Vor rund einem Jahr rüttelte der Chatbot ChatGPT mit seiner beeindruckenden Umsetzung Künstlicher Intelligenz (KI) die Medien und viele andere schlagartig wach. Unter dem Titel «Intelligence» rufen nun die Medientage München – kurz #MTM23 – die Branche zu einer Art Zwischenbilanz zusammen. Die Veranstalter erwarten ab Mittwoch (25.10.) rund 5000 Medienschaffende – die dreitägige Konferenz zählt zu den größten deutschen Branchentreffen.
Diesmal gab es beim Thema keine echte Wahl: Der digitale Wandel verändert die Branche seit Jahren permanent, nun haben ChatGPT und ähnliche Umsetzungen maschineller Lerntechnologie dabei noch einmal den Turbo gezündet. Kein Medienhaus kommt daran vorbei. Medienleute müssen sich fragen: Wie verändert sich mein Job? Wie lange gibt es ihn überhaupt noch, wenn die KI Texte und Bilder quasi selbst erzeugen kann und das in schier unendlicher Menge?
«Wir wollen bei den Medientagen aus den vielen losen Fäden rund um KI einen roten Faden machen: alle für die Medien relevanten Facetten und Implikationen gebündelt hier vor Ort», sagt Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und damit Chefaufseher der Privatsender im Freistaat. Die BLM ist eine der Hauptträgerinnen der Medientage.
Medientage-Chef Stefan Sutor ist sicher: «Momentan sehen wir nur einen kleinen Vorgeschmack von dem, was da noch kommen wird bei KI. Denn jetzt gibt es diesen neuen Zugang zur KI über die Sprache», sagt der MTM-Geschäftsführer. «Die entscheidende Frage ist: Wie geht man mit Künstlicher Intelligenz richtig um?»
Traditionell gibt es bei den Medientagen viele – manche sagen zu viele – Veranstaltungen. Ein «Gipfel» jagt im Programm den anderen – vom Auftakt mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und unter anderem dem ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke über den TV- und Audio-Gipfel bis hin zum «Journalism-Summit» beim Abschluss.
Mehr als 100 Veranstaltungen, Sessions und Masterclasses mit über 300 Podiumsgästen sollen die ganze Breite der Medien und des KI-Themas zeigen. Ein Grund der Vielfalt ist auch: Medienpolitik ist in Bayern traditionell ganz hoch angesiedelt und immer Standortpolitik – möglichst viele sollen ihre Bühne bekommen.
Dazu gehört auch Glamour: Am Vorabend empfängt Söder Vertreter der Medien in der Münchner Residenz, tags darauf wird der «Blaue Panther – TV & Streaming Award» ausgiebig gefeiert und die Verlagsbranche hat ihr Fest zum «Bayerischen Printpreis» auf den Donnerstagabend gelegt.
Trotz der vielen Feten – oder vielleicht gerade dort – wird wohl heftig gestritten bei den Medientagen: Die Auseinandersetzungen zwischen Verlagen und Öffentlich-Rechtlichen nahmen zuletzt wieder zu: Was dürfen ARD und ZDF im Netz in Konkurrenz zu privaten Medien? Wie viel Geld sollen sie künftig bekommen? Zwischendrin werden sich die Wettbewerber immer wieder versichern: Die eigentliche Konkurrenz sind Internetriesen und Plattformen wie Netflix, Amazon, Google und der Facebook-Konzern Meta.
Ganz neu: Statt am traditionellen und abgelegenen Veranstaltungsort Messegelände kommt die Branche erstmals in Münchens derzeit wohl quirligstem Szenequartier zusammen. «Wir binden den Spirit des Werksviertels und weitere Locations mit ein – bis zum Riesenrad für das Netzwerken», sagt Sutor. «Es geht um den Spirit: Da entsteht was Neues!» Zentraler Konferenzort ist das «House of Communication», ein Name als Programm.
Dort wollen die MTM «ein neues Konferenzerlebnis» bieten, verkündet Sutor. «Das wird eine ganz enge Verbindung aus Bühnen, Expo und Networking.» Auch ein Ziel: mehr Fachkonferenz, weniger kostenfreie Angebote – die bekommt nur noch der Nachwuchs. Statt der einst 7000 Teilnehmenden kalkuliert Sutor daher mit 5000 Gästen – davon aber mehr zahlende. Ein schon lange angestrebtes Ziel haben die Medientage annähernd erreicht: Fast die Hälfte der Podiumsgäste sind Frauen (47 Prozent).
dpa