen messen (Geschwindigkeit und Entfernung zum nächsten Auto), sondern hunderte von Variablen zeitgleich analysieren. Zudem werden Beziehungsmuster gefunden, die der Mensch niemals erkennen könnte.
Kürzlich wurde ein Bilderkennungs-Algorithmus entwickelt, der in der Lage ist, mit einer Genauigkeit von nahezu 100% zu bestimmen, ob die Iris des Auges einer Person zu einer Frau oder einem Mann gehört. Das Kuriose dabei ist, dass kein Wissenschaftler oder Arzt weiß, wie genau der Algorithmus das macht. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass sich hinter den Millionen von Kombinationen von Variablen, die unsere Iris charakterisieren, ein Muster verbirgt, welches uns als Mann oder Frau identifiziert… Und allein der Algorithmus hat es gefunden.
Diese Algorithmen der zweiten Generation werden auch beim Einsatz in der Industrie die alltäglichen Entscheidungen revolutionieren. Die künstliche Intelligenz wird beispielsweise gezielte Vorarbeit für Entscheidungsträgern leisten.
Auch gibt es Industriezweige, in denen die Entwicklung der täglichen Aufgaben mit einem sehr hohen Risiko verbunden ist. Schätzungen zufolge ereignen sich allein in Europa jedes Jahr mehr als 3 Millionen Arbeitsunfälle, die mehr als 3.000 Todesfälle zur Folge haben.
Der Bereich der Rohstoffgewinnung, der Transportsektor und die Schwerindustrie sind am stärksten von diesen Unfällen bedroht. Hier ein Beispiel:
Im Bereich der Holzernte sind Unfälle nicht nur recht häufig, sondern in vielen Fällen auch schwerwiegend und können sogar tödlich ausgehen. Die Handhabung von Sägen, Kränen und anderen schweren Maschinen ist immer kompliziert. Die Risiken werden jedoch noch verstärkt, wenn Rahmenbedingungen hinzukommen, die nicht kontrolliert werden können: Die Art des Geländes, in dem die Bäume gefällt werden, dessen Neigung, die Wetterbedingungen, der Lichteinfall, die auszuführende Aufgabe, die Erfahrung der Bediener, der Zustand der Maschinen und die zuvor durchgeführten Wartungen haben einen entscheidenden Einfluss auf das Risiko jedes Arbeitsschritts.
Aber auch weniger bekannte Variablen wie der Wochentag, die Tageszeit und sogar die Reihenfolge und die Häufigkeit der zu erledigenden Aufgaben beeinflussen das Unfallrisiko.
Algorithmen der zweiten Generation sind in der Lage, Korrelationen zwischen dutzenden von Variablen zu erkennen, daraus die Unfallwahrscheinlichkeit zu ermitteln und proaktive Alarme an Sicherheitsmanager zu senden. Darüber hinaus werden mit Hilfe von Bilderkennungsalgorithmen (per Satellit oder durch Kameras oder Mobiltelefone) falsch ausgeführte Einsätze erkannt. So können die Verantwortlichen sofort vorbeugende oder auch korrigierende Maßnahmen ergreifen.
Reduktion von bis zu 50 % der Unfälle
Ein Arbeitsunfall kann enorme Betriebs- und Imagekosten mit sich führen, aber vor allem wird dadurch die Gesundheit oder sogar das Leben der Mitarbeiter gefährdet.
Es wird geschätzt, dass krankheits- und unfallbedingte Kosten 4% des globalen BIP betragen, also etwa 3 Billionen Euro pro Jahr. (ohne Berücksichtigung der Sekundäreffekte)
Das Unternehmen LIS Data Solutions, gewann mit seinen Algorithmen der vorausschauenden Wartung in der Produktion von Volkswagen den begehrten EDI-Preis (European Data Incubator), darauf basierend entwickelte es später den Algorithmus Algorithmus zur Unfallvorhersage mit einem Unternehmen der Holzbranche.
Nach Implementierung des Algorithmus konnte dort der Algorithmus fast 40% der Unfälle erkennen, die sich im Vorjahr ereignet hatten, ohne dass diese ihm vorgegeben worden waren.
Und durch präventive Maßnahmen, die nach der Implementierung des Algorithmus eingeführt wurden, konnte der Kunde die Unfälle im Vergleich zum Vorjahr sogar um über 43% reduzieren. Das klingt vielleicht nicht viel, bedeutet aber in der Praxis, dass fast jeder zweite Unfall verhindert werden konnte!
Eine der Herausforderungen, die bei der Erkennung von anormalen Ereignissen wie Unfällen immer auftritt, ist, dass die Algorithmen (glücklicherweise) nicht genügend Unfalldaten haben, um daraus alle Korrelationen zu finden. Doch genau so wie wir einem Kind beibringen, sich vom Feuer fernzuhalten, weil es sich sonst verbrennt, müssen wir den Algorithmen beibringen, welche Risiken bestehen, auch wenn sie bisher keinen realen Unfall produziert haben.
So lernt der Algorithmus und wird zusätzlich beliefert mit Erfahrungen der Mitarbeiter über grundlegende Verhaltensregeln. Der Algorithmus entwickelt sich also weiter und ist dann in der Lage, Ereignisse mit hoher Erfolgsquote vorherzusagen, auch wenn sie noch nie zuvor passiert sind.
Sobald diese Algorithmen im spezifischen Umfeld ihres Einsatzzwecks gelernt haben, kann dieses Know-How auch auf ähnliche andere Umgebungen angewandt werden. Die Algorithmen werden so immer „intelligenter“.
Mathematisches Ergebnis der Vorhersage >40% der Unfälle können vorhergesagt werden.
Echtzeit-Überwachung von Risikoaktivitäten
Neben der Vermeidung von Unfällen überwacht der Algorithmus laufend alle riskanten Aktivitäten im Unternehmen und hilft den Sicherheitsexperten, die Gründe, die einen Unfall auslösen, besser zu verstehen.
Im vorigen Fall hat LIS Data Solutions den Algorithmus auf Grundlage probabilistischer Modelle, der Untersuchung unabhängiger Variablen und Gaußschen Verteilungen entwickelt. Das Training des Algorithmus wurde mit dem Verfahren „SMOTE“ (Synthetic Minority Over-sampling Technique) durchgeführt.
Ein Algorithmus ist nur so schlau wie:
- Die Menge der Informationen, auf die er zugreifen kann
- Die Qualität der Informationen, die er analysiert
- Die Reaktionsgeschwindigkeit und das Programmier-Niveau der Datenwissenschaftler
Aus diesem Grund nutzen die Datenwissenschaftler besondere Techniken, um auch heterogene Informationsquellen erfolgreich auszuwerten. Zum Beispiel durch:
- Nutzung von Computer Vision (Satellitenbilder, Thermokameras, Mobiltelefone…)
- Anbindung von IoT (Internet of Things), Sensoren, Maschinen und Robotern
- Verknüpfung von externen Datenquellen (Open Data, Stock Data, 3PL…) und Harmonisierung und Bereinigung von Daten (MDM – Master Data Management).
“Wenn Sie denken, Bildung ist teuer – versuchen Sie es mit Ignoranz”. – Derek Bok, Präsident der Harvard University.
Genaugenommen ist jegliche Art von Lernen ein Algorithmus! Im Falle von KI handelt es sich zudem um ein Lernen, das nicht vergisst und das mit jedem Üben weiter optimiert wird.
Der Mehrwert von Künstlicher Intelligenz steht mittlerweile außer Frage. Die Frage müsste vielmehr lauten:
Wofür wollen wir es verwenden?
KI ist hier, um zu bleiben, und wenn es den Schutz von Menschenleben betrifft, ist der „Return on Invest“ unmittelbar!