Die Cloud ist aus unserem beruflichen und privaten Alltag nicht mehr wegzudenken. Eine Cloud-Infrastruktur bietet Flexibilität in der Gestaltung unterschiedlicher Services und ist dazu von jedem internetfähigen Endgerät nutzbar. Das erleichtert nicht nur die dezentrale Zusammenarbeit, sondern spart auch Server- und Hardwarekosten.
Zudem kann die Migration von Services in die Cloud die User Experience verbessern und deren CO2-Emissionen um bis zu 80 Prozent reduzieren. Immer mehr Unternehmen fahren deshalb mittlerweile eine Cloud-Only-Strategie und setzen ausschließlich auf Cloud-Lösungen.
Allerdings führt die Nutzung der Cloud zu einem erhöhten Energiebedarf. Gary Cook, Spezialist für digitale Technologien bei Greenpeace, erklärte: „Wenn das Internet ein Land wäre, würde es in der Rangliste der Stromverbraucher ungefähr den dritten Platz belegen, also direkt hinter China und den USA.“ Technologien sparen zwar Ressourcen ein, doch die Rechenzentren, in denen die anfallenden Datenmassen verarbeitet werden, sind für etwa 1 Prozent der Treibhausgasemissionen und des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. Wie hoch der Stromverbrauch für Cloud-Services insgesamt tatsächlich ist, bleibt allerdings schwer zu bestimmen. Cloud-Provider stehen vor der Herausforderung, die Emissionen ihrer Services und Infrastruktur adäquat zu erfassen. Sie benötigen dafür Techniken, Modelle und Tools, die sich bewährt haben.
Grüne Cloud: Nur mit gemeinsamer Verantwortung
Die Verantwortung, Cloud-Technologien ressourcenschonend einzusetzen, liegt indes nicht allein bei den Providern. Stakeholder erwarten von Unternehmen zunehmend, dass diese die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Umwelt berücksichtigen. Das reflektieren nicht nur die zunehmenden Investitionen in Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG), sondern eine gesetzliche Vorgabe der Europäischen Union (EU), die im Januar 2023 in Kraft getretene Social Responsibility Reporting Directive (CSRD). Die EU-Mitgliedsstaaten haben nun bis Ende Juni 2024 Zeit, diese Vorgaben umzusetzen.
Entsprechend stehen Unternehmen nicht mehr vor der Frage, ob sie ihren „technologischen“ CO2-Fußabdruck erfassen, sondern wie. Liegen ihnen diese Daten vor, können sie anschließend ressourcensparende Optimierungsmaßnahmen einleiten.
Cloud Jewels
Um die Treibhausgasemissionen der Cloud zu erfassen, muss bekannt sein, wie diese entstehen. Einige Unternehmen und Dienstleister wie Etsy befassen sich bereits länger mit den Möglichkeiten, den CO2-Fußabdruck von Cloud-Services zu erfassen. Sie kamen zu dem Schluss, dass Code und Daten die Bestandteile der Cloud sind, die CO2-Emissionen verursachen. Sogenannte Cloud Jewels können diesen Aspekt bei der Emissionsdatenerfassung der Cloud berücksichtigen. Das sind Umrechnungsfaktoren, mit deren Hilfe sich Cloud-Nutzungsinformationen in den ungefähren Energieverbrauch umrechnen lassen.
Ein solcher Parameter ist etwa der Power-Usage-Effectiveness-Wert (PUE). Dieser setzt den gesamten Energieverbrauch eines Rechenzentrums mit der Energiemenge ins Verhältnis, die für die Stromversorgung von Computern aufgewendet wird. Mit dem PUE-Wert sind grobe Bewertungen der Energieeffizienz im Rechenzentrum möglich. Das kann das Bewusstsein der Unternehmen für ihren Cloud-bezogenen Energieverbrauch erhöhen. Die Cloud Jewels geben zudem Aufschluss über die Art der Nutzung und relative Veränderungen im Zeitverlauf.
Open-Source-Tools
Es gibt Cloud-agnostische Tools, die Cloud-Emissionen regional, projekt- und zeitbezogen und je nach genutzten Dienstleistungen aufschlüsseln. Eines dieser Tools ist Cloud Carbon Footprint (CCF). Es kann mithilfe von Cloud-APIs die geschätzten CO2-Emissionen aufzeigen, die durch die Nutzung von AWS, Google Cloud Platform (GCP) und Azure entstehen. Die CO2-Fußabdrücke können zum besseren Verständnis in reale Auswirkungen wie Flüge oder gepflanzte Bäume umgerechnet werden. So können Unternehmen identifizieren, wo ihre erfolgversprechendsten Schwerpunkte in Bezug auf Umwelt und Investitionen liegen.
Als Open-Source-Tool ermöglicht CCF Unternehmen eine detaillierte Analyse der Methodik und des Programmcodes, um so die Emissionen selbst zu berechnen. Das Tool ist unter anderem bereits im Praxiseinsatz bei Energietechnologieunternehmen, Einzelhändlern und Anbietern digitaler Dienstleistungen.
Es verwendet Heuristiken, die teilweise auf den Cloud Jewels basieren, um den Energieverbrauch abzuschätzen, und öffentliche Datenquellen, um den Energieverbrauch in Emissionen umzuwandeln. Die Basis hierfür ist die Kohlenstoffintensität des zugrunde liegenden Energienetzes der Cloud-Region (GCP veröffentlicht diese Daten bereits).
In den letzten Versionen hat CCF damit begonnen, neben potenziellen Energie- und CO2-Einsparungen auch Optimierungsempfehlungen für Google Cloud und AWS einzubeziehen.
Der Faktor Mensch
Neben der verwendeten Technologie steht auch der Faktor Mensch für die grüne Cloudnutzung im Fokus. Entwicklungs-Teams haben eine wichtige Funktion inne: Sie müssen bei der Gestaltung der Cloudarchitektur und -struktur und des Codes die CO2-Effizienz als eine weitere funktionsübergreifende Bedingung berücksichtigen.
Neben den Entwickler:innen sind auch Plattform-Expert:innen gefragt. Sie verfügen über die Einblicke in bereichsübergreifende Belange der Infrastrukturen. Dadurch besitzen sie einen großen Einfluss auf die klimatische Bilanz der gesamten Strukturen und entsprechend deren zukünftiger Entwicklung. Umso wichtiger ist es, dass sie ihr Wissen aktiv für das Erreichen der Klimaziele beisteuern.
Aus DevOps wird GreenOps
Im Sinne einer grünen IT müssen Organisationen aus dem Bewusstsein, den Ideen, dem Tooleinsatz und dem Wissen der Expert:innen eine Strategie ableiten, die dauerhaft im Unternehmen verankert wird. GreenOps sollten dabei einen festen Platz in CSR-Teams haben. Zu ihrem Aufgabengebiet gehören nicht spezifische Optimierungen auf Ebene der Infrastruktur oder gar des Codes, sie definieren vielmehr die Strategie für die gesamte Organisation. Dies beginnt mit der Definition von (Klima-) Zielen, reicht über die konkrete Maßnahmenplanung bis hin zur Aufgabe, Dev- und Ops-Teams die erforderlichen Tools und Ressourcen zur Umsetzung der Strategien zu beschaffen.
Dieser strategische Ansatz hilft nicht nur dem Klima, sondern nutzt auch den Unternehmen direkt. Weniger Verbrauch von Ressourcen ist in der Regel mit geringeren Kosten verbunden, was schließlich dem gesamten Unternehmen nützt.