Jedes Unternehmen ist von den Entscheidungen seiner Kunden abhängig: Kaufen sie? Senden sie zurück? Empfehlen sie weiter? Dies beeinflusst wichtige Kennzahlen wie Umsatz, Retourenquoten, Nutzung von Self-Services oder Weiterempfehlung. Jedes Unternehmen hat also ein Interesse daran, dass Kundenentscheidungen optimal getroffen werden können.
Mittlerweile besteht ein sehr tiefes wissenschaftliches Verständnis darüber, wie Menschen Entscheidungen treffen. Manche mag es überraschen: zu 95 % intuitiv – und damit unbewusst. Diese intuitiven Entscheidungen basieren auf tief in uns verwurzelten Entscheidungsmustern, sogenannten Behavior Patterns.
Jeder kennt das Beispiel: Beim Gang über die Straße sehen wir zwei Leute, die nach oben blicken. Was tun wir automatisch? Wir blicken auch nach oben – ohne uns bewusst dafür zu entscheiden. Dieses Behavior Pattern nennt man Gaze Cueing und es ist nur eines von weit über 100 wissenschaftlich validierten Mustern. Wir von der Digitalberatung elaboratum haben uns darauf spezialisiert, diese Muster im digitalen Kontext so umzusetzen, dass Kundenentscheidungen möglichst intuitiv ablaufen können und so eine optimale Kundenerfahrung entlang der gesamten Customer Journey gestaltet wird. Diese Methodik nennen wir PsyConversion.
Aus den Erfahrungen aus mehr als 80 PsyConversion-Projekten in unterschiedlichsten Branchen haben wir in diesem Artikel vier wesentliche Tipps zur Optimierung der Customer Journey auf Basis von verhaltenspsychologischen Erkenntnissen zusammengestellt.
Grafik 1: Die PsyConversion®-Pyramide: Unternehmenserfolg hängt wesentlich von Kundenentscheidungen ab. Kundenentscheidungen basieren auf Behavior Patterns.
Tipp 1: Entscheidungsmuster der Kunden verstehen
Wenn Kundenentscheidungen überwiegend intuitiv sind und auf der Basis bekannter Muster, den sogenannten Behavior Patterns, entstehen, sollten wir diese kennen, um systematisch gute Entscheidungssituationen zu gestalten. Um dies strategisch zu tun, müssen zudem zunächst die Unternehmensziele klar sein. Dann können unternehmensrelevante Entscheidungssituationen gezielt so gestaltet werden, dass Kunden die Entscheidungen einfacher treffen können. Denn: Je schwerer dem Kunden seine Entscheidung fällt, desto frustrierter ist er und desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass er den Vorgang abbricht. Das ist sowohl für Kunden als auch für Unternehmen schlecht. Wird der Kunde jedoch bei seiner Entscheidung durch den Einsatz von Behavior Patterns unterstützt, verbessert das nicht nur die Conversion, sondern stärkt auch die Kundenerfahrung mit dem Unternehmen.
à Nutzen Sie die Verhaltenspsychologie in Form der Behavior Patterns, um Customer Touchpoints für den Kunden intuitiv und damit angenehm zu gestalten. Dies sollte immer iterativ erfolgen in der Reihenfolge Umsetzen, Messen und Lernen.
Tipp 2: Den Kunden kennen
Schaffen Sie sich eine Datengrundlage zum Verständnis Ihrer Kunden, die u.a. die Nutzungszahlen der für Sie wesentlichen Services, aber auch die Bedürfnisse und Werte des Kunden beinhalten sollte. Erstellen Sie daraus eine Marketing- oder Nutzer-Persona, die Sie im Unternehmen kommunizieren können. Für die Identifikation der für Sie relevanten Kundenentscheidungen ist es häufig zielführend, zwischen Kundensegmenten zu differenzieren und exakt zu ermitteln, welche Segmente mit welchen Bedürfnissen den größten Einfluss auf Ihre Zielerreichung haben.
à Definieren Sie möglichst präzise, für wen Sie ihre Customer Journey optimieren wollen.
Tipp 3: Die Reise des Kunden kennen
In jeder Customer Journey gibt es so genannte Engpässe. Das sind die Stellen, an denen der Kunde nicht weiterkommt, weil er nicht optimal entscheiden kann. An diesen Stellen besteht die größte Gefahr, den Kunden zu verlieren. Deshalb sollte auch zuerst an den Engpässen in der Customer Journey mit der Optimierung mithilfe von Behavior Patterns angesetzt werden. Entscheidend ist es also, die aktuelle Journey nach Engpässen zu analysieren. Weiterhin kann es sein, dass sogar Touchpoints fehlen oder zu viele davon vorhanden sind. Wichtig ist auch, KPIs entlang der Journey zu definieren und Ziele für diese zu setzen. Nur so kann die optimierte Variante später gegenüber der ursprünglichen bewertet werden.
à Klären Sie, wo Ihr Kunde heute auf seiner Reise nur schwer entscheiden kann und damit in Gefahr läuft, sie abzubrechen.
Grafik 2: Behavioral Customer Journey Design
Tipp 4: Die Bedürfnisse des Kunden kennen und für die des Unternehmens nutzen
Unternehmensziele stimmen nicht immer zwangsläufig mit den Zielen der Kunden überein. Ein Beispiel: Die Erhöhung der Registrierungsquote. Wenn wir genau auf die Kundenbedürfnisse blicken, können wir versuchen, Unternehmensziele über die Erfüllung dieser Bedürfnisse zu erreichen. Klingt schwierig? Nehmen wir den Fall von Fluglinien. Der Kunde hat das Bedürfnis, einfach und schnell seinen Flug einchecken zu können. Die Airline will, dass das im Self-Service erfolgt. Die Lösung sind auf Kundenbedürfnisse hin gestaltete Apps, die zwar eine Registrierung erfordern, aber einen erheblichen Mehrwert für den Kunden darstellen. Eine Win-win-Situation.
à Gleichen Sie in jedem Schritt der Journey die Bedürfnisse des Kunden mit denen des Unternehmens ab und finden Sie Wege, diese in Übereinklang zu bringen.
Die ethische Seite des Behavioral Customer Journey Designs
Ob Behavioral Customer Journey Design nun ethisch vertretbar ist oder nicht, ist ein wichtiges Thema, das wir in allen Kundenprojekten adressieren: Mit PsyConversion® haben Unternehmen ein mächtiges Tool zur Hand – missbrauchen sie es, ist die Gefahr groß, dass sich der Kunde mittelfristig abwendet. Unternehmen können mittel- bis langfristig nur erfolgreich sein, wenn das Interesse des Kunden ehrlich sowie eindeutig im Vordergrund steht. Es führt kein Weg daran vorbei, die Kundeninteressen deutlich in den Unternehmenszielen zu verankern. Es gilt also, Entscheidungssituationen so zu gestalten, dass das Interesse des Kunden und das Interesse des Unternehmens in Einklang stehen.
Dr. Eric Eller ist Senior Consultant bei elaboratum, www.elaboratum.de
Rainer Volland ist Managing Partner bei elaboratum, www.elaboratum.de