Dr. Stefan Heng, Senior Economist bei Deutsche Bank Research, kommt in seinem Research-Bericht „Industrie 4.0, Big Data und Cloud: Innovationstreiber von morgen” zu folgenden Ergebnissen.
Mehr als ein Drittel der deutschen Industrieunternehmen hat seit dem Jahr 2013 wenigstens eine Innovation auf Basis moderner Informations- und Kommunikationstechnologien realisiert – mit all ihren vielfältigen Ausprägungen bei der Soft- und Hardware.
Diese Zahlen präsentiert der aktuell vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte „Monitoring-Report Digitale Wirtschaft 2014“. Dabei gründeten die benannten realisierten Innovationen insbesondere auf dem Fortschritt bei der Software und den Kommunikationstechnologien. Zu diesem Ergebnis kommt speziell die „Zusatzbefragung 2014 der ZEW Konjunkturumfrage Informationswirtschaft“. So gestehen jeweils knapp drei Viertel der Industrieunternehmen insbesondere diesen beiden Bereichen eine hohe Bedeutung als Treiber ihrer Innovationen zu. Die Bereiche von IT-Hardware und Embedded Systems (also die mit eigener Rechenleistung ausgestattete Mikrosystemtechnik) folgen in dieser Befragung dann mit deutlichem Abstand.
Dagegen werden die derzeit besonders prominent herausgestellten drei Bereiche Industrie 4.0 (also die durchgehende medienbruchfreie Vernetzung der gesamten Produktion in Echtzeit), Big Data-Analyse (also die Analyse von aus zahlreichen Quellen zusammengeführten Daten) und Cloud Computing (also die flexible Bereitstellung von IT-Kapazitäten) im Kontext konkret realisierter Innovationen bislang äußerst selten als bedeutend genannt. Beispielsweise gesteht bisher lediglich jedes hundertste Unternehmen dem Bereich Big Data diese herausragende Bedeutung bei Innovationen zu.
Nichtdestotrotz kündigt die deutsche Industrie an, diese drei Bereiche bereits kurzfristig wesentlich stärker für ihre Innovationen nutzen zu wollen – eine Ankündigung, die womöglich auch der aktuellen Publizität geschuldet ist. So geben im Vergleich zu der Frage nach den realisierten Innovationen nun 4 ½-mal mehr Industrieunternehmen an, dass sie Big Data bezüglich der im Jahr 2015 anstehenden Innovationen eine hohe Bedeutung zuschreiben. Diesbezüglich sehen jeweils zwei Drittel dieser Unternehmen Cloud Computing und Industrie 4.0 als besonders bedeutend an; allerdings jeweils von einer niedrigen statistischen Basis aus gesehen.
Der „Monitoring-Report Digitale Wirtschaft 2014“ macht deutlich, dass die aktuell prominent herausgehobenen Themen Industrie 4.0, Big Data und Cloud Computing bei den konkreten Innovationen bislang tatsächlich eine recht untergeordnete Position einnehmen. Um den mit diesen Megathemen verbundenen ambitionierten Erwartungen gerecht werden zu können, braucht es also einen deutlich längeren Atem als vielfach angenommen. Das Ergebnis sollte jedoch keinesfalls dazu verleiten, Industrie 4.0, Big Data und Cloud Computing als unbedeutend für den Innovationsstandort Deutschland abzutun. Ganz im Gegenteil sollten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diese drei Bereiche mit Nachdruck weiter vorantreiben. So braucht es dringend konkrete Schritte bei den damit unmittelbar verbundenen vielfältigen Fragen; von Kontrollhoheit, Sicherheit und Vertraulichkeit über Standardisierung, bis hin zu Netzneutralität und Infrastrukturausstattung (speziell dem Ausbau moderner Strom- bzw. Kommunikationsnetze). Industrie 4.0, Big Data und Cloud Computing stehen weniger als Treiber für die heute bereits realisierten Innovationen, gewiss aber für die von morgen. Deutschland muss sich für diese Entwicklungen und Möglichkeiten wappnen.
Dr. Stefan Heng, Deutsche Bank Research