Die Jahrtausendwende markierte den Beginn eines regelrechten Booms im Bau von Rechenzentren in Deutschland. Viele dieser Einrichtungen sind auch heute noch in Betrieb.
Doch mit der rasanten Entwicklung der Informationstechnologie steigt der Druck, bestehende Infrastrukturen regelmäßig zu modernisieren oder durch effizientere Lösungen zu ersetzen. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind dabei zu zentralen Themen geworden. Die Minimierung des CO2-Fußabdrucks ist mittlerweile ein essenzielles Ziel bei der Planung neuer Rechenzentren. Doch auch ausgediente Datacenter stellen eine Herausforderung dar, da sie große Mengen an Hardware und Infrastruktur enthalten, die nicht einfach entsorgt werden können.
Jerome Evans, Gründer und Geschäftsführer der firstcolo GmbH, betont: „Die Verantwortung für eine nachhaltige Entsorgung und Wiederverwendung von Komponenten wächst deshalb sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht.“
Wiederverwendung und Recycling als nachhaltige Strategien
Ein nachhaltiger Umgang mit ausgedienten Rechenzentren beginnt mit der Analyse der vorhandenen Hardware. Viele Komponenten, darunter Server, Speichergeräte und Netzwerkausrüstung, sind oft noch funktionstüchtig. Eine mögliche Lösung besteht darin, diese Geräte aufzubereiten und erneut in den Markt einzuführen. „Eine Option besteht darin, diese Geräte zu ‚refurbishen‘ – das heißt, sie aufzubereiten und wieder dem Markt zuzuführen. Unternehmen, die auf kostengünstige Lösungen zurückgreifen müssen, profitieren dadurch von gebrauchten, aber technisch einwandfreien Geräten“, erläutert Evans. Um sicherzustellen, dass die aufbereiteten Geräte den erforderlichen Leistungsstandards entsprechen, sind umfassende Qualitätssicherungsmaßnahmen und Zertifizierungen notwendig.
Neben der Wiederverwendung spielt das Recycling eine entscheidende Rolle. Elektroschrott stellt eine erhebliche Umweltgefahr dar, da viele Bauteile giftige Stoffe enthalten. Daher ist es unerlässlich, dass Rechenzentren mit zertifizierten Entsorgungsunternehmen zusammenarbeiten, die über das Know-how verfügen, verschiedene Materialien sicher zu trennen und einer Wiederverwertung zuzuführen. Metalle wie Kupfer, Aluminium und Gold lassen sich aus alter Hardware gewinnen und wiederverwenden. Auch Kunststoffe und Glas können in den Recyclingkreislauf integriert werden, wodurch nicht nur der Abfall reduziert, sondern auch der Verbrauch neuer Rohstoffe gesenkt wird.
Umnutzung bestehender Rechenzentrums-Infrastruktur
Ein nachhaltiger Ansatz beschränkt sich nicht nur auf die Hardware – auch die physische Infrastruktur eines Rechenzentrums kann eine neue Nutzung erfahren. „Neben der Hardware gibt es auch die Möglichkeit, die Infrastruktur eines Rechenzentrums einer neuen Nutzung zuzuführen. Beispielsweise lassen sich die physischen Räumlichkeiten für andere Zwecke umgestalten, etwa als Co-Working-Spaces oder für die Unterbringung anderer IT-Systeme“, so Evans. Diese Umnutzung erfordert allerdings eine sorgfältige Planung sowie Anpassungen an die neuen Anforderungen, etwa hinsichtlich der Stromversorgung oder der Klimatisierung.
Zukunftsperspektiven: Edge-Computing und soziale Verantwortung
Die zunehmende Digitalisierung und der Trend zur Cloud-Technologie führen dazu, dass Unternehmen ihre eigenen Rechenzentren vermehrt durch externe Lösungen ersetzen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für ausgediente Standorte. Eine innovative Nutzung besteht darin, ehemalige Rechenzentren für Edge-Computing zu verwenden. „Edge-Computing verringert die Latenzzeiten und kann die Effizienz steigern. Dies erfordert jedoch Investitionen in die notwendige Technologie und Sicherheit, um die Datenintegrität zu gewährleisten“, erklärt Evans.
Darüber hinaus können Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen, indem sie funktionsfähige, ausrangierte Systeme dem Bildungssektor zur Verfügung stellen. Schulen, Universitäten und gemeinnützige Organisationen profitieren von gespendeter Hardware für Schulungen oder Forschungsprojekte. So geht die Verantwortung für ausgediente Rechenzentren über reine Entsorgungsmaßnahmen hinaus und trägt aktiv zur Förderung von Bildung und technologischem Fortschritt bei.
Nachhaltigkeit als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor
Ein verantwortungsvoller Umgang mit ausgedienten Rechenzentren erfordert eine ganzheitliche Strategie aus Wiederverwendung, Recycling, Umnutzung der Infrastruktur und sozialem Engagement. Auch gesetzliche Vorgaben treiben nachhaltige Maßnahmen voran. „Eine nachhaltige Planung entlang des gesamten Lebenszyklus eines Rechenzentrums ist unerlässlich, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die Datacenter-Branche ist darauf angewiesen, kontinuierlich innovative Ansätze zur Nutzung ihrer wertvollen Ressourcen zu finden und umzusetzen“, resümiert Evans. Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Interessen sind somit längst keine Gegensätze mehr, sondern gehen Hand in Hand in eine ressourcenschonende Zukunft.