Logistik muss mit zahlreichen Faktoren rechnen. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz werden unterschiedlichste Dinge in einem Gesamtrahmen klug aufeinander abgestimmt. Momentan sorgen weniger neue Produktionsmaschinen für mehr Produktionsleistung und Umsatz.
Vielmehr sind Algorithmen auf der Lieferkette die wahren Tempomacher. Boris von Brevern erklärt, warum und wodurch die KI aktuell zur logistischen Schlüsseltechnologie wird.
Herausforderungen in der modernen Produktion und Zulieferung
Wie können Unternehmen hohe Gewinne erzielen? Sie müssen zur richtigen Zeit die passenden Warenmengen für eine Nachfrage herstellen. Anschließend muss das Produkt blitzgeschwind an den Kunden gehen. Um das zu schaffen, müssen sie den Einsatz ihres Personals und der vorhandenen Ressourcen permanent an neue Situationen anpassen: Sie müssen auf Lieferengpässe reagieren, die in der Praxis ständig vorkommen. Geopolitische Konflikte und Umweltkatastrophen haben zuletzt dazu geführt, dass viele Lieferregionen sogar permanent ausfallen. Unternehmen müssen einen langfristigen Ersatz für Zulieferer von dort finden oder sich auf die Suche nach einer alternativen Ressource machen. Reagieren müssen sie auch auf die Veränderung von Nachfragen am Markt. Sie müssen Preisschwankungen im Verkauf und beim Energiepreis für die Produktion mit einplanen. Auch Dinge wie Streckensperrungen wirken sich auf die Anlieferung von Materialien und die Leistungsfähigkeit beim Ausliefern aus. Ein komplexes Zusammenspiel derart unterschiedlicher Faktoren lässt sich schwer kontrollieren. Insofern jonglieren viele Unternehmen eher mit dem Chaos, als dass sie eine verlässliche Planung garantieren könnten.
Die Stärken der smarten Software bei der Steuerung von Prozessen
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz lässt sich das nicht ändern, aber schneller handhaben. Um im Bild der Jonglage zu bleiben: Für smarte Software ist es kein Problem, eine Vielzahl von fliegenden Bällen gleichzeitig zu beachten. Sie analysiert größte Datenmengen in Echtzeit. Falls einer der Faktoren ins Schlingern kommt, fällt ihr diese Veränderung auf und sie rechnet aus, was das für den Gesamtprozess bedeutet. Warum ist die KI bei der Berechnung solcher Dynamiken stärker als bisherige Software? Das hat nicht nur mit den großen Datenmengen bei der Verarbeitung zu tun. Die neue Technologie rechnet auf Basis bisheriger Muster. Im Gegensatz zur bisherigen Software ist sie jedoch nicht auf diese festgelegt. Sie erkennt neue Muster von selbst und stellt sich darauf ein. Es handelt sich um eine Software, die von sich aus lernt und die Lernergebnisse in laufende Prozesse unmittelbar einfließen lässt. Das Zauberwort an der Stelle lautet „Machine Learning“. Dank der damit verbundenen Selbststeuerungsfähigkeit und ihrer autonomen Lernmöglichkeit hilft die KI bei Prozessoptimierung und verbessert den Personaleinsatz. Sie verknüpft die Steuerung der Produktion noch enger mit der Anlieferung, aktuellen Marktsituationen und der Auslieferung. In der Sprache der Fulfillment-Experten übersetzt bedeutet dies, dass sich Produktions- und Lieferprozesse optimal skalieren lassen.
Allzwecktechnologie oder logistische Spezialunterstützung?
KI wird oftmals als „Allzwecktechnologie“ begriffen. Dieses Verständnis ist jedoch irreführend. In der Produktion nimmt die Software den Menschen nicht pauschal sämtliche Arbeit ab. Sie automatisiert jene Prozesse, die sie besser leistet und bei denen sie Menschen entlastet. Außerdem kommt sie in den Lieferketten nicht wahllos zum Einsatz, sondern an spezifischen Stellen. Auffällig ist, wie stark die Bedeutung Künstlicher Intelligenz zum Ende der Lieferketten hin zu nimmt. So haben zahlreiche Lieferungsdienste und Dienstleister im Fulfillment zuletzt ihre IT-Infrastruktur auf die Schultern einer leistungsfähigen KI gesetzt. DHL arbeitet mit „Predictive Analytics DHL“. Diese leistet eine moderne Nachfrageprognose. Sie analysiert Datensätze historischer Lieferdaten des einzelnen Kunden und hat auch saisonale Liefertrends im Blick. Außerdem fließen Informationen zur aktuellen Situation auf der Lieferroute und dem Lagerbestand ein. Der Konzern hat dieses System wiederum mit einer smarten Robotik in der Produktion verknüpft. Beim Konkurrenzunternehmen United Parcel Service (UPS) gibt es eine KI namens ORION. Sie ist auf Routenoptimierung spezialisiert. Auch auf dem globalen Seeweg setzen Auslieferer auf smarte Steuerung. Das Logistikunternehmen Maersk zum Beispiel hat die Plattform Tradelens entwickelt. Sie sammelt Daten über die Prozesse in laufenden Lieferketten und lässt diese auf Verzögerungen und Anomalien analysieren. Die Effizienz beim Ausliefern hat das deutlich verbessert.
So verbessert KI die Kundenkommunikation
Jenseits logistischer Planungsarbeit unterstützt die smarte Systemsteuerung noch eine andere Sache: Sie ermöglicht eine maßgebliche Verbesserung in der Kundenkommunikation und stärkt das Vertrauen der Käufer in das Handelsunternehmen. Beim Ausliefern reagiert sie im Fall einer Verzögerung proaktiv. Ein gut aufgebautes System informiert Kunden automatisch darüber, dass eine Lieferung erst am nächsten Tag ankommt oder dass sie auf Wunsch einen alternativen Abholort angeben können. Auf diese Weise weiß der Kunde zum einen, wo sein Paket sich bewegt. Zum anderen werden Verbraucher durch Rückmeldung und Transparenz in die Verantwortung einbezogen. Für einen informierten Kunden, der selbst entschieden hat, wie mit einer Verzögerung umgegangen werden soll, ist diese weniger schlimm. Viele Verbraucher verfolgen die Anlieferung selbst, wenn alles rund läuft. Die Paketverfolgung macht Spaß. Auch das ist eine Qualität. Kommen wir von der Auslieferung noch einmal auf die Produktion im Betrieb und den Verkauf zurück. An der Stelle behält die KI die Verkaufshistorie eines Kunden individuell im Blick. Ähnlich wie der Algorithmus sozialer Netzwerke den Nutzern gezielt Beiträge vorschlägt, die sie interessant finden, macht er auf passgenaue Warenangebote aufmerksam. Da KI in manchen Unternehmen die Preisgestaltung übernimmt, kann sie Kunden Individualangebote zum Aktionspreis anbieten. Instrumente wie diese sind beim Aufbau einer treuen Stammkundschaft enorm hilfreich.
Automatisiertes Monitoring und smarte Wartung nutzen
Zwei weitere Einsatzbereiche der KI sind die Regelung von Routineaufgaben und die Hilfe bei der Wartung. Was letztere betrifft, hat zuletzt BMW massiv umgerüstet. In der Produktion des Automobilkonzerns verfügen nicht nur Lieferfahrzeuge über die smarte Technologie. Auch die Produktionstechnik ist mit KI-gestützten Sensoren ausgestattet. Diese melden dem System permanent Leistungsdaten der Maschinen. Sobald sich Verzögerungen ergeben oder eine Wartung sinnvoll ist, erfolgt eine Meldung und die nötigen Schritte werden teils automatisch in die Wege geleitet. „BMW Predictive Maintenance“ nennt sich dieses System. Es verbessert die Effizienz in der Produktion und erhöht die Nutzungszeit der Maschinen. Neben dem Monitoring wird die KI zur Erkennung von Sicherheitslücken und von ungewöhnlichen Mustern bei der Auslieferung eingesetzt. Anhand von GPS-Daten kommt es auch manchen Betrugsversuchen auf die Spur. Auf der Ebene unterstützt die smarte Software das Risikomanagement in der Lieferkette. Insgesamt lässt sich damit sagen, dass die KI eine vielfältige Unterstützung leistet – aber in einer effizienten Infrastruktur gezielt eingesetzt werden muss.