Nur wenige Branchen müssen sich derzeit so intensiv neu erfinden wie Banken und Finanzdienstleister. Einerseits ist starke Kundennähe durch ein Filialnetz notwendig, andererseits auch rasche technologische Innovationen. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Kundenverhalten sind hierbei noch nicht einmal berücksichtigt.
Self-Service-Lösungen, codefrei zu erstellende Vorhersagen sowie Modellberechnungen helfen Finanzdienstleistern dabei, sich jetzt weiterzuentwickeln und Kunden sowie Aufsichtsbehörden bestmöglich zu bedienen.
Das Kerngeschäft von Banken ist schon seit einigen Jahren unter Druck, insbesondere durch FinTech– und BigTech-Unternehmen wie Google, Amazon und weitere. Dazu kommen Neo-, Challenger- und Non-Banken wie N26 oder die russische Digitalbank Tinkoff, die auf die jüngere Generation von Konsumenten zielen. Neue Dienstleister drängen ebenfalls auf den Markt, wie das Vergleichsportal Check24, das mit C24 eine eigene Online-Bank startet. Darüber hinaus werden mobile Wallets wie ApplePay beliebter, da Anwender zunehmend mit dem Smartphone bezahlen möchten. Zudem versuchen Unternehmen verstärkt ein eigenes Kunden-Ökosystem inklusive Payment-Lösung aufzubauen, dazu zählen Supermärkte wie Lidl sowie der Zahlungsdienstleister Klarna.
Die gute Nachricht für Banken in Deutschland: im internationalen Vergleich schneiden sie recht gut ab, denn ihre Retail-Kunden verhalten sich sehr konservativ. So ist die Bereitschaft der Kunden zum Wechsel ihrer Bank extrem gering. Im Schnitt ist der Deutsche länger mit der eigenen Bank zusammen als mit dem Lebenspartner: 48 Prozent der Bankkunden sind seit mehr als zehn Jahren bei ihrer Bank, so das Ergebnis aus der Umfrage „CX-Report“ von Kantar unter deutschen Verbrauchern.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Kundenwünsche an das Banking je nach Alter extrem schwanken. So möchten die Generationen Y und Z, das entspricht Jugendlichen und Erwachsenen bis etwa Mitte/Ende 30, ihre Bankgeschäfte gerne per Smartphone erledigen. Die Generation X im Alter von Ende 30 bis Mitte 50 präferiert noch den Webbrowser am Desktop-PC für das Online-Banking. Die Babyboomer von etwa Mitte 50 bis Anfang/Mitte 60 oder noch Ältere möchten dagegen auf den persönlichen Kontakt in der Bankfiliale nicht verzichten. Dazu kommt, dass vor allem die jüngere Generation durch das Internet-Shopping an einfach benutzbare Oberflächen und eine individuelle Ansprache gewöhnt ist. So müssen Banken heute in der Lage sein, individualisierte Services zu liefern, die sich an den persönlichen Anforderungen und der Lebenssituation der Kunden ausrichten. Allerdings: laut dem CX-Report von Kantar bewerten nur noch 17 Prozent der Deutschen ihre eigene Bank als kundenzentriert.
Wie kann Data Analytics der Finanzindustrie helfen?
Banken müssen vor allem ihre Prozesseffizienz verbessern und diesmal muss dies einfach besonders schnell und konsequent erledigt werden, da das Tempo der Marktveränderungen im Vergleich zu früheren Jahren zugenommen hat. Eine schnelle Analyse etwa von Geolocation-Daten in Kombination mit Daten über die Bevölkerungsstruktur und das Einkommen ergeben zusammen wertvolle Hinweise darüber, wie sich einzelne Standorte hinsichtlich ihrer Angebote vor Ort optimieren lassen, also ob zum Beispiel mehr Mitarbeiter für eine persönliche Beratung notwendig sind, weil in einem Stadtviertel viele Rentner wohnen. Damit schnell eine Entscheidung möglich ist, beispielsweise wenn eine neue Region erschlossen werden soll, müssen auch möglichst viele Mitarbeiter in der Lage sein, solche Auswertungen eigenständig vorzunehmen.
Self-Service-Data-Analytics wird an dieser Stelle zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil. Rasch verfügbare Analysemodelle helfen dabei, sich auf zukünftige Szenarien vorzubereiten und besser zu verstehen, wie sich Kunden verhalten. So können verstärkt Kreditausfälle in einer wirtschaftlich unsicheren Region auftreten, zum Beispiel wenn bei Automobilzulieferern rund um traditionelle Standorte wie Stuttgart, Wolfsburg oder München Entlassungen anstehen. Treten viele Kunden in einem kurzen Zeitrahmen in den vorzeitigen Ruhestand, werden diese schneller auf ihre Ersparnisse zurückgreifen und langfristig angelegtes Geld vorzeitig kündigen. Solche Entwicklungen zu modellieren und verschiedene Szenarien berechnen zu können, stärkt die eigene Wettbewerbskraft. Denn wer schon heute fortgeschrittene Analysen nutzen kann, besitzt einen klaren Vorteil in der strategischen Planung.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein Beispiel für den sinnvollen Einsatz von Self-Service-Data-Analytics liefert Paychex, ein US-Dienstleister für Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Das Unternehmen führt jeden Monat für mehrere Hunderttausend Kunden zwei Dutzend Prognosemodelle durch, um Up-Sell- und Cross-Sell-Potenziale sowie Retention und Kreditrisiko zu ermitteln. Für Kunden wird zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit ermittelt, ob sie ein Produkt kaufen, den Service kündigen oder ob ein Zahlungsausfall droht. Diese Ergebnisse müssen anschließend für die jeweiligen Mitarbeiter in den Fachbereichen individuell nach ganz verschiedenen Kriterien aufbereitet werden, wie Regionen, Firmengröße und Branchen. Für die Datenanalysten ist dies eine zeitintensive Tätigkeit außerhalb ihrer Kernkompetenzen.
Durch die Nutzung einer Self-Service-Data-Plattform ist es den fachlichen Anwendern heute möglich, individuelle Modellierungs- und Kundenkriterien selbst zu erfassen und die gewünschten Prognosen durchzuführen. Die spezialisierten Data Scientists können sich so ihren Kernaufgaben widmen, während die Mitarbeiter schneller an die gewünschten Ergebnisse kommen und die vorhandenen Umsatzpotenziale ausnutzen. Der Self-Service-Ansatz lässt sich natürlich in beliebige Branchen adaptieren und trägt dazu bei, dass sich eine neue Datenkultur innerhalb einer Organisation entwickelt, sodass im Laufe der Zeit immer mehr Mitarbeiter befähigt werden, eigenständig Analysen mit aktuellen Daten durchzuführen.