Agiles Vorgehen in Projekten gilt derzeit als Trendthema. Statt Projekte „en bloc“ zu planen und umzusetzen, gehen Teams in kleinen Schritten vor, stark selbstorganisiert und in enger Abstimmung mit Kunden.
Dieses agile Management hält Projekte flexibel, beschleunigt sie und macht sie vor allem kundenorientiert. Was Fachleute derzeit feststellen: Viele Unternehmen brechen zu schnell in die agile Welt auf. Sie täten besser daran, zunächst mit einem Pilotprojekt Erfahrungen zu sammeln.
Eine „Kurzanleitung“ für den Start in die agile Welt
Das mittelständische Unternehmen verordnete sich völlig neues Projektmanagement. Nach der Sommerpause sollten, so der Plan, Projektteams agil arbeiten. Selbstorganisierten Teams würden besonders eng mit Kunden zusammenarbeiten und Projekte Schritt für Schritt voranbringen. Alles hochflexibel, um Kundenwünsche künftig besser umzusetzen, schneller zu werden und komplexe Vorhaben zu meistern. Doch nach einem halben Jahr zog der Geschäftsführer die Notbremse. Statt loszusprinten traten die Teams auf der Stelle. „Wir sind zu schnell in die agile Welt aufgebrochen“, erkannte der Geschäftsführer. Später (und gut vorbereitet) startete sein Unternehmen erneut in die agile Welt: Dieses Mal bedacht und mit einem gründlich vorbereiteten Pilotprojekt. „So konnten wir Erfahrungen sammeln und uns ans agile Management herantasten“, sagte der Geschäftsführer.
Mehr Flexibilität bei Projekten, schneller Produkte und Lösungen entwickeln, Komplexität bewältigen und Kundenwünsche besser erfüllen – dies versprechen sich viele Unternehmen vom agilen Projektmanagement. Indes, je mehr Unternehmen überhastet auf den fahrenden Zug aufspringen, desto mehr legen einen Fehlstart hin.
Zwei häufige Fehler beobachtet Projektmanagement-Expertin Heidi Seidl von der Unternehmensberatung next level consulting (Wien).
- Erstens, Unternehmen versuchen die agile Methodik ihrem kompletten Projektmanagement überzustülpen. „Agiles Projektmanagement ist mehr als eine Methodik“, erklärt Heidi Seidl, „dahinter steht eine Haltung, die auf Werten wie etwa Respekt, Offenheit, Mut, Commitment und Fokussierung ruht.“ Der Start in die agile Welt ist also mit einem Kulturwandel verbunden.
- Zweitens, Unternehmen stellen sofort eine große Zahl ihrer Projekte auf „agil“ um. Dies überfordert die Organisation. „Viel sinnvoller ist es, zunächst bei einem Pilotprojekt Erfahrungen zu sammeln“, sagt die Expertin, „so könne das Unternehmen den eigenen ‚agilen Kontext’ finden und seine Mitarbeiter an die agile Haltung heranführen.“ Heidi Seidls Strategie für den Aufbruch in die agile Welt:
1. Schritt: Finden Sie den Sponsor und ein Team von Freiwilligen!
Wählen Sie ein Projekt aus und geben Sie ihm einen Sponsor, also jemanden, der die Initiative ergreift und das Projekt von außen vorantreibt. Diese Sponsoren stellen die Ressourcen für das Projekt bereit. „Sie bauen die benötigten Kompetenzen im Team auf“, beschreibt Heidi Seidl die zentralen Aufgaben. Wichtig: Der Sponsor stellt ein crossfunktionales Team zusammen – also besetzt mit Mitgliedern, die möglichst unterschiedlichen Disziplinen entstammen und ihre Aufgaben aus verschiedenen Fachrichtungen betrachten. Durch diese fachliche Vielfalt gewinnt das Team an innerer Dynamik. Und: Optimalerweise sollten diese Teammitglieder freiwillig den neuen, agilen Weg mitgehen.
2. Schritt: Rollen im Team besetzen
Agile Teams arbeiten inhaltlich selbstbestimmt. Hinsichtlich ihrer Vorgehensweise binden sie sich aber an einen Rahmen mit methodischen Werkzeugen und festen Arbeitsschritten. Rollen im Team sind Teil dieses Rahmens. Aufgabe des Sponsors: Er benennt den sogenannten Product Owner sowie den Scrum Master. Die Zuständigkeiten: Der Product Owner vertritt im Team den Kunden sowie externe Interessengruppen („Stakeholder“). Mit ihnen steht er im ständigen Austausch. Er setzt im Team Prioritäten und wacht darüber, dass die Ziele der Kunden und Stakeholder umgesetzt werden. Anders der Scrum Master: Er behält Methodik und Vorgehensweise im Auge. Er prüft, ob sein Team im vereinbarten Rahmen arbeitet und beispielsweise tägliche Meetings („daily stand-ups“) durchführt. „Für diese Aufgaben sollten Mitarbeiter sorgfältig qualifiziert werden“, erklärt Heidi Seidl, “kaum jemand wird ad hoc solche Rollen übernehmen können.“