Eine Umfrage der Deutschen SAP Anwender Gruppe (DSAG) in Zusammenarbeit mit der PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH hat den aktuellen Stand der S/4HANA-Transformation in der Öffentlichen Verwaltung untersucht.
Knapp 5 Prozent der Befragten haben die Transformation bereits abgeschlossen, 93 Prozent befinden sich in der Durchführung, und 2 Prozent haben noch nicht begonnen. Von den 93 Prozent der Befragten, die sich gerade in der Durchführung befinden, sind 41 Prozent derzeit in der Vorbereitungsphase der Transformation. Hier zeigt sich, dass 10 Prozent in der S/4HANA-Vorstudie sind, 10 Prozent arbeiten in Vorprojekten, 8 Prozent prüfen eine technische Readiness, 6 Prozent beschäftigen sich mit Datenanalyse, während 5 Prozent überhaupt zunächst erste Vorüberlegungen anstellen und 2 Prozent den Business-Case ermitteln.
Ein Drittel der S/4HANA-Projekte ist in der Realisierungsphase
Von den 51 Prozent der Befragten, die angeben, dass sich ihr Projekt, in der Umsetzung befindet, sind 13 Prozent in der Realisierungsphase, 10 Prozent absolvieren den technischen S/4HANA-Readiness-Check. Rund 7 Prozent befinden sich in der Konzeptionsphase, und 5 Prozent arbeiten an Vorprojekten. Projekte im Go-live sind bei 5 Prozent der Befragten geplant, 4 Prozent archivieren derzeit, 4 Prozent sind in der Ausschreibungsphase, und 3 Prozent befinden sich in der Business-Impact-Analyse.
„Dass sich mehr als die Hälfte der Projekte bereits in der Realisierungsphase befindet, ist begrüßenswert. Das nahende Wartungsende im Hinterkopf muss man allerdings sagen, dass die restlichen 50 Prozent dringend handeln müssen“, kommentiert Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector, und ergänzt: „Eine Transformation benötigt insbesondere hinsichtlich des Changes der Beschäftigten viel Zeit. Außerdem sind die Systeme in der Verwaltung oft komplex und enthalten viele Kundenanpassungen, was den Weg zu S/4HANA ebenfalls verkompliziert.“
Wartungsende als zentraler Treiber für die S/4HANA-Transformation
Befragt nach dem Haupttreiber der Transformation nennen knapp 91 Prozent das Wartungsende der Mainstream Maintenance in 2027 bzw. das Ende der erweiterten Wartung in 2030 für die Altsysteme. Für 27 Prozent liegt der Grund in einem verbesserten User-Interface bzw. der Standardisierung. Die Prozessautomatisierung ist für 19 Prozent am wichtigsten, gefolgt von neuen Funktionalitäten bei 16 Prozent, der Performance-Optimierung bei 13 Prozent und einer Verbesserung der Berichtslage bei 9 Prozent. Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.
Aus DSAG-Sicht ist es wichtig, nicht nur auf S/4HANA zu wechseln, sondern vielmehr die Chance zu nutzen, die Prozesse zu erneuern und den Mehrwert einer Transformation zu nutzen. „Sie sollten nicht nur die Gelegenheit nutzen und die eigenen Prozesse überdenken und neu aufsetzen bzw. optimieren, sondern auch im Hinterkopf behalten, dass sie Technologien einführen, die Innovationen schneller fördern“, betont Haag.
Herausforderung für S/4HANA-Projekte
Die DSAG-Umfrage zeigt, dass viele S/4HANA-Projekte hinsichtlich Zeit, Budget und Qualität als kritisch bewertet werden. 19 Prozent der Befragten sehen den Zeitfaktor kritisch, 47 Prozent teilweise kritisch und 33 Prozent geben an, planmäßig unterwegs zu sein. „Knappe Zeitfenster und häufig begrenzte Budgets stellen die Öffentliche Verwaltung bei IT-Projekten immer wieder vor Herausforderungen. Das ist nicht nur bei der S/4HANA-Transformation so“, weiß Haag und ergänzt: „Ein starkes Projektmanagement und die Unterstützung durch die Behördenleitung sind Voraussetzungen, um Projekte erfolgreich in kurzer Zeit durchzuführen.“
Rolle der Cloud bei der S/4HANA-Transformation
Befragt nach der Rolle der Cloud in ihrer S/4HANA-Transformation geben 19 Prozent an, sich noch nicht festgelegt zu haben. Bei 35 Prozent spielt die Cloud keine Rolle, da die Migration ausschließlich On-Premises erfolgt. Bei weiteren 30 Prozent wird der Cloud eine untergeordnete Rolle zugedacht. Nur wenige Systeme sind in der Cloud, die meisten bleiben On-Premises. 13 Prozent sehen die Cloud in einer wichtigen Rolle und nutzen eine hybride Lösung, teilweise in der Cloud, teilweise On-Premises. Lediglich 2 Prozent migrieren vollständig in die Cloud.
„Die Skepsis gegenüber der Cloud in der Öffentlichen Verwaltung ist nachvollziehbar, wenn man die strengen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen bedenkt“, erklärt Haag. „Wir sehen, dass viele Organisationen vorerst auf On-Premises-Lösungen setzen, was die hohen Anforderungen an die Datensicherheit unterstreicht.“ Souveräne Cloud-Anbieter könnten hier Vertrauen schaffen, indem sie die Einhaltung europäischer Datenschutzrichtlinien (DSGVO) und Sicherheitsstandards garantieren und damit die Hürden für die Cloud-Nutzung in der Öffentlichen Verwaltung senken. „SAP hat das erkannt und will in den kommenden Jahren zwei Milliarden Euro in souveräne Angebote investieren. Es ist davon auszugehen, dass die Optionen am Markt zunehmen werden“, ist sich Haag sicher.
Datenschutz bleibt ein vorrangiges Hindernis für Cloud-Lösungen
Als Hindernis, auf Cloud-Lösungen zu setzen, geben 22 Prozent den Datenschutz an. 20 Prozent funktionale Aspekte wie nicht verfügbare Lösungen, 14 Prozent vertragliche und rechtliche Aspekte und 14 Prozent die Datensicherheit. Für 7 Prozent waren wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend, 5 Prozent geben an, Investitionen haushaltstechnisch einfacher darstellen zu können als laufende Subskriptionen. 4 Prozent kennen die Cloud-Lösungen von SAP nicht und 2 Prozent setzen ohne Vorbehalte auf die Cloud. 11 Prozent nennen Sonstiges als Begründung, wie z. B. interne politische Gründe.
„Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass Datenschutzbedenken ein dominierendes Thema für die Nutzung von Cloud-Lösungen in der Öffentlichen Verwaltung bleiben“, betont Haag. „Um Vertrauen in Cloud-Lösungen zu stärken, ist es wichtig, dass die Anbieter die hohen Standards erfüllen und entsprechende Sicherheiten garantieren.“ Cloud-Anbieter wie STACKIT oder DELOS positionieren sich in diesem Rahmen. Die DSAG hatte sich zur STACKIT-Ankündigung im Rahmen des DSAG-Jahreskongress 2024 bereits geäußert.
Brownfield-Ansatz ist die dominierende Migrationsstrategie bei S/4HANA
44 Prozent der befragten Organisationen setzen bei ihrer S/4HANA-Migration auf den Brownfield-Ansatz, 39 Prozent bevorzugen den Bluefield-Ansatz, und 16 Prozent führen eine komplette Neuimplementierung durch. „Die Nutzung des Brownfield-Ansatzes zeigt, dass viele Organisationen die Umstellung auf S/4HANA risikoarm und kostenbewusst gestalten möchten“, so Haag. Die DSAG betont, dass eine klare Strategie und professionelles Projektmanagement entscheidend für den Erfolg der S/4HANA-Transformation sind.
Die Unterstützung durch die Führungsebene bei den befragten Unternehmen sieht folgendermaßen aus. Knapp 61 Prozent stellen das Budget zur Verfügung, 39 Prozent priorisieren das Projekt, 29 Prozent setzen auf motivierende Ansprachen, 25 Prozent erklären das „Warum“ und 19 Prozent unterstützen gar nicht. 10 Prozent setzen ein gutes Beispiel. Sonstige Aktivitäten führten 3 Prozent an. Dazu gehört z. B., dass die Führung langsam die Relevanz der Migration erkennt, oder noch nicht so weit ist. Bei der Frage gab es die Möglichkeit von Mehrfachnennungen.
Professionelles Projektmanagement ist wichtig
Gefragt nach den fünf kritischsten Erfolgsfaktoren ihrer S/4HANA-Transformation liegen bei 58 Prozent ausreichende Projektressourcen und ihre interne Qualifikation an erster Stelle. 57 Prozent geben ein professionelles Projektmanagement als relevant an. 49 Prozent sehen eine klar formulierte und kommunizierte Zielsetzung an dritter Position, 33 Prozent das Veränderungsmanagement, 23 Prozent die Projekt-Governance und Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich.
Fazit: Die S/4HANA-Transformation im Öffentlichen Sektor nimmt Fahrt auf. Der wichtigste Treiber für die Projekte ist das Wartungsende 2027 bzw. 2030. Und der größte Gegenspieler ist die Zeit, gefolgt vom Budget. Einen schweren Stand hat die Cloud, sie spielt bei rund einem Drittel der Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Datenschutz und fehlende Funktionalitäten insbesondere bezogen auf Bedarfe der Branchen sind die zentralen Hemmnisse. Und wenn migriert wird, dann bei annähernd der Hälfte der Befragten mit dem Brownfield-Ansatz.
(cm/DSAG)