Fachkräfte sind immer weniger bereit, bei der Jobsuche lang auf die Entscheidung des Unternehmens zu warten. Noch vor einem Jahr wurden langwierige Recruiting-Prozesse eher akzeptiert als heute.
Das zeigt die Arbeitsmarktstudie des Personaldienstleisters Robert Half, für die 1.102 CFOs in Kontinentaleuropa und UK befragt wurden. Fast zwei Drittel (63 %) der Befragten stellen fest, dass die Geduld der Bewerber abnimmt. „Komplizierte Bewerbungsprozesse und die gestiegenen Ansprüche der Kandidaten führen dazu, dass es länger dauert, bis die Entscheidung für einen Bewerber fällt. Das Risiko dabei: Oft springen die besten Kandidaten bereits zu einem früheren Zeitpunkt ab“, erklärt Robert Szvetecz, Country Manager bei Robert Half in Wien.
Qualität der Neueinstellungen sinkt durch zu lange Bewerbungsprozesse
Unternehmen sollten ungeduldige Bewerber als Hinweis darauf verstehen, dass ihre Recruiting-Prozesse optimiert werden sollten. Hauptgrund für die sinkende Bereitschaft, länger auf Rückmeldung eines Unternehmens zu warten, ist eine Einstellungsveränderung bei den Kandidaten. Das bestätigen fast zwei Drittel der befragten CFOs (62 %), die zustimmen, dass Bewerber ungeduldiger werden. „Immer häufiger erhalten Bewerber ein Gegenangebot ihres bisherigen Arbeitgebers oder haben sowieso die Wahl zwischen mehreren Jobs. Gleichzeitig steigt die Zahl der Bewerbungsrunden und damit die Recruitingdauer“, sagt Szvetecz.
Unternehmen, die zu langsam entscheiden, haben das Nachsehen. Haben sich die favorisierten Kandidaten bereits für ein anderes Angebot entschieden, bleibt im schlimmsten Fall nur ein Neustart der Suche. Robert Szvetecz warnt: „Lange Bewerbungsprozesse gefährden nicht nur die Qualität der Neueinstellungen. Sie führen auch dazu, dass Projekte verschoben oder gestrichen werden müssen und womöglich die Qualität der Dienstleistung insgesamt leidet. Auf Dauer wird es auch schwieriger, passende Kandidaten zu finden.“
Robert Half hat 832 CFOs befragt: Weshalb glauben Sie, sind Bewerber aus dem Finanzbereich während des Einstellungsverfahrens ungeduldiger?
- Die Einstellung der Bewerber hat sich verändert 62 %
- Die Bewerber erhalten immer häufiger Gegenangebote ihres aktuellen Arbeitgebers 52 %
- Die Zahl der Bewerbungsrunden hat sich erhöht 49 %
- Die Bewerber können aus mehreren Jobangeboten wählen 46 %
Quelle: Robert Half, Arbeitsmarktstudie 2017, Befragte: CFOs in Kontinentaleuropa und UK, die feststellen, dass Bewerber ungeduldiger geworden sind; Mehrfachnennungen möglich
Um zu vermeiden, dass die besten Kandidaten aus Ungeduld abspringen, sollten Personalentscheider ihre Recruiting-Prozesse hinterfragen und Verbesserungen rasch umsetzen. Robert Szvetecz rät Personalverantwortlichen, die Bewerberauswahl, den Einstellungsprozess und die Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten anhand folgender Kriterien zu beurteilen:
1. Stellenprofil neu definieren
Bei der Stellenausschreibung sollten Sie von Beginn an hinterfragen, ob das Angebot an Bewerbern zu den Anforderungen in der Abteilung passt. Die Digitalisierung führt zu Veränderungen: Jobinhalte fallen weg oder Tätigkeiten verändern sich. Hierbei reicht es nicht, alte Ausschreibungen für neue Stellen wiederzuverwerten, sondern der Bedarf sollte individuell bestimmt werden.
2. Time-to-Hire verkürzen
Zudem ist es sinnvoll, die eigene Time-to-Hire zu messen: Wie lange dauert es von der initialen Stellenausschreibung bis zur Vertragsunterzeichnung der gewählten Kandidaten? Sind die Besetzungszeiträume zu lang, sollten Sie den Recruiting-Prozess verschlanken. Bewerber erwarten innerhalb weniger Wochen eine Entscheidung.
3. Bewerbungsprozess vereinfachen
Die One-Klick-Bewerbung, bei der Kandidaten sich direkt bewerben können, vereinfacht den Prozess für Bewerber an vielen Punkten. Auch bietet es sich bei einigen Jobs an, anstelle umfangreicher Bewerbungsunterlagen zunächst nur den Lebenslauf einzufordern.
4. Transparent mit Bewerbern kommunizieren
Bekommen Bewerber immer in einem angemessenen Zeitraum eine Reaktion auf ihr Anschreiben oder das Einstellungsgespräch? Zwischen dem Eingang der Bewerbung und der Einladung der Kandidaten sollte nicht mehr als eine Woche vergehen. Kommt es doch zu Verzögerungen, nehmen Bewerber diese eher in Kauf, wenn die Personalabteilung in engem und regelmäßigem Austausch mit ihnen steht.
5. Interviewprozess schlanker aufsetzen
Überprüfen Sie, ob die Anzahl der Gesprächsrunden reduziert werden kann. Ist der Zeitpunkt für die Auswahl gekommen, treffen Sie Ihre Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten schnellstmöglich.
Über die Arbeitsmarktstudie:
Die von Robert Half entwickelte Arbeitsmarktstudie wird jährlich in zwölf Ländern erhoben: Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland, Niederlande, Österreich, Schweiz, Vereinigte Arabische Emirate. Die Befragung wurde im Dezember 2017 vom internationalen, unabhängigen Meinungsforschungsinstitut Rigour Research unter 1.102 CFOs in Kontinentaleuropa und UK durchgeführt.
www.roberthalf.at