In vielen Unternehmen läuft bereits eine signifikante Anzahl an Prozessen automatisiert ab. Üblicherweise dienen diese bislang der reinen Dunkelverarbeitung, also dem Business Process Management (BPM). Durch die Einführung von Robotic Process Automation (RPA) kommt zusätzlich eine weitere Komponente der Automatisierung ins Spiel.
„Solange RPA den Arbeitszeiten und Geschwindigkeiten eines menschlichen Kollegen entspricht und damit den Backendprozessen nicht in die Quere kommt, besteht kein Risikopotenzial. Verändern sich diese Parameter jedoch, so können sich RPA und eine bereits existierende Automation gegenseitig beeinträchtigen. Das wird beispielsweise durch nächtliche Abarbeitung von Frontendprozessen, die sich mit den Batchabläufen im Backend überschneiden, ausgelöst oder tritt ein, wenn die Bearbeitungsgeschwindigkeit von Frontendprozessen sich durch die Automatisierung drastisch erhöht“, erklärt Alexander Steiner, Chief Solution Architect der meta:proc GmbH.
Nutzen und Wirkung
Kommt RPA zum Einsatz, übernehmen Software-Bots die Bedienung von Benutzeroberflächen der typischen Applikationen eins zu eins von ihrem menschlichen Vorbild. Hierbei kann es sich um lineare sowie komplexe Geschäftsprozesse handeln. Auf allen Oberflächen des Computers arbeiten die virtuellen Kollegen so integrierend und anwendungsübergreifend mithilfe von Programmierschnittstellen, User-Interface-Automation sowie automatischer Bild-, Muster- und Texterkennung ihre Aufgaben ab: rund um die Uhr und mit einer Fehleranfälligkeit gegen null. „RPA dient also dazu, die sich wiederholende Arbeitsabfolge – einen oder mehrere Ausschnitte des übergreifenden Gesamtprozesses – an sich zu optimieren“, fasst Steiner zusammen. Beim Business Process Management stehen die Neubewertung von Geschäftsprozessen und ihre Optimierung mit eher IT-typischen Mitteln im Fokus. Von einer Dunkelverarbeitung ist hier die Rede, da eine Manuellbearbeitung in diesem Zusammenhang umgangen werden soll. So lassen sich mithilfe von BPM langfristig sehr stabile und robuste Prozessoptimierungen erzielen. Bei beiden Methoden kommen softwaregestützte Techniken zum Einsatz.
Ungleiches Duo
Bei erweitertem Verständnis des Begriffs RPA bezieht die Automation auch Prozessschritte mit ein, die eine direkte Interaktion mit Backendsystemen verlangen und damit über das Frontend, also den Desktop und die darauf installierten Apps, hinausgehen und in die besagte Dunkelverarbeitung hineinspielen. „Laufen zum Beispiel nachts Stapelverarbeitungen im Unternehmen, können parallel aktive Automationen am Frontend Probleme und Fehler verursachen“, so der meta:proc-Experte weiter. Klassischerweise führen Betriebe Prozesse wie allgemeine Datenabgleichsarbeiten oder den Massendruck von Bescheiden beziehungsweise Mahnungen in Dunkelverarbeitung durch. Auf diese Weise sollen Verarbeitungszeiten reduziert und Bearbeitungsqualitäten bei standardisierten Vorgängen gesteigert werden. „Greift allerdings ein RPA-Bot auf Daten zu, die sich in der Dunkelverarbeitung befinden und somit noch unvollständig sind – oder umgekehrt –, kommt es im schlimmsten Fall zur massenhaften Falschausgabe der Produkte beziehungsweise Prozesse“, warnt Steiner. Zudem kann die Datenkonsistenz durch solche Überschneidungen nachhaltig beeinträchtigt werden.
Vorausschauendes Orchestrieren essenziell
Nach erfolgreicher Einführung bedienen RPA-Bots die für einen Prozess erforderlichen Applikationen genauso wie ihr menschliches Vorbild: Sie kommunizieren mit allen erforderlichen Systemen, holen die relevanten Informationen ein und ändern entsprechende Daten – bei Bedarf rund um die Uhr. Um auszuschließen, dass sich Frontend- und Backendautomation in die Quere kommen, müssen vor der Einführung von RPA sämtliche Geschäftsabläufe genau betrachtet werden. Welche Prozesse führt das Unternehmen aus? Auf welche Daten greifen die Systeme zu? „Diese Fragen gilt es unter anderem vorab zu klären, um alle Abläufe und Automatisierungen zu orchestrieren. Zudem muss sichergestellt werden, dass bei der der Modifizierung einzelner Automatisierungsprozesse nicht am Frontend vorbei agiert wird“, erläutert Steiner.
Solange sich die Rahmenparameter zur Ausführung der Frontendprozesse nicht verändern, agieren Front- und Backendautomatisierung im Allgemeinen unproblematisch nebeneinander. Streben Nutzer eine engere Verzahnung beider Bereiche an, empfiehlt sich jedoch der Schulterschluss zwischen dem Verantwortlichen der Frontendautomationen – in der Regel der Fachbereich – und der IT, die typischerweise für die Automatisierung der Backendprozesse verantwortlich zeichnet. Erste Bestrebungen, BPM und RPA zu einem hybriden Produkt zu verschmelzen, existieren bereits und würden Anwendern zukünftig bei der Einführung von Automatisierungen deutliche Erleichterung verschaffen.
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