KI-fähige Anwendungen können ein Unternehmen radikal verändern, aber um Mehrwert zu schaffen, müssen diese Anwendungen in die Geschäftsprozesse integriert werden und für den Endanwender intuitiv zu bedienen sein. Unternehmen übersehen oft den dafür erforderlichen Aufwand.
Die Herausforderung verstehen
Es gibt drei Hauptgründe, warum es schwierig ist, Menschen davon zu überzeugen, auf der Grundlage von KI-Vorhersagen zu agieren:
- Anwender können KI-Vorhersagen misstrauen: “Menschen denken nicht in Wahrscheinlichkeiten, sondern in den Kategorien Ursache und Wirkung”, erklärte Dr. Judea Pearl in einem Interview mit der Cambridge University Press im Jahr 2012. Seine Aussage erfasst ein kritisches Problem für die Kommunikation zu Wahrscheinlichkeit, Statistiken und Daten: Für die meisten Menschen ist es nicht selbstverständlich. Diese Herausforderung ist so groß, dass sich nach Pearl viele Experten sowie die Data Science Community mit dem Thema beschäftigt haben.
- Anwender leiden unter Informations- und Datenüberlastung: Von unseren Wearables über unsere Autos bis hin zu den Geschäften, in denen wir einkaufen – überall werden ständig große Datenmengen gesammen und geteilt. Dies stellt die Menschen vor die große Herausforderung, all die verfügbaren Informationen zu interpretieren und zu verstehen.
- Organisationen sind in einer reaktiven Vorgehensweise gefangen: Moderne Unternehmen arbeiten oft im “Feuerlöschmodus” und reagieren ständig auf Probleme, die sich aus dem hohen Arbeitstempo und -aufkommen ergeben. In einem solchen Umfeld ist es eine große Anstrengung, den Fokus der Arbeitsweise auf die Priorisierung zukünftiger Risiken zu legen anstatt sich nur auf aktuelle Themen zu konzentrieren. Diese Art von Veränderung muss sich im gesamten Unternehmen vollziehen.
Strategien: So werden Slow Adopter zu Fürsprechern für KI
Mit Hilfe von vier Schlüsselstrategien lassen sich KI-Anwendungen erfolgreich einsetzen:
Strategie 1: Die Anwender verstehen und deren Bedürfnisse abbilden
Kunden zu verstehen kann ein sehr komplexer Prozess sein. Anwender wissen oft nicht, was sie genau wollen, und die Produktentwicklung muss ihre Bedürfnisse entschlüsseln. Der erste Schritt besteht darin, potenzielle Endbenutzer der Anwendung zu identifizieren. Dies kann an sich schon eine Herausforderung sein. Für eine Anwendung für vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) können die Anwender z.B. Techniker, Ingenieure, Supply Chain Analysten und Manager sein.
Bei der Entwicklung einer einzigen Anwendung für unterschiedliche Anforderungen sollte diese effizient sein und spezifische Workflows enthalten, die für bestimmte Rollen geeignet sind. So kann beispielsweise ein Dashboard für Techniker eine leicht zugängliche Liste von Geräterisiken zusammen mit empfohlenen Ersatzteilen oder Maßnahmen zur Risikobewältigung sowie eine Historie früherer Arbeitsaufträge anzeigen. Ingenieure oder Manager hätten auf dieselben Details Zugriff, würden aber ein anderes Dashboard nutzen.
Dieses Konzept ist in der Abbildung “Wirkungsgradverlauf für Information” dargestellt. Bei Strategie 1 geht es darum, herauszufinden, welche Informationen an der Spitze der Benutzerproduktivität für jeden Benutzertyp stehen. Diese Strategie reduziert deutlich die Datenüberlastung. Erkenntnisse aus KI-Anwendungen lassen sich so vereinfachen und in einem intuitiven Format präsentieren, das die Treiber hinter der KI-generierten Vorhersage deutlich macht.
Strategie 2: Arbeitsabläufe straffen durch Integration in bestehende Systeme
Der beste Weg, KI-Vorhersagen erfolgreich einzusetzen, ist die automatische Integration in bestehende Systeme, wie z.B. Work-Order-Management-Systeme. Dies beseitigt die natürliche menschliche Unsicherheit und Skepsis gegenüber einer KI-Vorhersage.
Eine KI-generierte Risikovorhersage kann z.B. verwendet werden, um automatisch einen Arbeitsauftrag in einem Fremdsystem zu generieren. Diese Integration hilft dem Anwender im Fremdsystem, die richtige Vorgehensweise zu wählen, anstatt nur einen Hinweis auf ein Ausfallrisiko zu erhalten. Dies trägt auch dazu bei, das Machine-Learning-Modell zu verbessern, indem für jede Vorhersage Closed-Loop-Feedback geliefert wird.
Mit der Weiterentwicklung dieser Anwendungen lassen sich neue Elemente in die Arbeitsabläufe integrieren. So kann z.B. eine Anwendung für vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) in die Supply-Chain-Planung integriert werden, um die Bestellung weiterer Teile zu empfehlen und so einen Engpass zu vermeiden. Dieser optimierte Workflow führt zu weniger Ausfallzeiten und effizienteren Abläufen.
Strategie 3: Aufbau von Closed-Loop-Systemen für kontinuierliches maschinelles Lernen
Durch die Rückverfolgung einer Wartungsmaßnahme in Quelldatensysteme lassen sich die KI-Algorithmen für zukünftige Vorhersagen weiter verbessern. Ein Beispiel: Die Feedbackschleife informiert darüber, welche Maßnahme als Reaktion auf die Risikovorhersage ergriffen wurde. In diesem Fall kann das Machine-Learning-Modell lernen, welche Maßnahme als Reaktion auf diese Risikoeinstufung die geeignetste ist. Dank des geschlossenen Kreislaufs werden die Vorhersagen im Laufe der Zeit genauer.
Dieses Closed-Loop-Feedbacksystem mag theoretisch einfach erscheinen, wird aber in der Praxis oft übersehen. Durch sorgfältige Planung und Kundenworkshops lässt sich sicherstellen, dass die geschlossenen Systeme die kritischen Informationen enthalten, um nachgelagerte Aktionen und Auswirkungen zu verfolgen.
Strategie 4: Leistungskennzahlen messen, um den wachsenden Mehrwert aufzuzeigen
Der letzte Schritt für den erfolgreichen Einsatz einer KI-Anwendung ist das Messen von Key Performance Indicators, die den Nutzen belegen. Wenn diese Kennzahlen nicht im Voraus definiert werden, kann es schwierig sein, die Vorteile des Wechsels von reaktiven zu proaktiven Arbeitsabläufen zu quantifizieren. Natürlich sollten auch die Ergebnisse und die Leistung des maschinellen Lernens genau überwacht werden, aber das liegt in der Verantwortung der Data Scientists.
Wertberechnungen für relevante KPIs sollten in das Anwendungs-Dashboard integriert sein, so dass die Auswirkungen im Zeitverlauf angezeigt werden. Für eine Anwendung zur vorausschauenden Wartung in der Öl- und Gasindustrie kann das Dashboard beispielsweise Folgendes anzeigen: Zunahme des im Laufe der Zeit erzeugten Kohlenwasserstoffvolumens, Anzahl der vermiedenen Fehlerereignisse und Verringerung der Ausfallzeiten. Die Kommunikation dieser operativen Kennzahlen schafft Vertrauen in die Anwendung und zeigt den Nutzen der Umstellung auf proaktive Abläufe.
Die genannten vier Schlüsselstrategien sind essentiell für Unternehmen, die AI-Anwendungen erfolgreich einsetzen wollen. Dies gilt für die Fertigungsindustrie genauso wie für die Energiebranche oder die Luft- und Raumfahrtindustrie.
Lila Fridley ist Produktmanagerin bei C3.ai. Sie berät Kunden aus unterschiedlichen Branchen zum Einsatz von Predictive-Maintenance-Lösungen.