Die Digitalisierung in Deutschlands Behörden ist in vollem Gange. Um die Angebote serviceorientierter zu gestalten, hilft ein Blick in die unternehmerische Praxis. Mit der Implementierung von erprobten Lösungen können schnelle Erfolge erzielt werden, die alle Beteiligten zufriedenstellen – Baustein für Baustein.
Die Digitalisierung öffentlicher Verwaltungen ist weit mehr als nur eine technische Modernisierung oder die Erfüllung rechtlicher oder regulatorischer Rahmenbedingungen. Sie ist notwendig, um ein neues Level an Innovationskraft im öffentlichen Sektor zu erreichen und langfristig den Aufbau agiler Strukturen zu fördern, die auf Veränderungen wie neue Gesetzeslagen, Krisensituationen oder eine steigende Nachfrage nach Online-Services rasch reagieren können.
Aber auch praktische Herausforderungen wie der Fachkräftemangel können mit digitalen Lösungen adressiert werden. Durch den Einsatz KI-gestützter Kommunikation oder anderer digitaler Lösungen könnten beispielsweise Homeoffice-Möglichkeiten für Verwaltungsangestellte geschaffen werden – was den Beruf attraktiver macht. Zudem schaffen beispielsweise KI-gestützte Analytik oder automatisierte Workflows Freiräume für die Entwicklung neuer, wirklich bürgerzentrierter Services. Denn dass die Vorlieben der Bürgerinnen und Bürger bisher zwar gesehen wurden, sie in der Umsetzung aber dennoch oft zu kurz kommen, zeigt ein Blick nach München.
Digitale Services: Da geht noch mehr!
Wer in der bayerischen Landeshauptstadt einen neuen Personalausweis beantragen muss, kann zumindest den Termin für den Antrag online buchen. Besucht man die Webseite des Kreisverwaltungsreferats, benötigt man acht Klicks, um das gewünschte Bürgerbüro und einen passenden Termin auszuwählen. Nach Eingabe der persönlichen Kontaktdaten – Name und E-Mail-Adresse sind obligatorisch – sind es weitere vier Klicks, bis der Termin final bestätigt ist. Die Aktivierung des Termins über eine zuvor erhaltene E-Mail ist bereits eingerechnet. Ist man technisch affin und kennt den Onlineauftritt der Behörde bereits, ist die Terminbuchung in fünf Minuten erledigt.
Hat man alle benötigten Unterlagen dabei, läuft der Vor-Ort-Termin zur offiziellen Beantragung des Passes in der Regel reibungslos. Abschließend erhält man neben dem Abholschein und der Rechnung auch einen gedruckten Hinweis zum Thema „Bearbeitungsstand Personalausweis/Reisepass“. Dieser erklärt, wie Bürgerinnen und Bürger den Status ihres Auftrags selbst überprüfen können – denn man erhält keine automatische Benachrichtigung von der Behörde, sobald der Pass abholbereit ist. Sobald das der Fall ist, geht das Ganze von vorn los: Denn zur Abholung benötigt man einen Termin, der wiederum über das Online-Portal gebucht werden muss. Abhängig von der Auslastung der Bürgerbüros oder der Bundesdruckerei kann es bis zu zwölf Wochen dauern, bis alle Schritte abgeschlossen sind – und dabei ist die oftmals knappe Verfügbarkeit von Terminen noch nicht berücksichtigt. Aus Bürgersicht ist dieses Vorgehen alles andere als serviceorientiert.
Selbstbild vs. Nutzererlebnis: Wie digital sind die Services wirklich?
Im Gegensatz dazu sieht sich die Stadt München laut Pressemitteilung vom 27.08.2024 auf dem Weg zur digitalen Behörde. Mehr als 187 Verwaltungsprozesse habe das Kreisverwaltungsreferat gemeinsam mit dem IT-Referat bisher digitalisiert. Prüft man das Online-Angebot des KVR, wird jedoch schnell klar, dass viele der digitalen Services nur Teilschritte abbilden – wie die oben erwähnte Möglichkeit, den Bearbeitungsstand des beantragten Personalausweises online abzufragen. Für die Nutzung der wenigen komplett digitalen Services muss in der Regel die Online-Ausweisfunktion freigeschaltet sein. Die Aktivierung dieser Funktion ist allerdings nur in der eID-Karten-Behörde möglich, der entsprechende Online-Dienst wurde bereits 2023 eingestellt. Letztlich bleibt den Bürgerinnen und Bürger für kaum eine Angelegenheit der Gang auf das Amt erspart.
Ordnen wir das Beispiel München vor dem Hintergrund des OZGs ein, mag der Fortschritt auf den ersten Blick ernüchternd wirken. Denn das bereits 2017 verabschiedete „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ verpflichtete alle deutschen Behörden dazu, ihre Verwaltungsleistungen bis 2022 auch vollständig digital anzubieten.
Digitalisierung: Immer wieder auf die Agenda setzen
Wie in München sind erste Erfolge in Form von Online-Diensten auch andernorts schon heute sichtbar. Für alle einsehbar zusammengefasst sind sie im Dashboard Digitale Verwaltung. Vollumfänglich wurde das Ziel des OZG jedoch nicht erreicht. Laut eines Artikels auf der Website des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) gestaltet sich die Umsetzung aufgrund „komplexer föderaler Strukturen, unterschiedlicher Digitalisierungsstände und einer heterogenen IT-Landschaft“ nicht ganz einfach. Daher ging das Gesetz in die Verlängerung und wurde im Juli 2024 reformiert.
Und das ist gut so, denn Digitalisierung ist kein Einmalprojekt, sie lebt durch die stete Adaption des aktuellen Standes der Technik. Wichtig ist, dass das Thema weiterhin Beachtung findet, und das hat das OZG geschafft. Denn nahezu jedes Bundesland in Deutschland treibt die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voran. Im Norden sollen sich unter anderem die Initiative „Digitales Schleswig-Holstein“ und das Programm „Digitale Verwaltung Niedersachsen“ dem Thema annehmen. Die Bundesländer im Osten Deutschlands bündeln unter der Strategie „Sachsen Digital 2030“ beziehungsweise der „Thüringer Strategie für die Digitale Gesellschaft“ ihre Bemühungen hinsichtlich einer digitalen Verwaltung. Nordrhein-Westfalen hat das Programm „Digitale Modellregion“ ins Leben gerufen, Baden-Württemberg fördert die Digitalisierung mit der Initiative „Digital@BW“, und in Bayern ist es die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0.
Best Practices als Treiber der Digitalisierung
Doch wie geht es besser? Schnelle Erfolge lassen sich durch die Adaption von Lösungen erreichen, die in der freien Wirtschaft bereits funktionieren. Um sich am Markt durchzusetzen, sind diese von vornherein nutzerzentriert aufgebaut. Schnell, barrierefrei und digital sind hier die Schlagworte. Denn auch vom Angebot von Behörden erwarten Bürgerinnen und Bürger heutzutage benutzerfreundliche Online-Portale, über die die angebotenen Leistungen bestenfalls rund um die Uhr zur Verfügung stehen.
Die in der freien Wirtschaft gängigen Prozesse 1:1 auf die Strukturen der öffentlichen Verwaltung zu übertragen, funktioniert aber nicht. Vielmehr sollte in ergänzenden Lösungen gedacht werden. Es gilt Best Practices aus der unternehmerischen Praxis zu finden, die eine konkrete Herausforderung der Behörde beantworten – solche, die Verwaltungsfachverfahren um eine zusätzliche, nutzenstiftende Komponente ergänzen. Die entsprechende Lösung kann anschließend auf die Besonderheiten öffentlicher Organe adaptiert und in bestehende Systeme und Prozesse integriert werden.
Baustein für Baustein zu mehr Nutzerzentrierung
Ein Beispiel für einen solchen Baustein ist das „Virtuelle Bürgerbüro“, das digitale Behördentermine dank einer Videokomponente möglich macht. Über die Beratungslösung, hinter der sich die Technologie Cisco Webex verbirgt, können Bürgerinnen und Bürger mit den Angestellten einer Behörde spontan und in Echtzeit in Kontakt treten. Ihre Anliegen werden dann virtuell und ortsunabhängig erledigt, ohne persönlich vorsprechen zu müssen – damit ist die Lösung eine ideale Ergänzung zu bestehenden Verwaltungsfachverfahren. Die Bürger benötigen hierfür lediglich ein Endgerät, eine eigene Webexlizenz ist nicht nötig. Das Virtuelle Bürgerbüro wurde von ACP IT Solutions AG auf die Anforderungen der öffentlichen Verwaltung adaptiert und erfüllt höchste Standards an Datenschutz- sowie Datensicherheitsstandards und Benutzerfreundlichkeit.
Nutzen Behörden mehrerer solcher ergänzenden Lösungen, ergibt sich das eingangs erwähnte Baukastenprinzip. Unabdingbar ist dabei Interoperabilität. Die einzelnen Lösungen müssen ergebnisoffen sein, damit sich die verschiedenen Bausteine über Schnittstellen, beispielsweise mit der BundID oder der eingesetzten Verwaltungssoftware, verbinden lassen. Natürlich müssen IT-Sicherheit und Datenschutz mitgedacht werden und die Lösungen müssen DSGVO konform sein. Ist das alles gegeben, lassen sich manuelle, papierbasierte Arbeitsschritte nach und nach durch elektronische, automatisierte Prozesse ersetzen – oder um nutzerfreundliche Services ergänzen. Eine höhere Bearbeitungsgeschwindigkeit, geringere Fehlerquoten und sogar gesunken Kosten können für die Behörden daraus resultieren – mehr Nutzerfreundlichkeit und weniger Bürokratie für die Bürgerinnen und Bürger.
Mehr zum Virtuellen Bürgerbüro erfahren Sie unter: acp-gruppe.com/virtuelles-buergerbuero