Hacker als Dienstleister

Was ist ein Initial Access Broker?

Hacker

In der Cybercrime-Szene hat sich in den letzten Jahren eine Spezialisierung herausgebildet, die für Unternehmen und Organisationen weltweit eine ernsthafte Bedrohung darstellt: der Initial Access Broker (IAB).

Diese Akteure haben sich auf den Erwerb und Verkauf von Zugangsdaten zu kompromittierten Netzwerken spezialisiert und spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem moderner Cyberangriffe.

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Die Rolle des Initial Access Broker im cyberkriminellen Ökosystem

Initial Access Broker sind spezialisierte Cyberkriminelle, die in fremde Netzwerke und Systeme eindringen, Zugangsrechte etablieren und diese dann an andere Angreifer verkaufen. Sie agieren also als Zwischenhändler im Untergrundmarkt und schaffen eine Brücke zwischen verschiedenen kriminellen Akteuren. Auf der einen Seite stehen die technisch versierten Hacker, die Schwachstellen ausnutzen und Zugang zu Unternehmensnetzwerken erlangen. Auf der anderen Seite befinden sich die „Kunden“ – meist Ransomware-Gruppen, staatliche Akteure oder andere Cyberkriminelle, die diesen Zugang für ihre spezifischen Angriffsziele nutzen möchten. Durch diese Arbeitsteilung können sich beide Seiten auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, was die Effizienz im cyberkriminellen Ökosystem erheblich steigert.

Geschäftsmodell und Vorgehensweise

Das Geschäftsmodell eines Initial Access Brokers lässt sich in mehrere Phasen unterteilen. Zunächst erfolgt die Zugangsbeschaffung, bei der IABs verschiedene Techniken nutzen, um Zugang zu Netzwerken zu erlangen. Dies geschieht durch die Ausnutzung von Sicherheitslücken in öffentlich zugänglichen Diensten, Phishing-Kampagnen zum Diebstahl von Anmeldeinformationen, Brute-Force-Angriffe auf Remote-Zugänge wie VPN oder RDP, die Ausnutzung von Schwachstellen in Webanwendungen oder den Kauf von bereits gestohlenen Zugangsdaten aus Datenlecks.

Nach dem ersten Eindringen sichern die IABs ihren Zugang durch Installation von Backdoors und persistenten Zugangsmechanismen, Erstellung zusätzlicher Administrator-Konten und Einrichtung von Command-and-Control-Servern. Anschließend erfolgt eine Kategorisierung und Bewertung des erlangten Zugangs. Der Wert wird anhand verschiedener Faktoren wie Unternehmensgröße, Branche, Art des Zugangs, potenzielle Datenreichweite, geografischer Standort und vorhandene Sicherheitskontrollen im Netzwerk bestimmt.

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Schließlich werden die Zugänge auf Underground-Foren oder über verschlüsselte Messaging-Dienste vermarktet und verkauft, oft mit detaillierten „Dossiers“ über das kompromittierte Unternehmen. Die Preise für Zugänge variieren erheblich – von wenigen hundert Euro für kleine Unternehmen bis zu mehreren zehntausend Euro für große Konzerne oder besonders lukrative Ziele wie Gesundheitseinrichtungen oder Finanzdienstleister. Laut einer Studie liegt der durchschnittliche Preis für Zugangsdaten unter 2000 US-Dollar.

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Was das für die Bedrohungslandschaft bedeutet

Initial Access Broker haben die Cyberkriminalität grundlegend verändert und das „Cybercrime-as-a-Service“-Modell weiterentwickelt. Ihre Existenz hat mehrere weitreichende Konsequenzen. Sie senken die Einstiegshürden, da auch technisch weniger versierte Angreifer nun fortgeschrittene Angriffe durchführen können, indem sie einfach Zugang kaufen. Zudem führt die Arbeitsteilung zu einer höheren Spezialisierung und Professionalisierung in allen Bereichen der Cyberkriminalität.

Die Zeit zwischen Kompromittierung und tatsächlichem Angriff hat sich durch diese Entwicklung verkürzt, was zu einer Beschleunigung von Angriffen führt. Für Unternehmen bedeutet dies ein erhöhtes Risiko, da selbst kleinere Schwachstellen zu katastrophalen Sicherheitsverletzungen führen können, wenn IABs sie entdecken und ausnutzen.

Verbindung zu Ransomware-Angriffen

Besonders bemerkenswert ist die Symbiose zwischen Initial Access Brokern und Ransomware-Gruppen. Dieses „Ransomware-as-a-Service“ (RaaS) Ökosystem hat zu einem dramatischen Anstieg von Ransomware-Vorfällen geführt. Der typische Ablauf beginnt damit, dass der IAB sich Zugang zum Netzwerk eines Unternehmens verschafft. Dieser Zugang wird dann an eine Ransomware-Gruppe verkauft, die eine gründliche Erkundung des Netzwerks durchführt. Im nächsten Schritt werden sensible Daten exfiltriert, um sie später für Erpressungen zu nutzen. Anschließend wird Ransomware strategisch im Netzwerk verteilt, und das Unternehmen wird zur Zahlung eines Lösegelds erpresst. Diese Arbeitsteilung hat Ransomware-Angriffe effizienter, gezielter und damit gefährlicher gemacht.

Abwehrmaßnahmen und Schutzstrategien

Um sich vor den Bedrohungen durch Initial Access Broker zu schützen, sollten Unternehmen mehrschichtige Sicherheitsstrategien implementieren. Grundlegende Sicherheitsmaßnahmen wie regelmäßige Patches und Updates für alle Systeme, starke Authentifizierungsmethoden wie Multi-Faktor-Authentifizierung, Netzwerksegmentierung zur Eingrenzung möglicher Angriffe und Schulung der Mitarbeiter zu Phishing-Bedrohungen bilden das Fundament der Verteidigung.

Darüber hinaus sind proaktive Maßnahmen wie regelmäßige Sicherheitsaudits und Penetrationstests, Threat Hunting im eigenen Netzwerk, Implementierung von Zero-Trust-Sicherheitsmodellen und das Monitoring ungewöhnlicher Netzwerkaktivitäten essenziell. Die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit durch entwickelte und getestete Incident-Response-Pläne, den Aufbau forensischer Kapazitäten und eine verstärkte Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden ist ebenfalls wichtig.

Technische Gegenmaßnahmen umfassen den Einsatz von EDR (Endpoint Detection and Response) Lösungen, die Implementierung von Netzwerk-Monitoring-Systemen und den Einsatz von Honeypots zur Erkennung von Angreifern.

Zukunftsperspektiven

Die Rolle der Initial Access Broker wird sich voraussichtlich weiterentwickeln. Eine zunehmende Automatisierung bei der Identifikation und Ausnutzung von Schwachstellen, eine höhere Spezialisierung auf bestimmte Branchen oder Technologien sowie eine verstärkte Nutzung von KI-Technologien zur Identifikation lukrativer Ziele sind zu erwarten. Gleichzeitig dürften auch die Gegenmaßnahmen der Sicherheitsbranche zunehmen, was zu einem kontinuierlichen Wettrüsten im Cyberspace führt.

Die Bedrohung durch Initial Access Broker unterstreicht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Sicherheitsansatzes, der technische, organisatorische und personelle Aspekte berücksichtigt. Nur durch ein tiefes Verständnis der Angriffsvektoren und eine kontinuierliche Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen können Organisationen sich vor dieser wachsenden Bedrohung schützen.

Lars

Becker

Redakteur

IT Verlag GmbH

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