Quantum Leap

Die Qubits-Revolution aus Deutschland

Würfel stehen für Qubits

Während Microsoft von einer Million Qubits träumt, liefert das deutsche Startup eleQtron bereits heute. CEO Jan Leisse erklärt im Interview, warum ihre MAGIC-Technologie mit Ionenfallen den entscheidenden Vorsprung bringt.

Herr Leisse, Microsoft hat mit Majorana-1 große Ankündigungen gemacht. Wie schätzen Sie das ein?

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Jan Leisse: Microsoft ist ein Schwergewicht im Quantencomputing, und es ist gut, dass sie die Technologie weiterentwickeln. Aber zwischen einer wissenschaftlichen Publikation und einem funktionierenden Quantenprozessor liegen Welten. Es gibt noch keine unabhängige Reproduktion ihrer Ergebnisse, und es ist unklar, wie skalierbar ihr Ansatz ist. Das ist ein wichtiger Punkt, denn Skalierbarkeit ist der Schlüssel zur industriellen Nutzung von Quantencomputern.

eleQtron setzt auf Ionenfallen. Warum ist das die bessere Wahl?

Jan Leisse: Ionenfallen bieten von Natur aus identische Qubits mit extrem hoher Präzision. Das vermeidet viele Herausforderungen, die andere Technologien haben. Microsofts topologische Qubits sind faszinierend, aber sie beruhen auf hochkomplexen Materialkombinationen, die erst noch ihre praktische Tauglichkeit beweisen müssen. Wir hingegen betreiben heute bereits Multi-Qubit-Quantenprozessoren mit unserer MAGIC-Technologie.

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Sie sprechen von industrieller Anwendbarkeit. Wie nah sind wir daran?

Jan Leisse: Wir sind noch nicht so weit, aber kommen jeden Tag näher! Wir arbeiten mit Forschungseinrichtungen wie dem Forschungszentrum Jülich zusammen, um hybride Quanten-Supercomputer zu bauen, die bereits in wenigen Jahren in der Industrie zum Einsatz kommen sollen. Und letztes Jahr haben wir im Auftrag des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums den ersten komplett in Deutschland entwickelten Quantencomputer-Demonstrator eingeweiht. Das zeigt, Europa muss hier nicht aufholen – wir sind schon da.

Microsoft hat erklärt, dass sie in wenigen Jahren einen skalierbaren Quantenprozessor mit einer Million Qubits bauen wollen. Klingt das realistisch?

Jan Leisse: Theoretisch ist das möglich, aber die technische Umsetzung eine große Herausforderung. Die nächsten Schritte müssen sein, Quanteneffekte wie Superposition und Verschränkung zwischen mehreren Qubits zu zeigen – und das in einem stabilen, skalierbaren System. Wir haben diesen Schritt bereits geschafft.

Welche konkreten Anwendungen sehen Sie für Quantencomputer in naher Zukunft?

Jan Leisse: Quantencomputer sind besonders gut für Probleme geeignet, die von Natur aus „quantennah” sind, wie etwa Materialforschung, Wirkstoffforschung, aber auch komplexe Optimierungsprobleme. In der Logistik können sie helfen, Lieferketten effizienter zu gestalten und Kosten zu senken. In der Pharmaindustrie können sie die Entwicklung neuer Medikamente erheblich beschleunigen, indem sie molekulare Wechselwirkungen auf einer Ebene simulieren, die klassische Computer nicht erreichen. Auch für den Finanzsektor sind sie spannend, etwa für die Risikoanalyse und Portfolio-Optimierung. Darüber hinaus sind sie in der Materialforschung unverzichtbar, wenn es darum geht, neue Batterietechnologien oder effizientere Solarzellen zu entwickeln.

Deutschland und Europa investieren stark in Quantencomputing. Reicht das aus?

Jan Leisse: Wir haben große Fortschritte gemacht und in den letzten Jahren ein international kompetitives Ökosystem geschaffen. Wir dürfen hier aber nicht nachlassen. Die Haushaltsprobleme bestimmen die politische Debatte. Ich wünsche mir, dass neue Technologien wie Quantencomputing eine wichtige Rolle bei der Schwerpunktsetzung der kommenden Bundesregierung spielen werden. Die USA und China setzen massiv auf strategische Förderung, während es in Europa oft noch zu viel Bürokratie gibt. Wir dürfen hier nicht in neue Abhängigkeiten geraten. Ein Beispiel, von dem Deutschland lernen kann: Frankreichs Präsident Macron lädt Quanten-Startups in den Elysée-Palast ein, um die Bedeutung der Technologie zu unterstreichen. Wir brauchen hierzulande auch solche Signale.

Also fordern Sie mehr politische Unterstützung?

Jan Leisse: Ja, aber nicht nur finanzielle Förderung. Wir brauchen auch schnellere Entscheidungsprozesse, bessere Rahmenbedingungen für Risikokapital und mutige Industriepartner, die nicht erst warten, bis alles fertig ist. Quantencomputing wird ein Milliardenmarkt. Die Frage ist: Wollen wir ihn dominieren oder nur beobachten?

eleQtron hat in der Vergangenheit bereits mit Unternehmen wie Infineon kooperiert. Welche Rolle spielen Partnerschaften für Ihre Entwicklung?

Jan Leisse: Eine entscheidende. Unsere Kooperation mit Infineon zeigt, dass etablierte Industriekonzerne großes Interesse an unserer Technologie haben. Gemeinsam arbeiten wir an Quantenprozessoren mit hoher Leistungsfähigkeit, die sich für reale Anwendungen in der Wirtschaft eignen. Solche Partnerschaften sind essentiell, um die Skalierbarkeit und industrielle Nutzbarkeit unserer Technologie weiter voranzutreiben. Auch unsere Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich ist richtungsweisend, da wir gemeinsam die Integration von Quantencomputern in klassische Supercomputer vorantreiben.

Was unterscheidet Ihre Technologie von anderen Quantencomputing-Ansätzen?

Jan Leisse: Unsere MAGIC-Technologie ist einzigartig. Anstatt Qubits mit Lasern zu steuern, setzen wir auf Mikrowellentechnologie, die eine präzisere und skalierbarere Steuerung ermöglichen. Dadurch sind unsere Systeme robuster gegenüber Umwelteinflüssen und kosteneffizienter. Zudem setzen wir auf eine modulare Architektur, sodass unsere Quantencomputer mit den Anforderungen der Nutzer mitwachsen können. Ein weiterer Vorteil unserer Ionenfallen-Technologie ist die natürliche Fehlertoleranz. Während andere Systeme komplexe Fehlerkorrekturen benötigen, sind unsere Qubits von Natur aus stabiler, was einen entscheidenden technologischen Vorsprung bedeutet.

Gibt es bereits kommerzielle Anwendungen für Quantencomputer?

Jan Leisse: Ja, einige Unternehmen testen bereits erste Algorithmen auf Quantencomputern. Besonders im Bereich der chemischen Industrie gibt es große Fortschritte, den Hardwarehunger früherer Algorithmen und Anwendungsfälle drastisch zu reduzieren. Beispielsweise könnten neue Katalysatoren entwickelt werden, die chemische Reaktionen effizienter und umweltfreundlicher gestalten, wenn man einige tausend hochqualitative Qubits hat. Auch die Finanzbranche untersucht derzeit, wie Quantencomputer Risikoanalysen und Betrugserkennung verbessern können. In den kommenden Jahren werden wir erleben, wie Quantencomputer in immer mehr Sektoren Einzug halten.

Abschließend: Wo steht eleQtron in fünf Jahren?

Jan Leisse: Wir werden einen marktfähigen Quantencomputer bereitstellen, der in der Industrie echten Mehrwert bringt. Unsere Technologie ist präzise, skalierbar und erprobt. In fünf Jahren wird sich zeigen, welche Plattformen sich durchsetzen. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Ionenfallen-Technologie dazu gehören wird. Zudem wollen wir Deutschland und Europa als führende Standorte für Quantencomputing etablieren – sowohl technologisch als auch wirtschaftlich. Unser Ziel ist, führender Anbieter in Europa für skalierbare Quantencomputer zu werden.

Herr Leisse, vielen Dank für das Gespräch!

Jan Leisse

Jan

Leisse

Geschäftsführer

eleQtron GmbH

Jan Leisse ist Geschäftsführer der eleQtron GmbH und Diplom-Ingenieur mit zusätzlichem MBA. Er hat langjährige Erfahrung im Turnaround-Management und Corporate Development und war zuvor Geschäftsführer beim Maschinenbauspezialisten Albrecht Bäumer. Mit seinem prozessorientierten Arbeiten ist er die treibende Kraft hinter dem schnellen Wachstum von eleQtron.
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