Der deutsche Behördendschungel belastet Start-ups schwer: 57 Prozent der Gründerinnen und Gründer haben in der Startphase ihres Unternehmens den administrativen und zeitlichen Aufwand bei staatlichen Stellen als zu hoch empfunden. Kein anderer Teil der Unternehmensgründung wird als so aufwendig beurteilt.
Die Entwicklung von Geschäftsidee und Businessplan nahm zum Beispiel nur jede/r Fünfte als problematisch wahr, die Suche nach dem Unternehmensstandort sogar nur jede/r Siebte. Vor allem Firmen mit einem digitalen Schwerpunkt haben unter der Bürokratie gelitten (67 Prozent). Das geht aus der Studie „Gründungsklima in Deutschland“ im Auftrag von Baulig Consulting hervor, für die 300 Personen befragt wurden, die in den vergangenen fünf Jahren ein Unternehmen gegründet haben.
Schon im Vorfeld der Gründung haben sich 17 Prozent der Befragten Sorgen gemacht, ob sie alle erforderlichen Behördengänge ohne Weiteres bewältigen können. Konkret bestand das größte administrative Hindernis in der fehlenden digitalen Abwicklung mit Ämtern – 63 Prozent der Gründerinnen und Gründer bemängeln die analogen Prozesse deutscher Behörden. Besonders oft klagen darüber Befragte mit einem digitalen Geschäftsmodell (davon 69 Prozent). Auch die fehlende Vernetzung der zuständigen Stellen stößt sauer auf: 59 Prozent mussten die gleichen Anfragen an mehrere Ämter stellen. Unternehmen mit digitalem Schwerpunkt betraf dies zu 72 Prozent.
Lange Bearbeitungszeiten und unklare Zuständigkeiten bremsen Gründungen aus
Hinzu kommt: 57 Prozent der Befragten wurden durch lange Bearbeitungszeiten massiv bei ihrer Gründung beeinträchtigt. Als weitere Hindernisse nennen 49 Prozent den Umfang der vorzulegenden Unterlagen, 47 Prozent die Anzahl der aufzusuchenden Ämter und 46 Prozent die fehlende Klarheit bei Zuständigkeiten und erforderlichen Schritten bei Behörden.
„Die Studie zeigt, dass viele Gründerinnen und Gründer staatliche Stellen nicht als Unterstützung empfinden, sondern als Belastung“, sagt Markus Baulig, Co-Gründer und Geschäftsführer von Baulig Consulting. „Dabei ist gerade in der Startphase Förderung für Unternehmen enorm wichtig. Start-ups brauchen von den Behörden in erster Linie mehr digitale Angebote, mehr Vernetzung und kürzere Entscheidungswege. Diese Schritte sind dringend nötig, um Gründende zu ermutigen statt zu demotivieren.“
Gründende aus Süd- und Ostdeutschland klagen besonders stark über Bürokratie
Vor allem sind die Gründenden in Süd- und Ostdeutschland an den staatlichen Stellen verzweifelt: Bei nahezu allen Prozessen der Unternehmensgründung fühlten sie sich von der Bürokratie stärker beeinträchtigt als die Befragten im Norden und in der Mitte der Bundesrepublik. Besonders auffällig ist das bei den Hindernissen durch fehlende Vernetzung der Ämter und Behörden. Während 71 Prozent der ostdeutschen und 66 Prozent der süddeutschen Gründerinnen und Gründer sich dadurch behindert fühlten, gilt das nur für 54 Prozent der Norddeutschen und sogar lediglich für 50 Prozent der Befragten aus der Mitte des Landes.
„Die Unterschiede zwischen den Regionen sind alarmierend.“, stellt Markus Baulig fest. „Umso wichtiger ist eine koordinierte Digitalisierungsoffensive für ganz Deutschland. Bund, Länder und Kommunen müssen sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen – damit der Gründungserfolg künftig nicht mehr damit zusammenhängt, wie kundenfreundlich das örtliche Gewerbeamt ist.”
Über die Studie
Für die Studie „Gründungsklima in Deutschland“ wurden im Auftrag von Baulig Consulting bundesweit 300 Personen befragt, die in den vergangenen fünf Jahren ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen gegründet haben. Das Institut für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) hat die Umfrage im Januar und Februar 2022 telefonisch durchgeführt.
www.bauligconsulting.de