Angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels setzen Unternehmen verstärkt auf das Recruiting von Nachwuchstalenten. Dabei fällt ein wesentlicher Baustein für den Unternehmenserfolg oftmals hinten über: die Entwicklung der eigenen Mitarbeitenden. Denn in den eigenen Reihen schlummern bereits Fähigkeiten und Kompetenzen, die es gezielt weiterzubilden gilt.
Um die vorhandenen Skills zu erkennen, Wissenslücken zu schließen und die Bedarfe an den Unternehmenszielen auszurichten, müssen sich Personalentwickler aus einer Vielzahl von Daten einen objektiven Überblick verschaffen. Als vorteilhaft erweist sich für das Talent Management, vor allem die dafür vorhandenen Skills und Qualifikationen der Mitarbeiter softwarebasiert in Matrizen darzustellen.
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich in den kommenden Jahren deutlich verschärfen. Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in den Ruhestand gehen, junge Kräfte rücken in dieser Anzahl jedoch nicht nach. Das Statistische Bundesamt geht auf Datenbasis der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung davon aus, dass dem Arbeitsmarkt bis Mitte 2030 mindestens 1,6 Millionen Erwerbstätige fehlen werden. Bei niedriger Zuwanderung könnte die Zahl der Menschen im Erwerbsalter sogar um 4,8 Millionen sinken.
Unternehmen stehen aufgrund dieser Entwicklung vor der großen Herausforderung, vakante Stellen mit geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu besetzen. Allzu oft legen sie ihren Fokus dabei auf die externe Fachkräftegewinnung und investieren nicht wenig ins Talentscouting und Recruiting: Dem Recruiting Report 2022 der Berliner Personalmarktforschung index Research zufolge, beläuft sich das Recruiting-Etat bei 56 Prozent der befragten Unternehmen auf bis zu 20.000 Euro, wovon 41 Prozent in Online-Stellenanzeigen, 25 Prozent ins Headhunting und 19 Prozent ins Active Sourcing fließen. Die Entwicklung der eigenen Belegschaft steckt hingegen oftmals zurück.
Ausbildung weiterdenken und Fokus auf Personalentwicklung legen
Die Probleme, die sich Unternehmen angesichts der Entwicklung des Arbeitsmarktes stellen, sind auch hausgemachte Probleme, meint Hendrik Antz, Geschäftsleiter von perview systems und Anbieter von Software für die Mitarbeiterentwicklung. „Unternehmen schauen oft nur auf den Markt und betreiben keine Personalentwicklung“, weiß Antz aus Erfahrung. „Dabei wäre es viel sinnvoller, wenn sie sich stärker auf die Wurzeln besinnen würden.“ Denn das Ausbildungssystem in Deutschland ist sehr gut ausgebaut und trägt wesentlich dazu bei, dass die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen in Deutschland mit 5,7 Prozent deutlich unter dem EU-weiten Durschnitt liegt (dieser liegt bei 10,1 Prozent). „Aufgabe von Unternehmen muss daher sein, Ausbildung weiterzudenken und mehr in die Personalentwicklung als in die Personalgewinnung zu investieren“, meint Antz.
Doch Human Ressources (HR) genießen in etlichen Unternehmen nicht den Stellenwert, den sie angesichts der gegenwärtigen und sich künftig verschärfenden Herausforderungen innehaben müssten. Das Personalwesen wird eher als interne Verwaltungsbehörde angesehen, Personalentwicklung spielt – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle. Damit Unternehmen aber zukunftsfähig bleiben, ist hier ein Umdenken gefordert: Personalentwicklung muss Teil der Unternehmensentwicklung und Teil des Businessplans werden.
„Unternehmen müssen wissen, welche Skills sie in den kommenden Jahren brauchen werden, um im Wettbewerb bestehen zu können“, betont Antz. Dafür müssen sie herausfinden, wo sie jetzt stehen und welche Lücken es für die Erreichung des Businessziels zu schließen gilt. „Dafür brauchen sie einen strategischen Plan und der muss im Kern Personalentwicklung enthalten“, rät der Experte. Denn den Bedarf mit externen Fachkräften zu decken ist nicht nur teuer, sondern angesichts des demografischen Wandels auch immer weniger überhaupt möglich. Unternehmen müssen also vielmehr in den eigenen Reihen schauen und Mitarbeitende gezielt weiterentwickeln.
Überblick über vorhandene und fehlende Skills herstellen
Die Schwierigkeit an gezielter Personalentwicklung ist jedoch, einen Überblick darüber zu erhalten, welche Skills vorhanden sind, welche fehlen und welche Mitarbeitende überhaupt gewillt sind, sich weiterzubilden. Das Wissen darüber ist in Unternehmen hingegen durchaus existent: „Angestellte verfügen über Bildungsnachweise, sie schätzen sich in Feedbackgesprächen regelmäßig selbst ein und werden von Vorgesetzten beurteilt. Diese Daten zusammenzutragen und objektiv zu bewerten ist für die Personalentwicklung von großer Bedeutung, aber eben nicht einfach“, so Antz. Geeignete Softwarelösungen können hier maßgeblich unterstützen und die dazu vorhandenen Daten in transparente Muster zusammenführen.
Softwarebasiert kann das Personalmanagement anhand von Skill- und Qualifikationsmatrizen und Kennzahlen erkennen, welche Soft- und Hardskills im Unternehmen bereits vorhanden sind und wo Diskrepanzen zum ausgegebenen Businessplan liegen. Wo Weiterbildungsbedarfe liegen, lässt sich dann spitz für einzelne Fähigkeiten herunterbrechen. „Der Weiterbildungskatalog orientiert sich dann am tatsächlichen Bedarf und ist nicht einfach nur ein bunter Blumenstrauß“, erklärt Antz. Dabei lassen sich die Bedarfe nicht nur für bestimmte Stellen erkennen, sondern auch mit den Zielen der einzelnen Mitarbeitenden vereinbaren.
Das Management – oder sogar die Software selbst – kann so jedem Mitarbeitenden konkrete Weiterbildungsangebote unterbreiten, die sie oder ihn gezielt verbessern. Eine Software unterstützt diesbezüglich auch bei der Entscheidung, ob eher die Schwächen eines Mitarbeitenden verbessert oder die Stärken weiter gefördert werden sollten. „Das ist auch abhängig von der Stelle und den damit verbundenen Aufgaben“, so Antz. Einstellen lassen sich in einer geeigneten Software beispielsweise Mindestanforderungen an bestimmte Stellen und Automatismen, die melden, wenn bestimmte Zertifikate aufgefrischt werden müssen oder wenn sich eine Lücke zwischen vorhandenen und notwendigen Skills auftut.