Unsere heutige Arbeitswelt ist umkämpfter denn je, doch von einem Gut haben alle zu wenig: Zeit. Eine neue Studie hat nun erstmals beziffert, welche Geldsummen Unternehmen durch fehlgeleitetes Teamwork verloren gehen. Sven Peters, DevOps Advocat von Atlassian, sieht das Hauptproblem in einem missverstandenen Umgang mit den zahlreichen Tools, die Unternehmen einkaufen.
Ständig pingt und leuchtet es auf dem Bildschirm auf, E-Mails und Chat-Nachrichten verlangen nach Aufmerksamkeit, der x-te Videocall des Tages steht an und auch das Smartphone meldet beständig die Ankunft wichtiger (und weniger wichtiger) Neuigkeiten. Für die Konzentration sind all diese Unterbrechungen tödlich – und kosten Unternehmen bares Geld: Laut einer aktuellen Studie sind es pro Jahr 58 Milliarden Euro! Zum Vergleich: Dies entspricht fast dem diesjährigen Umsatz von Unternehmen wie Audi oder Siemens.
Es wäre jetzt leicht, den Wissensarbeiter die Schuld an der Situation zu geben. Schließlich sind sie es doch, die sich so leicht ablenken lassen und dann Zeit benötigen, um sich wieder zu fokussieren. Doch das eigentliche Problem liegt an anderer Stelle: Unternehmen sammeln immer mehr Tools an, scheitern aber daran, sie intelligent einzusetzen – nämlich so, dass sie tatsächlich ein Benefit für Mitarbeiter sind. Ein neues Chat-Tool vereinfacht nicht etwa die Kommunikation zwischen Mitarbeitern, sondern sorgt einfach nur dafür, dass noch mehr Nachrichten auf noch mehr Kanälen hinzukommen. Das kann nicht Sinn der Sache sein!
Viel hilft viel? Fast nie
Führungskräfte und Manager sollten die Ergebnisse der Studie dringend zum Anlass nehmen, die Arbeitsweise ihres Unternehmens einmal auf den Prüfstand zu stellen. Wer verliert schon gerne Geld durch ineffiziente Prozesse und Systeme?
Der Blick sollte sich dabei stark auf die Zusammenarbeit richten, schließlich ist sie ein entscheidender Faktor für nahezu alle Unternehmen heutzutage. Erfolgreiche Kollaboration erreicht man aber eben nicht durch eine möglichst hohe Anzahl an Tools (im Gegenteil), sondern dadurch, dass einige wenige Tools sinnvoll genutzt werden. Wichtig dabei: Es wird von Team zu Team Unterschiede geben; was bei einem Team funktioniert, wird bei einem anderen womöglich spektakulär scheitern. Top-down-Vorgaben sind deshalb nicht der richtige Weg. Stattdessen brauchen Teams und sogar die einzelnen Mitarbeiter den Freiraum, um verschiedene Lösungen auszuprobieren. Was passt, wird behalten, was nicht passt, wird verworfen.
In diesem Zusammenhang sollten Führungskräfte sich auch mal fragen, was es überhaupt heißt, produktiv zu sein. Trotz aller Veränderungen der letzten Jahre, scheint sich ein Irrglaube hartnäckig zu halten: Viele Arbeitsstunden = hohe Produktivität. Zeit als Gradmesser passt aber nicht mehr in die heutige Arbeitswelt. Abendliche Überstunden sind nicht der Weg zum Erfolg und zu gewinnbringender Arbeit. Effizienter ist es eher, sich aktiv eine Auszeit zu blocken, in der man hochkonzentriert an den richtigen Dingen arbeiten kann. Ganz nach persönlichem Biorhythmus kann hier auch die Uhrzeit eine entscheidende Rolle spielen – und auf eine asynchrone Koordination mit den Kolleg*innen zu setzen. So wird Zeit irrelevant, denn wenn die Arbeit gut(!) gemacht ist, weil die richtigen Voraussetzungen bestanden, werden direkt viele unnötige Arbeitsschritte eingespart, um die Ziele zu erreichen. Und ist das nicht viel erstrebenswerter als 40-, 45-, 50-Stunden Wochen?
Zeit für Veränderungen
So sehr sich die Arbeit selbst in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat, so sehr stecken wir bei vielem drumherum noch immer im Mindset von vor 50 oder gar 100 Jahren fest. Aber wir können das ändern! Und um nicht nur die Zustände zu beklagen, sind hier noch zwei Tipps für eine moderne, wirklich produktive Arbeitskultur:
1. Attention Management: Um all die täglichen Ablenkungen auszublenden – einschließlich kleiner, nicht dringender Aufgaben – kann es helfen, wenn sich das Team regelmäßig auf sein übergeordnetes Ziel besinnt, etwa im Teamcall oder indem es im Slack-Channel steht. Auch den eigenen Status kann man entsprechend zu Fokuszeiten umfunktionieren, um hoch konzentriert arbeiten zu können. Die Definition wichtiger Zwischenergebnisse hilft Teams außerdem auf Kurs zu bleiben und trägt zu einer ergebnisorientierten Arbeitsweise bei. Bei dieser Art der Zusammenarbeit geht es weniger darum, Prioritäten zu setzen, als vielmehr Regeln für die genutzten Tools aufzustellen: Wann muss es ein Videocall sein, wann wird asynchron gearbeitet, ohne dass es zu einer Überflutung an Benachrichtigungen kommt? Wie soll ein gemeinsamer (virtueller) Arbeitsbereich für alle angenehm und so transparent genutzt werden, dass keine Meetings für bloße Updates mehr von Nöten sind?
2. Time Management: Natürlich muss sich jeder Mitarbeiter selbst organisieren und seine Zeit einteilen. Aber das heißt nicht, dass Manager dabei nicht unterstützen können. Das gelingt zum einen, indem sie in stressigen Phasen bei der Priorisierung der Aufgaben helfen. Zum anderen können sie verschiedene Zeitmanagementstrategien mit ihren Mitarbeitern ausprobieren, um wegzukommen vom Multitasking, dem Löschung kleinerer, unbedeutender Feuer und der Informationsflut. Sprechzeiten für die Kolleg*innen einführen, Terminblocker in Outlook anlegen oder auch allein die Präsenzzeit im Büro aktiv für Gruppenaufgaben vorsehen – all das sind potenzielle Lösungen, die im Team und individuell funktionieren können. Als möglichen Startpunkt hier ein kurzes Quiz, um die individuell beste Lösung herauszufiltern. Aber wie immer gilt: Trial and Error!
atlassian.com