Ein vernetztes Zuhause, in dem verschiedenste Geräte und Systeme miteinander verbunden sind und kommunizieren, ist längst keine Science Fiction mehr. Smart Homes sind im Trend. Mit der gestiegenen Relevanz wachsen allerdings auch die Verlockungen für Kriminelle.
Im vergangenen Jahr häuften sich in den USA Sicherheitsvorfälle mit Saugrobotern von Ecovacs. Was genau ist da passiert und was bedeutet das für die Millionen von Smart-Home-Besitzern weltweit?
1. Die Ecovacs-Vorfälle – Ein Weckruf für Smart-Home-Besitzer
Im letzten Jahr ereigneten sich innerhalb von kurzer Zeit in den USA mehrere auf den ersten Blick kuriose, aber alarmierende Sicherheitsvorfälle, die Schwachstellen in Smart-Home-Geräten auf drastische Art und Weise offenlegten.
Der Anwalt Daniel Swenson beispielsweise musste miterleben, wie sein Roboterstaubsauger plötzlich ein Eigenleben entwickelte. Während er mit seiner Familie fernsah, begann das Gerät, rassistische Beleidigungen auszustoßen. “Es war, als hätte jemand eine kaputte Radioverbindung – man konnte Fragmente einer Stimme hören”, beschrieb Swenson die surreale Situation. Auch mit einem Reset der App gelang es Swenson nicht, die Kontrolle über das Gerät zurückzugewinnen.
Kein Einzelfall. In verschiedenen US-Städten berichteten Nutzer von ähnlichen Erfahrungen. In Los Angeles etwa jagte ein gehackter Deebot X2 einen Hund durch das Haus, während er laute Beschimpfungen von sich gab.
Auf die Vorfälle aufmerksam gewordene Experten für IT-Sicherheit entdeckten kritische Sicherheitslücken in Ecovacs Roboterstaubsaugern, insbesondere im Modell Deebot X2-Omni. Diese Schwachstellen ermöglichten es Hackern, die vollständige Kontrolle über die Geräte zu erlangen – von der Steuerung der Bewegungen bis hin zum Zugriff auf die integrierten Kameras und Mikrofone.
Warum diese Vorfälle alle Smart-Home-Nutzer angehen
Die Ecovacs-Vorfälle sind ein Weckruf für viele Smart-Home-Fans gewesen, das Bewusstsein für die Gefahrenlage, die sogenannte Security Awareness, ist deutlich gewachsen. Und auch bei den Herstellern im Smart-Home-Sektor sollten die Alarmglocken klingeln, denn die entdeckten Schwachstellen sind kein Einzelfall sondern symptomatisch.
- Bluetooth-Schwachstellen: Hacker konnten die Geräte aus einer Entfernung von bis zu 130 Metern über Bluetooth angreifen.
- Mangelhafte PIN-Sicherheit: Die PIN-Codes, die den Zugriff auf Kamera und Steuerung schützen sollten, waren leicht zu umgehen.
- Fehlende Aktivitätsanzeigen: Die Geräte gaben keine Hinweise darauf, wenn Kamera oder Mikrofon aktiv waren.
- Unzureichende Verschlüsselung: Gespeicherte WLAN-Zugangsdaten und andere sensible Informationen waren nicht ausreichend geschützt. Im Ernstfall können sich Angreifer so Zugang nicht nur zu einzelnen Geräten, sondern dem gesamten Netzwerk verschaffen. Damit sind auch Computer und Smartphones im Netzwerk nicht mehr sicher, Daten können manipuliert, gestohlen oder komplett gelöscht werden. Datenrettungsexperten können zwar gelöschte Bilder wiederherstellen und auch Dokumente und Datenbanken müssen nicht verloren sein. Aber schon diese kleine Aufzählung zeigt:
Sicherheit steht bei Smart-Home-Geräten zu oft nicht an erster Stelle. Wenn Verbraucher damit rechnen müssen, dass potentiell jedes vernetzte Gerät in ihrem Zuhause – vom Thermostat bis zur Türklingel – ein Einfallstor für Hacker sein kann, verliert der Traum vom smarten Heim seine Anziehungskraft.
2. Nicht nur Staubsauger sind gefährdet: Von Thermostaten bis hin zu smarten Türschlössern
Die Sicherheitsrisiken im Smart Home gehen weit über Staubsaugerroboter hinaus. Und sie sind auch bei anderen Geräten und Systemen längst mehr als graue Theorie.Ein Fall aus dem Jahr 2023 zeigte, wie eine Sicherheitslücke in Smart Locks, die doch eigentlich erhöhte Sicherheit vor Einbrüchen versprechen, es Angreifern ermöglichte, die Schlösser aus der Ferne zu öffnen.
Smarte Thermostate könnten manipuliert werden, um extreme Temperaturen einzustellen und Schäden zu verursachen.
Vernetzte Überwachungskameras können, statt vor Einbrüchen zu schützen, zum Ausspionieren genutzt werden.
Smart-Speaker wie Amazon Echo oder Google Home bergen das Risiko, als Abhörgeräte missbraucht zu werden. Forscher haben demonstriert, dass diese Geräte sich so manipulieren lassen, dass sie dauerhaft aufzeichnen.
Besonders besorgniserregend sind Sicherheitslücken in Geräten für Kinder. Ein Fall aus Deutschland zeigte erst 2024, wie eine beliebte Smartwatch für Kinder aufgrund mangelhafter Verschlüsselung leicht abgehört werden konnte.
Datenschutzbedenken entstehen auch durch die schiere Menge an gesammelten Daten. Viele Smart-Home-Geräte speichern detaillierte Informationen über die täglichen Gewohnheiten ihrer Nutzer, die weit über ihren eigentlichen Zweck hinausgehen.
Obwohl viele smarte Geräte sich primär an Heimanwender richten, haben sie längst auch in Unternehmen Einzug gehalten. Hier können Sicherheitslücken Folgen haben, die Tausende betreffen und letzten Endes die wirtschaftliche Existenz bedrohen. In der Sicherheitsstrategie von Unternehmen sollte dieser Faktor nicht unter den Tisch fallen – und beispielsweise im IT-Notfallplan behandelt werden.
3. Herstellerverantwortung vs. Nutzerverantwortung
Die anfängliche Reaktion von Ecovacs auf die Sicherheitsvorfälle kann nur als unzureichend bezeichnet werden. Zunächst versuchte das Unternehmen, die Risiken herunterzuspielen. Erst im November 2024, nach öffentlichem Druck, veröffentlichte Ecovacs einen detaillierten Sicherheitshinweis und leitete konkrete Maßnahmen ein, darunter Sicherheitsupdates und proaktive Nutzerbenachrichtigungen.
Hersteller müssen Sicherheit von Beginn der Produktentwicklung an priorisieren, regelmäßige Sicherheitsaudits durchführen und schnelle Update-Mechanismen bereitstellen. Transparente Kommunikation bei Sicherheitsvorfällen ist unerlässlich.
Die EU hat mit dem Cyber Resilience Act (CRA) neue Standards gesetzt, die als Vorbild für globale Regelungen dienen könnten. Diese umfassen Sicherheit durch Design, kontinuierliche Risikobewertung und eine 10-jährige Updatepflicht für Hersteller.
Aber natürlich tragen auch Nutzer Verantwortung für die Sicherheit ihrer Smart-Home-Geräte. Folgende einfache Maßnahmen machen bereits einen großen Unterschied:
- Passwort-Hygiene: Verwenden Sie für jedes Gerät ein einzigartiges, komplexes Passwort. Nutzen Sie Passwortmanager zur sicheren Speicherung.
- Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA): Aktivieren Sie 2FA für alle Geräte und Dienste, die diese Option anbieten. Bevorzugen Sie App-basierte Authentifikatoren.
- Regelmäßige Updates: Aktivieren Sie automatische Updates wo möglich und überprüfen Sie regelmäßig manuell auf Updates für Geräte ohne diese Funktion.
- Netzwerksegmentierung: Trennen Sie Ihre Smart-Home-Geräte vom Hauptnetzwerk, indem Sie ein separates Gäste-WLAN einrichten oder VLANs nutzen.
4. Die Zukunft des sicheren Smart-Homes
Die Ecovacs-Vorfall haben exemplarisch gezeigt, wie sich Sicherheitslücken ganz praktisch auswirken können. Die Forderung, dass “Security by Design” zum Standard in der Branche werden muss, sind seitdem lauter geworden.
Zukünftige Technologien wie KI-basierte Sicherheitssysteme, Blockchain für IoT (Internet of Things) und Quantenverschlüsselung versprechen verbesserte Sicherheit für Smart Homes.
Dennoch: Der wichtigste Faktor für die Sicherheit des Smart Homes wird der Bewohner bleiben. Bleiben Sie informiert, hinterfragen Sie die Sicherheitspraktiken der Hersteller und führen Sie regelmäßige “Sicherheits-Checks” durch.