Schon seit längerem geistert die Idee als bloße Theorie durch die Medien, jetzt erfolgte die Ankündigung des ersten großen Praxistests. Die Unternehmensberatung Intraprenör lädt ab dieser Woche gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation „Four Day Week Global“ Arbeitgeber*innen dazu ein, sich an ihrem Pilotprojekt zu beteiligen und dem sogenannten 100-80-100-Modell zu folgen: 100 Prozent Leistung bei 100 Prozent der Bezahlung in 80 Prozent der Zeit.
Besonders jüngere Arbeitnehmer*innen gelten der Idee der Vier-Tage-Woche gegenüber als aufgeschlossen. Doch stimmt das überhaupt – und sind sie damit allein? Diese und weitere Fragen hat SD Worx, führender europäischer Anbieter von HR-Lösungen, in einer Studie unter 4.833 Arbeitgeber*innen und 16.011 Arbeitnehmer*innen in 16 europäischen Ländern untersucht.
Das Klischee der faulen Gen Z bestätigt sich hierzulande nicht
Angehörige der Alterskohorte der in Deutschland berufstätigen Unter-25-Jährigen, die gesammelt zur Gen Z zu zählen sind, gehören laut der Studie tatsächlich entgegen gängiger Klischees zu denjenigen Berufstätigen, die am meisten arbeiten: Insgesamt 78,6 Prozent aller Befragten dieser Gruppe arbeiten mindestens fünf Tage pro Woche, davon 49,1 Prozent exakt fünf Tage. Der letztgenannte Wert ist bei älteren Jahrgängen mit im Schnitt um die 75 Prozent zwar weit höher – aber das liegt daran, dass fast 30 Prozent der Generation U25 sogar an mehr als fünf Tagen in der Woche für seine*n Arbeitgeber*in tätig ist. Dieser Wert ist unter allen Altersgruppen mit Abstand am höchsten, unter den Älteren tut sich im Schnitt nicht einmal jede*r Zehnte eine Sechs- oder gar Sieben-Tage-Woche an.
Doch wie viele Tage wollen jüngere Arbeitnehmer*innen in Deutschland tatsächlich arbeiten? 27 Prozent sehen ihr Maximum bei 40 Stunden pro Woche erreicht, 8,3 Prozent erst bei 40 – zusammengezählt, abgesehen von den 40- bis 44-jährigen Befragten, der höchste Wert aller Altersgruppen. Nach der minimalen Arbeitszeit gefragt, geben 21,8 Prozent der Befragten eine gewünschte Mindestarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche an – damit sind sie Spitzenreiter*innen.
Deutsche Arbeitgeber*innen sind nicht mehrheitlich abgeneigt
Wie sieht es auf der Seite der Arbeitgeber*innen aus? Eine der Sorgen, die sich häufig in den Medien geäußert findet, bezieht sich auf die Produktivität der Arbeit. Tatsächlich stimmen der Aussage, die Produktivität würde von der Reduzierung der Arbeitszeit profitieren, nur etwas mehr als ein Drittel (35,7 Prozent) der Befragten zu – allerdings weisen sie auch nur 25,1 Prozent ausdrücklich zurück. Mit beiden Werten liegen die deutschen Arbeitgeber*innen unter dem europäischen Durchschnitt (38,6 Prozent positiv gegenüber 21,7 Prozent negativ). Am ehesten können sich Befragte in Spanien der Aussage anschließen (46,9 Prozent), die deutlichste Ablehnung erfährt sie in Belgien (29,7 Prozent).
Zum Vergleich: 69,7 Prozent der deutschen Arbeitnehmer*innen unter 25 gehen davon aus, dass die Produktivität nicht leidet, 27,9 Prozent können es sich zumindest vorstellen – mit zusammengenommen 97,6 Prozent eine überwältigende Mehrheit. Der letztgenannte Gesamtwert fällt dabei übrigens in keiner anderen Altersgruppe unter die Marke von 78 Prozent, die deutlichste Ablehnung der Aussage findet sich unter den über 60-Jährigen mit 21,7 Prozent.
Mit dem Gedanken, eine Vier-Tage-Woche tatsächlich einzuführen, spielten in Deutschland 29,7 Prozent der Arbeitgeber*innen. Auch hiermit liegen sie unter dem europäischen Schnitt von 34,6 Prozent und sehr deutlich hinter Spitzenreiter Kroatien mit 57 Prozent, dem einzigen Land mit einem Wert von über 50 Prozent. Eine Mehrheit an Gegner*innen der Idee findet sich nur in Belgien mit 51,6 Prozent.
Die Frage nach der Alternative
Doch ist das einleitend vorgestellte 100-80-100-Modell die einzige denkbare Variante? Tatsächlich nicht. 40,2 Prozent der deutschen Befragten unter 25 wären bereit, vier Tage lang zu arbeiten, aber dies dafür 10 Stunden täglich, 35,8 Prozent unter keinen Umständen. Am ablehnendsten äußern sich zu dieser Frage die 55-59-Jährigen mit 32,7 Prozent, die größte Zustimmung äußern die 45-49-Jährigen mit stolzen 52,3 Prozent. Die Generation U25 liegt hier mit ihrem durchschnittlichen Standpunkt also nicht im Extrem.
„Unsere Studie zeigt: Die Vier-Tage-Woche ist bei jüngeren Arbeitnehmer*innen durchaus gefragt, aber das Klischee, dass sie weniger arbeiten wollen als ältere Berufstätige, lässt sich nicht bestätigen“, sagt Tanja Büchsenschütz, People Director bei SD Worx Deutschland. „Arbeitgeber*innen müssen nicht einmal fürchten, dass die Vier-Tage-Woche auch zwingend eine Reduzierung der Wochenstunden bedeutet, und können also durchaus auf die Leistungsbereitschaft von Neueinsteigern bauen. Das ist eine gute Nachricht – und steht absolut im Einklang mit dem Trend hin zu ‚Fluid HR‘: Hin zu einer besseren Work-Life-Balance und Flexibilität, was es letztlich auch Arbeitgeber*innen erleichtert, im War on Talent die Oberhand zu behalten.“
Über die Studie
SD Worx, ein europäischer HR-Dienstleister, setzt sich dafür ein, die Bedürfnisse des Unternehmens, der Personalabteilung und der Mitarbeiter perfekt aufeinander abzustimmen, um den Erfolg und das nachhaltige Wachstum in Unternehmen zu fördern. Durch umfangreiche Umfragen sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern erhält das Unternehmen Einblick in Erkenntnisse, Meinungen und Überzeugungen zur Arbeit und dem Arbeitsmarkt. In diesem Jahr konzentriert sich die Umfrage auf drei übergreifende Themen: Digitalisierung, Talent und Flexibilität. Im Februar 2023 erhob SD Worx Daten in 16 europäischen Ländern, darunter Österreich, Belgien, Kroatien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Norwegen, Polen, Spanien, Schweden, Schweiz, Niederlande und Großbritannien. Insgesamt wurden 16.011 Arbeitnehmer und 4.833 Arbeitgeber befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet, um eine verlässliche Darstellung des Arbeitsmarktes in jedem Land zu gewährleisten.
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