Menschen mit Sehbehinderung stehen im Alltag oft vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, sich in unbekannter Umgebung sicher fortzubewegen.
Ein neues Navigationssystem, das gemeinsam von der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) und der Shanghai Jiao Tong University entwickelt wurde, verspricht nun deutliche Erleichterung. Die Lösung basiert auf künstlicher Intelligenz und einem ausgeklügelten Zusammenspiel aus Kameraüberwachung, Bildanalyse und haptischem Feedback (via Pressetext).
Technologie mit Durchblick
Herzstück des Systems ist eine Kamera, die kontinuierlich die Umgebung des Nutzers erfasst. Eine speziell entwickelte Software wertet die Bilddaten in Echtzeit aus, erkennt potenzielle Hindernisse und verarbeitet diese Informationen zu konkreten Navigationshilfen. Dadurch wird ein möglichst sicherer und barrierefreier Weg ermittelt – sogar in bisher unbekanntem Terrain.
Haptisches Feedback statt Stock oder Hund
Ein besonders bemerkenswertes Element des Projekts ist das taktile Rückmeldesystem. Die Nutzer tragen ein Gerät am Handgelenk, das mit künstlichen sensomotorischen Häuten ausgestattet ist. Diese erzeugen spezifische Vibrationsmuster, die je nach Richtung und Situation variieren und damit eine Art „gefühlte Navigation“ ermöglichen. So werden auch Hindernisse berücksichtigt, die sich nicht direkt auf dem Weg befinden, sondern seitlich davon.
Das System wurde unter realitätsnahen Bedingungen getestet – sowohl in simulierten Umgebungen als auch im echten Alltag. Neben humanoiden Robotern kamen dabei auch blinde und sehbehinderte Personen zum Einsatz. Die Resultate zeigen deutliche Fortschritte: Die Probanden konnten sich effizienter orientieren, Hindernissen gezielter ausweichen und Aufgaben wie das Greifen eines Objekts oder das Durchqueren eines Labyrinths besser bewältigen.
Ein wesentlicher Vorteil gegenüber bisherigen Lösungen liegt in der intuitiven Bedienbarkeit. „Die Integration akustischer und haptischer Signale verbessern die Benutzerfreundlichkeit und die Funktionalität von Assistenzsystemen für Blinde und Sehbehinderte deutlich“, erklärt Leilei Gu von der Shanghai Jiao Tong University. Frühere Systeme seien zwar technisch vergleichbar, aber in der Praxis zu kompliziert – sie fanden daher kaum Anwendung. Das neue System hingegen erfordert nur eine kurze Eingewöhnungszeit und ist im Alltag problemlos einsetzbar.
Ein Schritt in Richtung selbstbestimmter Mobilität
Mit dieser Entwicklung rückt ein Ziel in greifbare Nähe, das viele Betroffene seit Langem verfolgen: mehr Unabhängigkeit und Sicherheit im öffentlichen Raum. Die Kombination aus KI, Bildanalyse und feinfühligem Feedbacksystem könnte schon bald zum festen Bestandteil moderner Mobilitätslösungen für sehbehinderte Menschen werden.