Für den Handel mit gebrauchter Software gelten im Europäischen Wirtschaftsraum klare rechtliche Vorgaben. Im Herbst 2017 ist second-hand Software auf den deutschen Markt gekommen, deren Ursprung nach Kanada führt.
Einem Bericht des ITK-Fachmagazins CRN zufolge liegt für diese Lizenzen keine Zustimmung von Microsoft zur Weiterveräußerung in der EU vor. Dennoch wurde die Software in Umlauf gebracht. Wie ist damit umzugehen? Bei dem vom CRN-Magazin aufgedeckten Fall soll es sich um 30.000 Microsoft Office Pro Plus Lizenzen handeln, die ursprünglich in Kanada und Australien zum Einsatz kamen. Über die kanadische Software ist bekannt, dass sie an eine Niederlassung desselben Unternehmens in UK übertragen wurde – ob zur Nutzung oder Weiterveräußerung ist unklar.
Auch Björn Orth, Gründer und Geschäftsführer des Gebrauchtsoftware-Händlers Vendosoft, wurden 6000 Kopien aus diesem Paket angeboten. Zu einem Preis so deutlich unter Marktwert, dass der Spezialist für gebrauchte Microsoft- und Adobe-Lizenzen hellhörig wurde. Er holte alle verfügbaren Auskünfte ein und hinterfragte Lieferkette und sonstige Übertragungsdokumente genauestens. Und wurde fündig.
Rechtliche Vorgaben nicht erfüllt
Als EuGH und Bundesgerichtshof mit ihren Urteilen 2012 und 2013 den Handel mit gebrauchter Software legitimierten, gaben sie klare Richtlinien vor. Eine davon lautet, dass Kauflizenzen ursprünglich innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums vom Hersteller veräußert worden sein müssen. Ist dies erfolgt, ist deren Weiterveräußerung innerhalb der EU rechtens. Ein Nacherwerber kann sich dann auf den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz berufen. Dieser besagt, dass das Verbreitungsrecht des Herstellers an seinem Werk erschöpft ist. Diesen Grundsatz erfüllen die kanadischen Lizenzen voraussichtlich nicht. „Würde Microsoft die Käufer dieser Software in Deutschland oder Europa der Urheberrechtsverletzung bezichtigen, käme das europäische Recht zum Tragen“, weiß Björn Orth. Aufgrund der kanadischen Herkunft würde dem Kunden eine Berufung auf den Erschöpfungsgrundsatz vermutlich verwehrt sein.
Öffentliche Warnung
Das Unternehmen lehnte den Kauf der 6000 Office Pro Plus Software ab: „Das Risiko, unsere Kunden mit unrechtmäßiger Gebrauchtsoftware zu beliefern, können wir nicht eingehen!“, begründet Geschäftsführer Orth seine Entscheidung.
Eine am 20. November 2017 von Vendosoft veröffentlichte Pressemitteilung sollte potenzielle Käufer und andere Marktteilnehmer über den Fall informieren – und brachte das ganze Ausmaß zutage. „Unsere Pressemeldung spielte einer Recherche des CRN-Magazins zu diesem Thema in die Hände“, erzählt Orth. Dessen leitender Redakteur hatte in Erfahrung gebracht, dass neben der kanadischen auch australische Software aufgetaucht war. Insgesamt muss von einer Stückzahl von etwa 30.000 Microsoft Office Pro Plus Lizenzen ausgegangen werden.
In ihrer Ausgabe vom 14. Dezember 2017 (CRN | Nr. 50 | 13.12.2017) zitiert die CRN Thomas Mickeleit, Mitglied der Geschäftsleitung und Director of Communications bei Microsoft Deutschland mit den Worten „Das Computerprogramm muss ursprünglich mit Zustimmung des Rechteinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des EWR im Wege der Veräußerung in Umlauf gebracht worden sein.“ Nach Aussage des Magazins hat Microsoft eine Zustimmung für die fraglichen Lizenzen jedoch abgelehnt. Auch aufgrund dieser Diskrepanz hatte Vendosoft von dem Ankauf Abstand genommen.
Wie sich herausstellte, agierten jedoch nicht alle Reseller nach diesem Vorsatz: Die CRN will ermittelt haben, dass ein Gebrauchtsoftware-Händler aus Süddeutschland die umstrittenen Lizenzen aufgekauft hat.
Was können Käufer tun?
Björn Orth empfiehlt auf seriöse Gebrauchtsoftware- Händler zu setzen. Das Unternehmen liefert seinen Kunden bei jedem Kauf gebrauchter Softwarelizenzen die folgenden Sicherheiten: Lieferschein, Rechnung, Deinstallationsbestätigung, Nachweis des rechtmäßigen Erwerbs und der Korrektheit der Lieferkette. Darüber hinaus bietet der Reseller eine Freistellungserklärung und kostenfreien Beistand durch seine Rechtsberater, sollte es im Hersteller-Audit zu Problemen kommen. Denn darum geht es den Käufern von Gebraucht- Software in erster Linie: rechtssicher lizenziert zu sein. Das sichert für den Anbieter eine Wirtschaftsprüfungskanzlei ab.
Mehr zur Sofort-Hilfe im Audit unter www.vendosoft.de/audit-notfall-hotline
Hintergrundinformationen zu den kanadischen Lizenzen.