Gut gemeint ≠ gut gemacht: Wenn Chatbots Kunden verprellen

Im Interview erklärt Pascal von Opzeeland, CEO von Userlike, warum Chatbots immer wieder Kunden verschrecken und wie sie stattdessen zu wertvollen Helfern im Kundenservice werden können, um menschliche Mitarbeitende bestmöglich zu entlasten.

Mit welchen “Macken” verprellen Chatbots Kunden häufig?

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Pascal von Opzeeland: Häufig nutzen Unternehmen regelbasierte Chatbots, die Kundenbedürfnisse anhand vordefinierter Entscheidungspfade beantworten. Diese eignen sich bestens für das Lösen einfacher Aufgaben und Anfragen. Allerdings sind die Entscheidungsbäume dieser Chatbots begrenzt, sodass sie teils bereits simple Anfragen nicht verstehen und Unterhaltungen so ins Leere laufen. 

Doch selbst wenn Chatbots die Anfrage verstehen, antworten sie mit zu vielen Informationen oder zu langen Nachrichten. So fühlt sich die Unterhaltung nicht natürlich an und Kunden ziehen es vor, mit einem Menschen zu sprechen oder verlassen möglicherweise direkt die Website.

Auch eine unter- oder überentwickelte Persönlichkeit kann Kunden verschrecken. Sowohl ein zu kalter Bot als auch ein übertrieben lustiger kann sich negativ auf Ihre Marke auswirken. Witze oder Wortspiele sollten daher bewusst eingestreut werden, das macht den Bot sympathisch und unterhaltsam. Eine Lösung wäre beispielsweise, den Charakter des Chatbots an den Ton der jeweiligen Zielgruppe oder der Servicemitarbeiter anzupassen. Sätze und Wörter, die von Kunden und Mitarbeitern häufig genutzt werden, dienen bei der Erstellung des Bots als Inspiration für das Skript, was ihn authentisch wirken lässt. 

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Zudem sollte sich der Chatbot an das Design und an die Marke des Unternehmens anpassen. Wenn ein witziger Chatbot gut zu dem Unternehmen passt, ist es möglich, Humor gezielt einzusetzen. Namen eignen sich hierfür besonders gut. In erster Linie sollte bei der Erstellung eines Chatbots allerdings darauf geachtet werden, dass der Chatbot eine menschliche Unterhaltung nachahmen kann und intelligent wirkt. 

Woran liegt es, dass manche Kunden Chatbots nicht trauen?

Pascal von Opzeeland: Einige Menschen haben noch immer Berührungsängste mit Künstlicher Intelligenz und nichtmenschlichen Helfern und trauen ihnen nicht über den Weg. Das liegt häufig daran, dass ihr Einsatz nicht zielführend ist und teilweise für Ärger sorgt, wenn Chatbots Anfragen missverstehen. Doch unsere Erfahrung hat gezeigt, dass solche Berührungsängste immer mehr schwinden. Aus gutem Grund: Die Technologie ist ausgereifter als noch vor ein paar Jahren und Menschen erkennen ihren Nutzen an. Denn wenn der Chatbot ausgiebig getestet wurde und seine Aufgabe erfüllt, bringt er sowohl Anbieter als auch Kunden schneller ans Ziel.

Wie lassen sich solche Fehler vermeiden?

Pascal von Opzeeland: Unternehmen, die weder die Kapazitäten noch das Know-how für die Entwicklung eines eigenen Chatbots haben, können auf fertige Baukasten-Lösungen setzen. Zudem ist eine gut durchdachte Planung möglicher Konversationsverläufe essentiell. Auf Grundlage dessen lässt sich ein umfassender Entscheidungsbaum erstellen, der die wiederkehrende Kundenanfragen abdeckt. Eine der häufigsten Anforderungen, die Kunden an Chatbot-Lösungen haben, ist, dass diese bei Bedarf an einen menschlichen Mitarbeiter weiterleiten. Dieser kann bei komplexeren Anfragen übernehmen und stellt sicher, dass der persönliche Kontakt gewahrt wird. Dafür eignet sich beispielsweise die Anbindung an einen Live-Chat besonders gut.

Alles in allem lautet die goldene Regel jedoch: Testen, testen, testen! So lassen sich mögliche Fehler nacheinander ausschließen. Es ist außerdem wichtig, dass Chatbots auch nach der Implementierung lernfähig sind und von Anfrage zu Anfrage dazulernen. So werden sie automatisch besser und können Kunden in zukünftigen Unterhaltungen schneller mit den richtigen Informationen weiterhelfen.

Für welche Zwecke eignen sich Chatbots gut, für welche sind sie wiederum ungeeignet?

Pascal von Opzeeland: Chatbots eignen sich bestens, um häufig wiederkehrende Fragen zu beantworten und somit einen Teil des Kundenservices zu automatisieren. Das entlastet Servicemitarbeiter, die sich dann anderen Tätigkeiten widmen können. Auch für die einfache Begrüßung von Kunden sowie das Sammeln von Kundendetails wie Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse lassen sich Chatbots besonders gut einsetzen. Sie können Kunden entlang der gesamten Customer Journey begleiten und dem Vertriebsteam so nützliche Informationen bereitstellen.

Chatbots sind jedoch nicht für jede Situation ein angemessener Gesprächspartner. Manchmal wünschen sich Kunden persönlichen Kontakt und eine intensive Beratung, beispielsweise bei Vertragsabschlüssen. Hier sollte nach wie vor ein Mitarbeiter das Gespräch übernehmen.

Welche Tipps gibt es, um möglichst zugängliche Chatbots zu entwerfen?

Pascal von Opzeeland: Dabei hilft ein Chatbot-Baukasten. Dieser unterstützt den (anfänglichen) Prozess und bietet eine solide Basis für einen gut funktionierenden Chatbot. Verleihen Sie dem Chatbot zudem nach Möglichkeit eine Persönlichkeit, um ihn vertrauenswürdiger zu gestalten. Aber Achtung: Übertreiben Sie es nicht! Das kann, wie bereits genannt, auch zu Ablehnung führen. Zur Untermauerung der Persönlichkeit eignen sich ein Profil inklusive Persönlichkeitsmerkmalen, Profilbild und Namen, alles abgestimmt auf das Unternehmen.

Gibt es Beispiele besonders guter Bots?

Pascal von Opzeeland: Der Coronavirus-Bot der Weltgesundheitsorganisation ist ein sehr gutes Beispiel für einen Chatbot, bei dem es vor allem um den Nutzen geht. Hier handelt es sich um einen WhatsApp-basierten Bot, der entwickelt wurde, um aktuelle Informationen zum Coronavirus schnell und zuverlässig zu vermitteln. Mittels Keywords und Befehle können Nutzer verschiedene Themen wählen, um mehr Informationen über das Virus und seine Auswirkung zu erhalten. Zwar ist es nicht möglich, mit dem Chatbot eine menschenähnliche Unterhaltung zu führen. Dafür ist er jedoch rund um die Uhr erreichbar und wird ständig mit den neuesten Erkenntnissen und Infektionszahlen gefüttert.

Ein weiteres positives Beispiel ist der Chatbot “Bo” von Hermes. Bo basiert auf Künstlicher Intelligenz, lernt also stetig dazu und entwickelt sich immer weiter. Er unterstützt Kunden im Userlike Chat auf der ​​Website sowie über WhatsApp bei allen Fragen rund um die Sendungsverfolgung. Mittlerweile begleitet er sie auch entlang der kompletten Umbuchung ihres Pakets, beispielsweise um es an einen Nachbarn oder einen Paketshop umzuleiten oder er verweist Kunden bei einer beschädigten Sendung direkt im Chat auf das entsprechende Schadensformular. Eine Besonderheit ist, dass Bo ab und an sogar als “Wetterfrosch” einspringt und Kunden informiert, wenn es am Paketshop in der Nähe regnet. Wenn er einmal nicht weiterkommt, sammelt er alle nötigen Informationen und leitet die Unterhaltung an einen menschlichen Servicemitarbeiter weiter.

Pascal

von Opzeeland

CEO

Userlike

Pascal van Opzeeland ist Geschäftsführer von Userlike, einer Kunden-Kommunikationssoftware für Websites und Messaging-Apps. Seit Januar 2022 hat der Niederländer die Position seines Vorgängers und langjährigen Geschäftspartners Timoor Taufig übernommen. Zuvor befand sich van Opzeeland über zehn Jahre in der leitenden Position des Marketing-Bereiches. Das Kölner Unternehmen wurde 2011 gegründet
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